Auf Nummer sicher
Die Wahl von Carl Philip von Maldeghem zum neuen Intendanten des Schauspiels in Köln hat Theaterkritiker Stefan Keim überrascht. Für innovatives Theater sei von Maldeghem nicht bekannt, er habe aber einen besonders guten Draht zum Publikum.
Carl Philip von Maldeghem wird ab 2021 der Intendant des Kölner Schauspiels. Die Wahl Maldeghems könne auch mit dem Skandal um den immer noch nicht fertiggestellten Neubau des Theaters in Köln zu tun haben, vermutet Theaterkritiker Stefan Keim im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Bei der Neubesetzung des Intendanten als Nachfolger von Stefan Bachmann wollte die Stadt offensichtlich kein Risiko eingehen.
"Diese ganze Baustelle ist ein Skandal, immer noch. Und es werden so viele Millionen dort hineingesteckt, dass man da eben sagt: 'Wir wollen auf keinen Fall irgendein Wagnis eingehen. Das darf nicht sein, dass dann die Leute nicht kommen, weil wir dann einen Künstler haben, der vielleicht in Köln nicht ankommt.'"
Intendant mit großem Zuspruch vom Publikum
Sowohl das Landestheaters in Salzburg, das von Maldeghem aktuell leitet, als auch seine vorherige Wirkungsstätte, das Alte Schauspielhaus in Stuttgart, hätten zwar keine überregionale Strahlkraft, dafür aber einen besonders guten Zuspruch vom Publikum. Aber gerade daran entzünde sich Unmut, so Keim:
"Viele Künstlerinnen und Künstler kritisieren in den sozialen Netzwerken, dass es nicht wirklich eine künstlerisch spannende Entscheidung ist. Sondern es wirkt sehr, wie ein verzagtes, ängstliches 'Mit dem mache wir nichts falsch, da gehen wir auf Nummer sicher.'"
Carl Philip von Maldeghem sei ein sehr gewinnender Mensch und ein sympathischer Kommunikator, den das Theater brauche. Und sicherlich jemand, der mit sehr unterschiedlichen Leuten arbeiten könne. Allerdings habe Keim von Maldeghems Vorstellung auf der Kölner Pressekonferenz enttäuscht, denn viel zu unkonkret sei dessen Ausblick darauf gewesen, was er zukünftig in Köln machen wolle.
Eine Entscheidung der Angst im kleinen Kreis
Die Entscheidung für von Maldeghem sei keine Entscheidung in Richtung eines innovativen Theaters. Aber möglicherweise seien die professionellen Kritiker, wie Keim, auch "betriebsblind" und hielten eine Form des Theaters für zeitgemäß und modern, das ein großer Teil des Publikums einfach gar nicht wolle.
Skandalös sei im Grunde, dass es keine Diskussion über die künftige Ausrichtung des Kölner Schauspiels gegeben habe und die Entscheidung für einen neuen Intendanten von wenigen Verantwortlichen in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz als besonderer Coup inszeniert wurde:
"Niemand wusste, dass da was kommt. Da sollte keine Diskussion zustande kommen. Da hat ein ganz kleiner Club, ganz schnell geheim gearbeitet und haut jetzt etwas raus, eine Entscheidung, ohne auch nur ansatzweise mal eine Diskussion zu führen 'Was brauchen wir eigentlich für das Kölner Schauspiel.' Das finde ich den eigentlichen Skandal dahinter. Und das kommt auch wieder zu meiner Grundthese: Das ist eine Entscheidung der Angst."