Paul Ryan soll den Neuanfang einleiten

Der Republikaner Paul Ryan ist zum neuen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses gewählt worden. Auf ihn wartet eine schwierige Aufgabe: Er muss die zerstrittene republikanische Fraktion einen. Die Hardliner verweigern jeden Kompromiss - daran war schon sein Vorgänger gescheitert.
Er bekam fast alle Stimmen seiner Fraktion, nur neun republikanische Hardliner stimmten nicht für ihn. Paul Ryan ist damit der 62. Sprecher des Repräsentantenhauses. Protokollarisch ist dies nach Präsident und Vizepräsident der dritthöchste Regierungsjob, politisch hat Paul Ryan den zweitwichtigsten Job, direkt nach dem Präsidenten. Er entscheidet in hohem Maße über Gesetzgebung und politische Prioritäten der unteren Kammer des mächtigsten Parlamentes der Welt.
"Mr. Speaker, the Speaker-elect!"
Ihn beneidet niemand
Mit 45 Jahren ist der Fitness-Fanatiker aus einem ländlichen Wahlkreis in Wisconsin der jüngste Sprecher des Repräsentantenhauses seit 150 Jahren. Um die Aufgabe, die vor ihm liegt, beneidet ihn niemand. Er muss die zerstrittene und tief gespaltene republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus zusammen halten. Ryan weiß um die Fährnisse seines Amtes.
"Lassen sie uns ehrlich sein: Das Repräsentantenhaus ist defekt. Wir lösen keine Probleme, wir sind Teil des Problems. Aber ich will jetzt keine Schuldzuweisung betreiben. Ich will einen Neuanfang."
Doch den wird es nur mit einer anderen Fraktion geben können, eventuell nach den nächsten Wahlen. Zunächst bleibt Paul Ryan das Problem erhalten. Eine Gruppe von cirka 40 Tea-Party-Abgeordneten, die sich hartnäckig jedem Kompromiss verweigert, Entscheidungen im Repräsentantenhaus verhindert und damit die Regierungsfähigkeit und die Außendarstellung der Republikaner untergräbt.
Guerillakrieg in der republikanischen Fraktion
Ryans Vorgänger John Boehner hatte sich den Unmut der Hardliner zugezogen, weil er an mehreren politischen Wegbiegungen einen Kompromiss mit moderaten Demokraten gesucht hatte. So beim Haushalt, aber auch beim gescheiterten Versuch eines Einwanderungsgesetzes. Der Tea-Party-Flügel hatte Boehner mehr oder weniger zum Rücktritt gezwungen. Dieser schien froh, dem andauernden politischen Guerillakrieg in der republikanischen Fraktion den Rücken kehren zu können.
"Ich gehe ohne Reue, ohne Last. Wenn überhaupt, dann gehe ich so, wie ich gekommen bin, als ein normaler Mann mit großer Demut vor dem wichtigen Job, den er machen durfte."
Paul Ryan weiß, wie wichtig der Job des Sprechers des Repräsentantenhauses ist. Er ist kampferprobt und war 2012 der Kandidat der Republikaner für die Vizepräsidentschaft. Ryan gilt als dogmatischer Konservativer, aber mit der Fähigkeit, Kompromisse zu schließen.
Wie lange dauert der Burgfriede?
Doch niemand glaubt, dass der Burgfriede in den Reihen der Republikaner von langer Dauer sein wird. Die Abstimmung über den Haushaltsentwurf am vergangenen Mittwoch unterstrich die Herausforderungen für Ryan bei der Führung seiner Fraktion. Denn die Republikaner sprachen sich großer Mehrheit gegen den Entwurf aus, er kam nur durch, weil die Demokraten ihn einstimmig unterstützten.
Diesen Kompromiss hatte noch Ryans Vorgänger Boehner ausgehandelt. Er wollte verhindern, dass Ryan direkt mit einem Streit über Budget und Schuldenobergrenze und einem eventuellen Zahlungsausfall der Vereinigten Staaten in seine Amtszeit starten musste. Doch die Episode zeigt, wie schwer es für Ryan werden wird, zwischen gemäßigten Republikanern und den Extremisten in seiner Fraktion Brücken zu bauen.