Fernseh-Serien als Vorbild für Romanautoren
"Mega-Novel" heißt der neue Trend in der Literaturszene. Er führt zurück zu den Wurzeln - zum klassischen Stil der komplexen, dickleibigen Romane des 19. Jahrhunderts. Inspiration bietet heutigen Autoren aber eher die Erzählweise von Fernsehserien als Charles Dickens.
600, 800, gar 1000 Seiten: Der Stoff, der derzeit international auf den Buchmarkt kommt, ist lang und breit. Vor allem in Großbritannien und den USA geht der Trend zur "mega novel": Umfangreich und komplex erzählte Romane, die, ähnlich wie die Romane des 19. Jahrhunderts von Charles Dickens, eine ganze Welt entwerfen wollen.
Und anders als noch vor Jahrzehnten, als sich das Fernsehen von Romanen inspirieren ließ, scheint es nun nach Beobachtung des Journalisten Fabian Wolff genau umgekehrt zu sein: Die Autoren lassen sich von epischen Fernsehserien wie "The Wire" oder "House of Cards" beeinflussen:
"Die Befruchtung geht da ein bisschen rückwärts. Leute haben 'The Wire' gesehen, fanden das toll, wie da ein großes Großstadtpanorama, ein USA-Panorama aufgemacht wird. Und trauen sich jetzt auch vielleicht, das in Romane zu packen."
Noch keine Mega-Novels in Deutschland
Dazu zählen "City on Fire" von Garth Risk Hallberg, "A Little Life" von Hanya Yanagihara, "Book of Numbers" von Joshua Cohen. Diese Bücher erschienen nicht nur mit großem Marketing-Auwand und sehr guten Besprechungen, sondern sie werden auch gelesen.
Diese Romane, sagt Fabian Wolff, fänden zu einem fast klassischen Tonfall, wie man ihn in den großen Werken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts findet. Bei deutschen Autoren lasse sich dieser Trend zur Opulenz– trotz einiger umfangreicher Werke, etwa von Clemens J. Seitz, in der letzten Zeit – noch nicht beobachten.