Neuer US-Kongress

Große Projekte, teure Blockade

Nancy Pelosi steht bei einer Rede am 6.11.2018 vor einem Mikrofon, hinter ihr zwei US-Flaggen.
Fraktionsvorsitzende der Demokraten im US-Repräsentantenhaus: Nancy Pelosi ist die große Gewinnerin der Midterms. © picture alliance / newscom Mike Theiler
Von Kimberly Giang, Hope Harrison, Kerstin Zilm, Andre Zantow |
Die Demokraten haben die Mehrheit im US-Abgeordnetenhaus erobert. Wie nutzen sie diese Macht? Zu tun gäbe es einiges im Kongress: Erneuerung der maroden Infrastruktur, günstigeres Gesundheitssystem, Reform der Waffengesetze, Verschuldung stoppen.
Die Infrastruktur in den USA ist marode. Was jeder sehen kann, hat die US-Gesellschaft für Bauingenieure in einer Studie 2017 bestätigt. Sie hat den Gesamtzustand von Straßen, Brücken, Tunneln, Flughäfen, Bahnschienen, Trinkwasser-, Strom- und Internet-Versorgung in den USA mit einer D minus bewertet. In deutschen Schulen wäre das eine gute fünf. Also durchgefallen. Donald Trump hatte als Präsidentschaftskandidat 2016 versprochen, das schnell mit Milliarden zu ändern.
Flugpassagiere warten am 17.12.2017 in Atlanta (USA) im Flughafengebäude des Hartfield-Jackson Flughafens auf ihre Abfertigung.
Im Dezember 2017 legte ein totaler Stromausfall den verkehrsreichsten Airport der Welt in Atlanta lahm. Ein Beispiel für die marode Infrastruktur in den USA.© picture alliance/dpa - Branden Camp
Doch bei den ersten Gesprächen zwischen Trump und Demokraten 2017 wurden schnell unvereinbare Ansätze klar. Der Präsident wollte die Projekte mit einer Kombination aus Bundesmitteln, Geld von den Bundesstaaten und privaten Investitionen finanzieren. Unternehmer sollten unter anderem mit verschlankten Regulierungen und Steuererleichterungen angelockt werden. Die Demokraten wollten davon nichts wissen. Nancy Pelosi, Abgeordnete aus San Francisco und Sprecherin der Demokraten im US-Kongress zeigte sich von den Gesprächen enttäuscht.
"Er will Bundesstaaten und Städte zusätzlich belasten. Die bekommen durch die Steuersenkungen, die er anstrebt gleichzeitig weniger Einnahmen. Gleichzeitig will er Privatunternehmen subventionieren. Wenn die anschließend zum Beispiel Straßenbenutzungsgebühren verlangen, zahlen Steuerzahler doppelt."

Bisher keine Einigung über Infrastruktur-Programm

Es gab keine Einigung. Im Februar dieses Jahres gab es den letzten Versuch überparteilich ein Infrastruktur-Programm zu entwickeln. Wieder keine Einigung. Wenige Tage später legte der Präsident trotzdem einen eigenen Plan vor: Aus 250 Milliarden Dollar vom Bund sollten mithilfe von Geld aus den Bundesstaaten und von privaten Investoren 1,5 Billionen Dollar für die Sanierung der maroden amerikanischen Infrastruktur werden. Auch dieser Plan fand weder Resonanz auf lokaler Ebene noch bei der Wirtschaft.
Die Demokraten konterten mit einem eigenen Plan: mehr Geld aus dem Bundeshaushalt, keine Subventionen für Unternehmer. Senator Chuck Schumer:
"Nur mit echter, direkter Investition aus Bundesmitteln werden wir die notwenigen Veränderungen erreichen. Nur so werden wir auch die ländlichen Gebiete transformieren. Kein Privatunternehmer wird dort bauen. Es gibt nicht genug Kunden, um Kosten zu decken, nicht genug Straßenverkehr, um Gebühren zu bezahlen."
Das war im Februar. Seither hat sich nichts bewegt.

Zwei Jahre Total-Blockade im Kongress

Hope Harrison ist Professorin für Geschichte und Internationale Angelegenheiten an der George Washington University. Sie lebt in Virginia, wo Kandidaten der Demokraten gewonnen haben - und so zu den geänderten Mehrheiten im Kongress beigetragen haben. Sie sieht eine totale Blockade in den nächsten Jahren auf die USA zu kommen. Es existiere so viel Hass und Abneigung der anderen Seite gegenüber, dass es kaum Spielraum für Kompromisse gebe, um etwas Positives für die Menschen im Land zu bewirken. Dabei müsse zum Beispiel in der Gesundheitsvorsorge etwas passieren, auch die steigenden Staatsschulden sieht Hope Harrison sehr kritisch. Froh ist die Historikerin über die Rekordzahl an weiblichen Abgeordneten künftig in Washington und die höhere Wahlbeteiligung der Jüngeren.

Erstwähler fordern strengere Waffengesetze

Kimberly Giang ist gerade 18 geworden, sie studiert in San Diego an der Universität von Kalifornien und hat nun erstmals gewählt. Sie unterstützt die dortigen Kandidaten der Demokraten und hat viele Erstwähler mobilisiert. Ausgangspunkt waren die Ereignisse im März: Da organisierte sie mit Freunden Demonstrationen der Parkland-Bewegung. Schüler und Studenten aus den ganzen USA haben sich dort nach den 17 Toten durch eine Schießerei an der Parkland-Schule in Florida zusammen getan, um strengere Waffengesetze zu fordern.
Schülerproteste in Seattle: hunderte Schüler stehen vor einem Absperrgitter und demonstrieren gegen Waffengewalt in den USA. 
Schülerproteste im Frühjahr 2018 in Seattle gegen Waffengewalt.© Genna Martin/seattlepi.com via AP/dpa
Und sie riefen dazu auf, die Politiker aus ihren Ämtern zu wählen, die von der NRA, der nationalen Waffenlobby-Organisation, unterstützt werden. Das sind vor allem Republikaner. Kimberly Giang hofft, dass dieses Jahr ein Wendepunkt war, damit die täglichen Toten durch Schießereien in den USA ein Ende haben.
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