Exot im bürgerlichen Viertel
Der Jazz boomt in Berlin - doch eher nicht im beschaulichen Südwesten. Genau dort hat vor Kurzem der Zig Zag Club eröffnet: Nationaler Nachwuchs und gestandene internationale Musiker wechseln sich ab. Die Nachbarn rufen nur manchmal an.
Nein, eine besonders hippe Hauptstadt-Gegend ist das hier nicht: An einer Durchgangstraße im gut bürgerlichen Friedenau findet man den Club, ein Ladenlokal mit großen Schaufensterscheiben – und einem gezackten Neon-Schriftzug wie aus den 80ern: Zig Zag Club.
Drinnen ist es umso gemütlicher mit gediegener Beleuchtung und schönen alten Velours-Sofas – die schon gut gefüllt sind an diesem besonderen Abend. Der Club hat zum ersten Mal ein sechstägiges Festival organisiert mit internationalen Musikern.
Das internationale Quartett um den bulgarischen Saxophonisten Vladimir Karparov wurde vor zehn Jahren an der Hanns-Eisler-Musikhochschule in Berlin gegründet. Vor allem der Schlagzeuger fällt auf mit seinem feinfühlig-federnden und exakten Spiel.
Dunkle Locken, muskulöser Körper - ein lockerer und weltoffener Typ ist dieser trommelnde Clubbetreiber. Dimitris Christides wurde vor 35 Jahren mit griechischen Wurzeln im Sudan geboren, war viel in der Welt unterwegs, bevor er 2002 in die Berliner Jazzszene kam.
"Es gibt wirklich im Moment einen Boom für Jazz in Berlin. Es gibt viele junge, sehr gute Musiker. Das ist ein Grund, warum wir das hier gemacht haben. Und wir planen auch einen Tag, wo junge Musiker spielen und wir können Leute aus dem Jazz-Institut in Berlin, das ist die Hochschule für Jazz, einladen, dass man halt die jungen Leute auch unterstützt."
In Friedenau gibt es sonst keine solchen Orte für Live-Musik
Bekanntes Repertoire ist eher die Ausnahme im Zig Zag Club. Viele junge Jazz-Musiker bekommen eine Chance, aber auch Künstler mit eigenen Werken in Richtung Soul und Weltmusik. Und neben dem künstlerischen Leiter Christides und seiner Frau arbeitet noch ein dritter ehrenamtlich beim Organisieren mit: Willi Hunz.
"Man muss erst mal ne ganze Menge investieren. Das sind einerseits die Instrumente und dann natürlich die Bar und die ganze Ausstattung des Raumes. Dann haben wir noch sehr viel für den Schallschutz getan. Und das sind Investitionen, die wir im Laufe der nächsten Jahre erst mal wieder reinholen müssen. Jetzt haben wir erst mal den Spaß, das haben wir schon mal erreicht. Und wir haben beide noch unsere Jobs, womit wir Geld verdienen. Und das hier ist einfach unsere Leidenschaft."
Immerhin fünf bezahlte Mitarbeiter gibt es hier seit neun Monaten. Wie sicher deren Job ist, hängt nicht nur vom Erfolg des Clubs ab, sondern auch vom Umfeld. In diesem südwestlichen Teil von Berlin gibt es sonst nicht solche Orte für Live-Musik:
"Dann gibt's natürlich Leute – klar, wenn die morgens früh zur Arbeit gehen müssen und hören – je nach Befindlichkeit – hier um elf noch Töne aus der Bar kommen; dann gibt's schon mal 'nen Anruf und dann kommen wir dem aber nach. Also: Wir haben ein ganz gutes Einvernehmen mit den Nachbarn. Und wenn man hier so in die Läden geht ringsrum, also ich bin hier jeden Morgen beim Bäcker, dann hört man immer: Boah, Zig Zag Jazz Club, toll, dass es sowas hier gibt!"
Bislang ohne öffentliche Förderung
Dimitris Christides: "Viele Freunde aus der Musikszene hier, die kommen und treten auf - und ja, die spielen hier gerne. Weil, es gibt eine sehr schöne Akustik, eine sehr schöne Atmosphäre, es gibt ein aufmerksames Publikum und (lacht) Musiker wollen nicht viel, 'ne? Also wenn man das alles zusammen hat - deshalb kriegen wir wirklich sehr gute Bands und Künstler, die hier spielen!"
Nationaler Nachwuchs und gestandene internationale Musiker wechseln sich ab im Zig Zag Club. Die Sängerin Lisa Bassenge war gerade da, der Gitarrist Kurt Rosenwinkel und eben auch der bereits erwähnte Saxofonist Vladimir Karparov.
"Die anderen Jazzclubs, also ich hab' überall in Berlin gespielt, die sind für Musiker nicht so freundlich. Hier ist es für einen Musiker super, die Konditionen, die Kommunikation überhaupt ist ganz anders als in anderen Clubs. Ich wünsche mir sehr, dass dieser Laden weiter funktioniert. Ich bin sehr gerne hier, das ist mein Lieblingsclub in Berlin."
Wie lange das so bleiben kann, steht in den Sternen. Der Zig Zag Jazz Club stellt sein engagiertes Programm bisher ohne öffentliche Förderung auf die Beine. Nur gut, dass die einem starken Drummer gehören.
"Das muss man schauen, wie lange… (lacht) Also man braucht viel Nerven und Geduld, um so einen Club zu leiten und weiter zu machen. Also mal gucken, im Moment haben wir noch sehr viel Energie und Spaß dabei. Ich weiß nicht, wie das aussieht in fünf oder zehn Jahren."