Moses und Jesus in einem
Zahlreiche Auszeichnungen, ein wagemutiger Auftritt bei den Grammys, Konzerte im Weißen Haus, jubelnde Besprechungen in den Feuilletons - mit seinem letzten Album "To Pimp A Butterfly" hat der US-Rapper Kendrick Lamar weltweit für Aufsehen gesorgt. Jetzt hat der 29-jährige Rapper aus Los Angeles sein neues Album "Damn" veröffentlicht. Fabian Wolff hat sich das Album angehört.
Im Vergleich zum Vorgänger deckt das Album eine etwas schmalere Bandbreite ab, sagte der Feuilletonist im Deutschlandradio Kultur. Dieses war noch als "Selbstverortung der Community in Compton" konzipiert, dem in Hiphop-Kreisen legendären Viertel in Los Angeles, aus dem zahlreiche Rap-Größen stammen. "Damn" stellt demgegenüber eine Introspektion dar, erklärt Wolff. Wesentlich dafür ist auch Lamars christlicher Glaube: In dem nicht zufällig am Karfreitag veröffentlichten Album stilisiert sich der Rapper zu Jesus und Moses, daneben geht es um die großen Menschheitsfragen – Liebe, Lust, Leben, Tod, Sünde, Glaube, Hoffnung, Erlösung. "Das spielt Lamar alles durch und versucht, dies in sich zu vereinen", sagt Wolff.
Musikalische Reduktion
Auch musikalisch zeigt sich der Künstler konzentrierter. Die Einflüsse von Free Jazz und Funk, die "To Pimp A Butterfly" durchzogen, finden sich hier kaum, erklärt Wolff: "Die Musik ist betont reduziert, dafür entfaltet sie in der Wirkung große Wucht." Auch machen sich Einflüsse moderner Rap-Strömungen bemerkbar – etwa aus dem "Trap", einem in Atlanta gespielten Hiphop-Stil. Kommerziellen Erwägungen folge dies aber genaus wenig wie Lamars Entschluss, Rihanna und Bono von U2 als Gäste ins Studio einzuladen.
"Normalerweise ist das so bei Rappern, dass Featuregäste eine kommerzielle Überlegung sind. Die werden genommen, weil man mit einem Plattenlabel einen bestimmten Deal hat oder weil man sein eigenes Label pushen möchte. Kendrick Lamar ist so ein Künstler nicht. Wenn er einen Künstler einlädt, dann will er ihm einen gewissen Raum lassen. Er soll etwas zum Song beitragen und am besten soll der Song mit ihm entstehen. Wenn er mit Rihanna einen Song aufnimmt, dann ist das tatsächlich ein Duett, bei dem sich beide schön ergänzen."
Lamar ist der Beste
Was ist nun aber von dem Album zu halten? Fabian Wolff wägt ab: Nach wenigen Stunden lässt sich das noch nicht final einschätzen. Wohl aber glaubt er, dass "Lamar der Beste ist, der das gerade macht. Als jemand, der auf so vielen Ebenen aktiv ist, stilistisch, technisch, als Autor, als Musiker, als jemand, der Klänge hört und umsetzt. Das macht ihm niemand nach. Ob das jetzt das große Meisterwerk ist oder das noch und noch noch größere, das wird sich dann in den nächsten Wochen zeigen. Zumal es ja auch heißt, dass eventuell am Ostersonntag dann auch noch die Fortsetzung kommt, die dann ‚Nation‘ heißt."