Neues Buch über Sophie Scholl

Die Kraft zum Widerstand

12:35 Minuten
Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst. Aufnahme bei der Militärsammelstelle ihrer Münchner Studentenkompanie am Ostbahnhof München zur Abkommandierung an die Ostfront. Im Anschnitt Willi Graf.
Im Widerstand gegen Hitler: die Weiße Rose-Mitglieder Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst. © AKG Images / George (Jürgen) Wittenstein
Simone Frieling im Gespräch mit Frank Meyer |
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In "Aufstand des Gewissens" geht Simone Frieling der Frage nach, woher die Kraft kam, die Sophie Scholl zur Widerstandskämpferin werden ließ. Vor allem das Elternhaus hat sie sehr geprägt, aber auch die Literatur und ihre Liebe zur Natur.
Die Autorin und Malerin Simone Frieling hat ein neues Buch über Sophie Scholl geschrieben. In "Sophie Scholl - Aufstand des Gewissens" legt sie den Schwerpunkt auf die Frage, wie ein junger Mensch Widerständigkeit erlangt.
Dazu habe sie in den vielen anderen Büchern über die Widerstandskämpferin, die am 22. Februar 1943 im Alter von nur 21 Jahren hingerichtet wurde, nichts explizit gelesen, sagt Frieling. Sophie Scholl habe durch das Elternhaus, die Literatur und in der Natur die Kraft zum Widerstand in der Weißen Rose gefunden, vermutet sie.
"Wie bei anderen großen Frauen, wie Rosa Luxemburg und Hannah Ahrendt, spielt das Elternhaus eine ganz große Rolle: Dass es um geliebte und geachtete Töchter geht, die einen lebenslangen Rückhalt durch diese Liebe und Achtung haben und die deswegen eben bestimmte Kräfte haben, die andere vielleicht so nicht haben", sagt Frieling.

Rückhalt in der Familie

Dabei habe es in der Familie auch Streit um die Politik gegeben, betont Frieling: Sowohl Hans Scholl, Sophies Bruder und später mit ihr in der Weißen Rose, als auch Sophie und die ältere Schwester Inge hätten sich anfangs vom Nationalsozialismus begeistern lassen. "Das war für die Eltern, die mit dem Nationalsozialismus nichts im Sinn hatten, ganz schwer." In der Familie habe es immer wieder Streitgespräche gegeben, die Sophie Scholl aber nur mitangehört habe.
Die Literatur habe Sophie Scholl dann letztlich vom Nationalsozialismus weggeführt. "Sie hat sehr viel gelesen und hat das gelesen, was zur verbrannten Literatur gehörte – die Russen, das waren aber die ausgemachten Feinde, die man bekämpfen musste, und dann hat sie Franzosen gelesen", berichtet Frieling: Dostojewski, Gogol und Tolstoi, Baudelaire und Verlain.
"In einer Hitler-Jugend-Gruppe hat sie als Lektüre Heine vorgeschlagen – da hat man sie entsetzt angeguckt. Als das abgelehnt wurde, hat sie nur gesagt: 'Wer Heine nicht gelesen hat, kennt die deutsche Literatur nicht.' Diese Stimme – der Literatur – hat sie resistent gemacht gegen die ganzen Ideologien der Nazis."

Individualismus im Freiraum der Natur

Ein weiterer Faktor sei gewesen, dass Sophie Scholl eine starke Bindung an die Natur gehabt habe. "Sie ging als Individualistin in die Natur", sagt die Autorin. Diktaturen unterdrückten hingegen Individualität.
"In diesem Freiraum der Natur, wo sie nicht von außen bestimmt war, hat Sopie Scholl eigene Gefühle und eigene Gedanken entwickelt und ist zu dem gekommen, was Hannah Ahrend so betont: dieser Dialog zwischen mir und mir selbst."
Das habe zu einer "Selbsterziehung durch Selbstbefragung" geführt, so Frieling: "Sie hat sich immer wieder geprüft: Ist das richtig, was ich tue? Das hat sie in religiöser Hinsicht getan, aber auch in gesellschaftlicher und politischer."
(mfu)

Simone Frieling: "Sophie Scholl. Aufstand des Gewissens"
Verlag Ebersbach & Simon, Berlin 2021
144 Seiten, 15 Euro

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