Politischer Fingerzeig und Nostalgiegeschäft
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Die Band Radiohead hat ihre Internetseite zur "öffentlichen Bibliothek" umgebaut, mit Konzertmitschnitten, Fotos und alten Newslettern. Musikjournalist Robert Rotifer sieht darin den Versuch, Spotify und Co. ein Schnippchen zu schlagen.
Die Band Radiohead hat ihre Internetseite zur "Public Library" – zur öffentlichen Bibliothek – erklärt, inklusive Bücherei-Karte, die jeder Nutzer mit einem eigenen Foto versehen und für sich anlegen kann. Auf der Internetseite finden Fans Fotos, Dokumente, Videoclips und Musikvideos (zum Beispiel vom Song "Fake Plastic Tree" von 1995), Konzertmitschnitte und Fan-T-Shirts oder auch Links zu alten Internetseiten der Band. Allerdings nicht wirklich sortiert wie in einer Bücherei, sondern bunt nebeneinander. Ein Ort zum Stöbern und "ein schwarzes Loch, in dem man ganz schnell verschwinden kann", meint der Musikjournalist Robert Rotifer.
Der Fundus der Band wird öffentlich
Er sieht in der Umgestaltung der Radiohead-Seite auch einen "kleinen politischen Fingerzeig", müssen doch immer mehr öffentliche Bibliotheken in Großbritannien aufgrund von Sparmaßnahmen schließen. Gleichzeitig gelte es auch, den Fundus der Band öffentlich zu machen. Und: Das Projekt habe auch "durchaus etwas Kommerzielles", sei ein eben auch ein "Nostalgie-Geschäft".
Zudem sei die Radiohead-Bücherei auch ein erster Schritt in eine historisierende Phase des Internets, "in der man schaut: So hat das Internet damals ausgesehen", meint Rotifer. Radiohead sei 1997 eine der ersten Bands mit eigener Webseite gewesen.
Blick zurück auf die Modem-Zeiten des Internets
Damals habe die Band "Kunst im Netz machen" wollen, was nicht immer von den Nutzern geschätzt wurde – schließlich wurde die Internetnutzung zu Modem-Zeiten noch minutengenau abgerechnet und war sehr viel teurer. Ein Hinweis auf der alten Radiohead-Internetseite, seine Telefonrechnung im Blick zu behalten, erinnert daran.
Die neue Bücherei-Seite der Band mit ihrem Fundus, den Fans umsonst nutzen können, entspreche auch den Grundsätzen von Radiohead, so Rotifer. Immer wieder habe die Band Nutzern Material und Musik nach dem Motto "Zahl, was du willst" zur Verfügung gestellt.
Andere Bands hätten unter dieser Umsonst-Kultur zwar gelitten, sagt Rotifer. Für ihn überwiegt aber das Positive. Die neue Bücherei-Website sei nun der Versuch, die Leute von Angeboten wie iTunes oder Spotify wegzuführen, hin zu "normalen Websites".
(lkn)