Neues Festival "A Summer's Tale"

Luxus für die Ü30-Generation?

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Roisin Murphy veranstaltet am ersten Festival-Abend eine Mischung aus Mode- und Musik-Performance. © imago/Future Image
Von Anke van de Weyer |
Heidekraut, Heidschnucken, Moore: Die Lüneburger Heide gehört zu einem der beliebtesten Urlaubsziele in Deutschland. Seit dieser Woche gibt es noch eine weitere Attraktion dort. Das Festival "A Summer's Tale" - macht diese Neugründung Sinn?
Vom Musik-Festival nach Hause kommen und kein einziges Konzert gesehen haben. Was in den meisten Fällen relativ unwahrscheinlich ist, könnte einem beim "A Summer's Tale" wirklich passieren, wenn man nicht aufpasst. Yoga, Siebdruck oder eine Kanu-Tour sind ein Bruchteil dessen, was hier angeboten wird.
Sina Klimach ist beim Summer's Tale unter anderem für das Marketing zuständig:
"Wir haben ja unseren Slogan "Art and Music live in the green". Das trifft den Kern schon so ein bisschen. Dann kann man es auch immer ganz gut beschreiben als eine Mischung aus Kurzurlaub und Festival, weil wir ja auch vier Tage stattfinden und man eben so so viel mehr geboten kriegt als bloß Konzerte und frontales Bühnenprogramm. Das macht das zu 'nem ganzheitlichen Festivalerlebnis."
Festival-Besucher Jan ist Ende 30 und mit einer Gruppe von Freunden angereist.
"Also, ich find das 'ne herrliche Urlaubs- und Sommer-Ergänzung. Ich finde jetzt im Sommer kann man gut in Deutschland im Norden bleiben und das ist ein Höhepunkt. Nicht nur musikalisch, sondern einfach von der Stimmung hier."
Die ist weitestgehend entspannt und vor allem zum Abend hin moderat ausgelassen, wenn die Headliner des Summer's Tale auf der größten der drei Konzertbühnen spielen.
Hier veranstaltet Roisin Murphy am ersten Festival-Abend eine Mischung aus Mode- und Musik-Performance. Die Sängerin, wechselt mehrmals ihr Outfit und spielt neben ihren Solo-Stücken auch Titel ihrer früheren Band Moloko.
Ihr Publikum besteht überwiegend aus Leuten ab 30, manche von ihnen haben ihre Kinder dabei, die zur späten Stunde mit dicken Kopfhören auf dem Kopf schonmal eine Runde schlafen, während die Eltern noch feiern.
"Man kann auch sagen, wir sind ein Festival für drei Generationen, weil wir ja auch ganz viele Familien ansprechen und auch super viele Eltern mit ihren Kids hier sind und dann finden halt auch Leute Ü40 hier auch noch was, wo sie Freude dran haben, also das ist echt 'ne ganz coole Mischung geworden."
Entwickelt hat dieses Konzept des familienfreundlichen Festivals die Veranstaltungsfirma FKP Scorpio, die in Deutschland unter anderem Festivals wie Hurricane und Southside und das Highfield-Festival veranstaltet. Dass Festivals auf Komfort und Entspannung ausgerichtet sind, ist im Rest Europas bereits verbreiteter. Sarah Martin von der schottischen Band "Belle and Sebastian" fühlt sich wohl beim Summer's Tale.
"Es ist ein schönes Gelände im Wald und ich hab gleich gedacht: nett hier! In England gibt es solche kleinen Festivals in malerischer Landschaft auch schon. Das ist erfinderisch und ein kreativer Umgang mit der Umgebung. Alle hier haben eine gute Zeit. Was ist daran falsch?"
Ein entspanntes Festival
Daran ist wirklich nichts falsch. Zumindest finden das auch die Zuschauer von Belle and Sebastian. Die feiern den Twee-Pop nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne, als um die 30 von ihnen für zwei Songs zum tanzen heraufgebeten werden.
Darren und Pedda sind Anfang 40 und freuen sich besonders auf die Shoegaze-Band Ride für die die beiden extra angereist sind. Für Pedda ist trotzdem noch Luft nach oben.
"Ein Festival das hat auch immer ein bisschen was von Siff finde ich. Und so ein bisschen sich richtig gehen lassen. Das ist hier nicht so der Fall. Erst mal sind die Leute vielleicht doch alle auch ein bisschen angespannter. Das haben sie vielleicht schon alles hinter sich. Aber eigentlich gehört das zu einem Festival auch ein bisschen dazu, dass man sich auch im Dreck wälzt und richtig schön besoffen irgendwie außer Pfütze trinkt wo alle reingepinkelt haben vorher. Das gehört auch dazu."
Darren sieht das etwas anders:
"Ich kann gerne drauf verzichten. Das hab ich alles schon erlebt. Es ist natürlich schon so für Leute gemacht, die ein bisschen älter sind und einfach das ganze ein bisschen gemütlicher angehen wollen und vielleicht schon Familie und Kinder haben und das beides verbinden wollen."
Dazu gehören auch ein Restaurant gehobener Klasse, eine große Weinkarte und die Möglichkeit des Komfort-Campings. Ob einem diese Annehmlichkeiten den vergleichsweise teuren Preis von Rund 170 Euro Pro Person wert sind, das muss jeder selbst entscheiden. Fakt ist aber, dass mit "A Summer's Tale" ein entspanntes Festival entstanden ist, das es so bislang noch nicht in Deutschland gab und auch die Menschen abholt, für die Dixie-Klos und Dosenbier keine Option mehr sind. Living in the green heißt beim Summer's Tale auch Mülltrennung direkt am Essensstand.
Und als Patti Smith, die Godmother of Punk auf der Bühne steht und ihre Ansagen wie eine Predigt zu den Fans schickt, ist dann doch alles kurz wie auf jedem anderen Festival. Mit frenetischem Applaus und Groupies, die nach dem Auftritt den Backstage-Eingang belagern.