Neues Kulturzentrum in Künzelsau eröffnet

"Würth-Kunst" für die Provinz

Reinhold Würth, der Unternehmer und Gründer des Schraubenkonzerns Würth, aufgenommen während eines Interviews am 2014.
Der Unternehmer Reinhold Würth © picture alliance / dpa / Sebastian Kahnert
Christian Gampert im Gespräch Marietta Schwarz |
Der Unternehmer Reinhold Würth liebt Kunst und betätigt sich als Mäzen. Nun hat der "Schraubenkönig" zum 80. Geburtstag seiner Frau ein neues Kulturzentrum gestiftet. Wie selbstlos ist sein Engagement?
Seit den 1960er Jahren sammelt der Unternehmer Reinhold Würth, bekannt als "Schraubenkönig" Kunst. Und er hat dieser Kunst inzwischen viele Ausstellungsorte gewidmet: Ein Museum Würth am Stammsitz des Unternehmens in Künzelsau, die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall, die Johanniterkirche mit ausschließlich mittelalterlicher Kunst, sowie 11 weitere Dependancen im Ausland.
Mit 17.000 Werken ist die Sammlung Würth eine der größten Privatsammlungen Europas, und wenn man so will, ist natürlich jede Neueröffnung eine Demonstration des Würth’schen Kunstimperiums. Zum 80. Geburtstag seiner Ehefrau Carmen hat Reinhold Würth nun in Künzelsau ein Kultur- und Kongresszentrum mit Freiluftbühne erbauen lassen.

Echtes Interesse für Kunst

Kulturjournalist Christian Gampert zeigte sich im Deutschlandfunk Kultur nach der Eröffnung des "Carmen-Würth-Forums" zwiespältig. "Es ist schon Würth-Kunst", sagte Gampert. "Der macht das natürlich auch zum Ruhme seiner Firma." Aber Reinhold Würth sei ein schwäbischer Patriarch, der sich als mittelständischer Unternehmer wirklich für Kunst interessiere. Deshalb wolle er auch seine Mitarbeiter für Kunst interessieren und sie motivieren. Das sei zunächst mal nichts Schlechtes. "Und der es sozusagen billigend und freudig in Kauf nimmt, dass auch die Region was davon hat", sagte Gampert.

Das Interview im Wortlaut:

Marietta Schwarz: Seit den 1960er-Jahren sammelt der Unternehmer Reinhold Würth Kunst, und er hat dieser Kunst inzwischen viele Ausstellungsorte gewidmet. Ein Museum Würth am Stammsitz des Unternehmens in Künzelsau, die Kunsthalle Würth in Schwäbisch-Hall, die Johanniterkirche mit ausschließlich mittelalterlicher Kunst sowie elf weiteren Dependancen im Ausland. Mit 17.000 Werken ist die Sammlung Würth eine der größten Privatsammlungen Europas und, wenn man so will, ist natürlich jede Neueröffnung eine Demonstration des Würth‘schen Kunstimperiums. Zum 80. Geburtstag seiner Ehefrau Carmen hat Reinhold Würth nun in Künzelsau ein Kultur- und Kongresszentrum mit Freilaufbühne erbauen lassen, Architekt David Chipperfield. Das Carmen-Würth-Forum wurde heute eröffnet, für Fazit dabei war Christian Gampert, jetzt am Telefon. Herr Gampert, lassen Sie uns zunächst mal über die Architektur reden. Auf den Fotos sieht dieses Forum nach einer gläsernen Box auf einem grünen Hügel aus. Außen eher nüchtern – und innendrin?
Christian Gampert: David Chipperfield tut das, was er eigentlich immer tut und was er auch am besten kann, er orientiert sich an der Antike: Klassische Formen, Forumscharakter, außen nüchtern. Er verbindet den Gedanken der Klassik mit der Funktionalität. Innen gibt es zwei große Säle, einen kleineren Saal, der der Kammermusik gewidmet ist, der völlig hölzern verkleidet ist und ein bisschen aussieht wie eine finnische Sauna. Der große Saal ist eigentlich ein Konzertsaal, fantastische Akustik, ist heute sogar erweitert worden ins Foyer hinein, sodass tausend Leute Platz hatten zur Eröffnung. Es spielte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Manfred Honeck, gute Akustik. Dieser Saal ist allerdings nicht primär als Konzertsaal gedacht, sondern als Forum für die Mitarbeiter der Würth-AG, die so was wie eine Convention Hall gebraucht haben. Es war sehr viel von Firmenphilosophie die Rede heute und erst in zweiter Linie von der öffentlichen Funktion, die dieses Gebäude auch haben soll. Also, es ist so eine Mischkalkulation.
Schwarz: Ein multifunktionales Kongresszentrum für die Firma, aber auch für die Öffentlichkeit, und damit vermutlich auch ein Gewinn für die Region, oder?
Gampert: Ja, natürlich ist das ein Gewinn für die Region. Würth ist ja jemand, der sich so ein bisschen wie ein Firmenpatriarch auch für seine Landschaft, seinen Landstrich verantwortlich fühlt. Seine Kunstmuseen ziehen natürlich sehr viele Menschen an, und zwar nicht nur Kunstliebhaber, sondern sicherlich auch Leute, die bei ihm arbeiten wollen. Das macht den Standort, der mitten in der Pampa im Hohenloh‘schen liegt – übrigens eine wunderschöne Landschaft heute Abend, da steht die Hitze über den Kornfeldern, über dem Mischwald, über den Wiesen, es ist wunderschön. Der zieht Leute mit seinen Kulturinstitutionen eben in die Provinz, und das ist ja gut.

Kretschmann bedankte sich herzlich

Schwarz: Füllt damit vermutlich auch eine Lücke in der Provinz?
Gampert: Es ist da etwas, wo vorher nichts war, und wo auch natürlich der Staat sich sehr schwer tut, Museen oder auch so ein Kulturzentrum wie das, was er jetzt eröffnet, zu etablieren. Warum soll man mitten in der Pampa bei Künzelsau oder bei Schwäbisch-Hall ein Riesen-Kulturzentrum hinpflanzen?
Schwarz: Man kann auch fragen: Warum nicht?
Gampert: Warum nicht? Weil es kein Geld gibt. Kretschmann war ja heute da und sprach zur Eröffnung. Und er bedankt sich natürlich herzlich. Das ganze Ding hat 60 Millionen Euro gekostet werden, musste auch verschoben werden, es war schon 2008 geplant. Dann kam die Wirtschaftskrise, dann ist auch Würth so, dass er sagt, nein, müssen wir verschieben, und jetzt konnte er es finanzieren. Aber Kretschmann sagt ganz offen, wir hätten das nicht finanzieren können. Warum denn auch, mitten in der Pampa bei Künzelsau. Jetzt hat er was, und jetzt wird es natürlich genutzt werden, auch für öffentliche Veranstaltungen, für Konzerte vor allem. Die machen ja jetzt zur Eröffnung ein Riesenprogramm, sowohl mit Klassik als auch mit Pop.
Schwarz: Ist Kunst und Kultur in Künzelsau bald nur noch Würth-Kunst?
Gampert: Es ist schon Würth-Kunst. Das ist aber natürlich sehr negativ ausgedrückt. Man kann das kritisch sehen. Der macht das natürlich auch zum Ruhme seiner Firma. Aber Reinhold Würth ist so ein schwäbischer Patriarch, so ein mittelständischer Unternehmer, dem ich jedenfalls glaube, dass er sich wirklich für Kunst interessiert, dass er auch seine Mitarbeiter für Kunst interessieren und dadurch motivieren möchte, was ich zunächst mal nichts Schlechtes finde. Und der es sozusagen billigend und freudig in Kauf nimmt, dass auch die Region was davon hat. Warum nicht? Und dieses Forum, das er da nun auch für seine Firma und seine Mitarbeiter hingebaut hat, wird natürlich mit den vielen Konzerten, Klassikkonzerten vor allem, die da geplant sind, der Region zugute kommen, und da ist dann auf einmal was, für das man sonst nach Stuttgart fahren müsste oder nach Heidelberg oder Mannheim oder sogar noch viel weiter.
Schwarz: Christian Gampert über das neue Kulturforum des Mäzens Reinhold Würth, das er seiner Frau zum 80. Geburtstag gewidmet hat.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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