Neues Rabbinerseminar in Potsdam
Feierstimmung auf der Spree. In einem kleinen Kahn sitzen liberale und konservative Rabbiner, Rabbinats- und Kantorstudenten und stoßen auf das frisch gegründete Potsdamer Rabbinerseminar an: den konservativen Zacharias Frankel Campus Europa. So genannte konservative Juden halten sich strenger an die jüdische Tradition als liberale - zum Beispiel an die Regeln der koscheren Küche.
Doch auf dem Boot greifen liberale und konservative einträchtig zu den Häppchen vom koscheren Caterer und freuen sich auf künftige Zusammenarbeit. Der Dekan des neuen Instituts, Bradley Artson, ist aus Los Angelos angereist, wo er die American Jewish University leitet. Der Berliner Regen störe ihn nicht, sagt er, Sonne hätte er schließlich in Kalifornien haben können und überhaupt sei dies ein großer Tag.
"Ich habe den Eindruck, dass wir Geschichte schreiben mit unserem Rabbinerseminar, ausgerechnet in Deutschland. Denn hier hatten das liberale und das konservative Judentum ihren Ursprung. Deutschland ist natürlich auch ein Land mit einer sehr tragischen Geschichte für die Juden. "
In der Tat ging der Startschuss für die konservative Bewegung genauso von Deutschland aus wie für die Liberale. 1854 entstand im deutschen Breslau das erste konservative Rabbinerseminar, ein paar Jahrzehnte später das erste liberale Seminar in Berlin. Wichtige Impulse für das Judentum weltweit, denn Religion wurde jetzt wissenschaftlich durchdrungen, Rabbiner akademisch ausgebildet. Vorher gingen sie meist auf Talmudschulen.
Damals wie heute nehmen konservative Juden eine Mittelposition zwischen liberal und orthodox ein. Weil das Wort "konservativ" aber nicht nach Mitte klingt, nennt sich die Richtung auch hebräisch Masorti, traditionell.
Wer sich in der konservativen Synagoge eine Telefonnummer aufschreiben möchte, kann das am Schabbat nicht tun. Auch der Lichtschalter ist tabu. Beides verstößt traditionell gegen das Gebot der Schabbatruhe. Anders als in der Orthodoxie gibt es bei den Konservativen aber Frauen als Rabbinerinnen. Eine von ihnen ist Gesa Ederberg , Gemeinderabbinerin in Berlin. Auch sie sitzt mit im Kahn.
"Erst mal hat die Tradition das Sagen, aber völlig klar, und das unterscheidet Masorti von der Orthodoxie, es muss ins 21. Jahrhundert passen. Also, dass wir wirklich sagen, wenn sich die Welt verändert, müssen wir das mitdenken."
Bislang lässt sich die Zahl der konservativen oder Masorti-Rabbiner in Deutschland an einer Hand abzählen, in ganz Europa sind es nicht mehr als 30. Viele Juden kennen den Namen der Richtung nicht einmal. Doch trotzdem ähnele ihr Lebensstil oft dem, was Masorti vertritt, sagt der konservative Rabbiner Michael Leipziger.
"Da ich in einer Einheitsgemeinde in der Schweiz viele Jahre jetzt gewesen bin, kann ich sagen, dass in der Praxis, sind die meisten Leute, die heute in Europa leben, eigentlich nicht orthodoxe Juden und nicht liberale Juden. Sie sind eine Mischung, die sich sehr oft mit einer konservativen, Masorti- Einstellung sehr gut anpasst."
Vielen Juden in Europa sei die Tradition wichtig, ohne dass sie gleich Schläfenlocken tragen. Dass liberale und konservative Juden in einem Boot sitzen, ist auch symbolisch zu verstehen. Denn die Zusammenarbeit wird eng sein. Zwar wird Rabbiner Artson das Seminar von Los Angeles aus leiten. Doch die Verwaltungsarbeit erledigt das liberale Abraham-Geiger-Kolleg Potsdam. Dessen Rektor Walter Homolka übernimmt auch die Geschäftsführung am konservativen Seminar.
"Das ist aber eine definitiv andere Rolle als der Rektor eines liberalen Rabbinerseminars. In der einen Funktion stelle ich sicher, dass andere erfolgreich sind, und in der Rolle des Rektors versuche ich natürlich, für die liberalen Rabbinerinnen und Rabbiner ein Vorbild und eine geistige Führungspersönlichkeit zu sein."
Doch konservative Studierende sollen etwas anders als am Abraham-Geiger-Kolleg unterrichtet werden. Vor allem stehen mehr jüdisches Gesetz , mehr jüdische Tradition und mehr rabbinische Literatur auf dem Lehrplan. Nächstes Jahr im Herbst starten die ersten Kurse.
Links bei dradio.de:
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"Ich habe den Eindruck, dass wir Geschichte schreiben mit unserem Rabbinerseminar, ausgerechnet in Deutschland. Denn hier hatten das liberale und das konservative Judentum ihren Ursprung. Deutschland ist natürlich auch ein Land mit einer sehr tragischen Geschichte für die Juden. "
In der Tat ging der Startschuss für die konservative Bewegung genauso von Deutschland aus wie für die Liberale. 1854 entstand im deutschen Breslau das erste konservative Rabbinerseminar, ein paar Jahrzehnte später das erste liberale Seminar in Berlin. Wichtige Impulse für das Judentum weltweit, denn Religion wurde jetzt wissenschaftlich durchdrungen, Rabbiner akademisch ausgebildet. Vorher gingen sie meist auf Talmudschulen.
Damals wie heute nehmen konservative Juden eine Mittelposition zwischen liberal und orthodox ein. Weil das Wort "konservativ" aber nicht nach Mitte klingt, nennt sich die Richtung auch hebräisch Masorti, traditionell.
Wer sich in der konservativen Synagoge eine Telefonnummer aufschreiben möchte, kann das am Schabbat nicht tun. Auch der Lichtschalter ist tabu. Beides verstößt traditionell gegen das Gebot der Schabbatruhe. Anders als in der Orthodoxie gibt es bei den Konservativen aber Frauen als Rabbinerinnen. Eine von ihnen ist Gesa Ederberg , Gemeinderabbinerin in Berlin. Auch sie sitzt mit im Kahn.
"Erst mal hat die Tradition das Sagen, aber völlig klar, und das unterscheidet Masorti von der Orthodoxie, es muss ins 21. Jahrhundert passen. Also, dass wir wirklich sagen, wenn sich die Welt verändert, müssen wir das mitdenken."
Bislang lässt sich die Zahl der konservativen oder Masorti-Rabbiner in Deutschland an einer Hand abzählen, in ganz Europa sind es nicht mehr als 30. Viele Juden kennen den Namen der Richtung nicht einmal. Doch trotzdem ähnele ihr Lebensstil oft dem, was Masorti vertritt, sagt der konservative Rabbiner Michael Leipziger.
"Da ich in einer Einheitsgemeinde in der Schweiz viele Jahre jetzt gewesen bin, kann ich sagen, dass in der Praxis, sind die meisten Leute, die heute in Europa leben, eigentlich nicht orthodoxe Juden und nicht liberale Juden. Sie sind eine Mischung, die sich sehr oft mit einer konservativen, Masorti- Einstellung sehr gut anpasst."
Vielen Juden in Europa sei die Tradition wichtig, ohne dass sie gleich Schläfenlocken tragen. Dass liberale und konservative Juden in einem Boot sitzen, ist auch symbolisch zu verstehen. Denn die Zusammenarbeit wird eng sein. Zwar wird Rabbiner Artson das Seminar von Los Angeles aus leiten. Doch die Verwaltungsarbeit erledigt das liberale Abraham-Geiger-Kolleg Potsdam. Dessen Rektor Walter Homolka übernimmt auch die Geschäftsführung am konservativen Seminar.
"Das ist aber eine definitiv andere Rolle als der Rektor eines liberalen Rabbinerseminars. In der einen Funktion stelle ich sicher, dass andere erfolgreich sind, und in der Rolle des Rektors versuche ich natürlich, für die liberalen Rabbinerinnen und Rabbiner ein Vorbild und eine geistige Führungspersönlichkeit zu sein."
Doch konservative Studierende sollen etwas anders als am Abraham-Geiger-Kolleg unterrichtet werden. Vor allem stehen mehr jüdisches Gesetz , mehr jüdische Tradition und mehr rabbinische Literatur auf dem Lehrplan. Nächstes Jahr im Herbst starten die ersten Kurse.
Links bei dradio.de:
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