"Mission Mars" schaut vom Weltraum auf die Erde
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Wie ernsthaft ist das Vorhaben der Marsbesiedelung durch die Menschen? Welche Erwartungen knüpfen sich daran? Björn SC Deigner hat für "Mission Mars" mit vielen Wissenschaftlern gesprochen. Sein neues Stück wird nun in Oldenburg uraufgeführt.
2018 hat Björn SC Deigners Stück "In Stanniolpapier" für Aufregung gesorgt, als es bei den Autorentheatertagen am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt wurde – in einer Bearbeitung von Sebastian Hartmann, die sich so weit vom Text entfernte, dass die Bezeichnung Uraufführung gestrichen werden musste.
Jetzt hat Autor Björn SC Deigner ein neues Stück geschrieben. Es wird am Oldenburgischen Staatstheater aus der Taufe gehoben. "Mission Mars" spielt mit den Erwartungen an eine Reise ins All. Ausgangspunkt für die Recherche war der berühmte Satz des deutschen Astronauten Alexander Gerst, als dieser aus 400 Kilometern Höhe auf die Erde herabgeschaut und die Folgen des Klimawandels gesehen hat: "Wir haben keinen Planeten B."
Nachdenken über die Marsbesiedlung
Im Gespräch mit zahlreichen Wissenschaftlern hat der gebürtige Heidelberger festgestellt, dass eine mögliche Marsbesiedelung ernsthaft in Erwägung gezogen wird. "Wenn man sich die letzten Jahrhunderte anschaut, folgen wir ja einer Narration, die bedeutet: höher, weiter, schneller. Wenn man die ins Extrem treiben wollte oder vielleicht konsequent zu Ende denkt, dann müssen wir sogar zum Mars fliegen. Und wenn wir das nicht wollen, glaube ich, müssen wir ganz oben ansetzen und eine ganz neue Art zu leben finden", sagt Deigner.
Noch immer wird der Autor auf die Nachwehen der Kontroverse von 2018 angesprochen, die "In Stanniolpapier" ausgelöst hat, ein dokumentarisches Stück über das Leben und die Traumata einer Prostituierten. Damals verwendete Regisseur Sebastian Hartmann so gut wie gar nichts aus Deigners Stücktext, nur einzelne Satzfragmente, und breitete noch dazu sehr explizite Vergewaltigungsszenen auf der Bühne aus.
Theaterfragen im Brennglas
Autor Björn SC Deigner sagt im Rückblick, er könne der erhitzten Debatte heute durchaus auch Positives abgewinnen: "Ich würde sogar sagen, dass ich im Nachhinein beinahe dankbar auf diese Auseinandersetzung schaue, weil sie wie in einem Brennglas sehr viele Dinge zusammengeführt hat, die die Theaterwelt gerade bewegen: Welche Position die Marke Regie für das Unternehmen Theater gerade bedeutet. Welchen Stellenwert zeitgenössische Autorschaft für momentane Dramaturgien bedeuten kann."
Immer wieder gebe es Fälle, in denen Häuser die eigens angeforderten literarischen Texte nur zum Ausgangspunkt für eigene Stückentwicklungen benutzten, so Deigner, der in Gießen Angewandte Theaterwissenschaft studiert hat. Er wünsche sich, den Konflikt aber nicht nur zwischen Autoren und Regisseuren zu sehen, sondern vor allem die Rolle der Dramaturgie in vergleichbaren Fällen neu zu hinterfragen.
Wer hat welchen Gestaltungsspielraum?
"Was ist der Gestaltungsspielraum der Dramaturgie", fragt Deigner. "Wie setzt sich eine Dramaturgie vielleicht für einen Text ein, weil man genau so eine Form, die sperrig ist, eine Auseinandersetzung, die vielleicht abseitig ist, genauso haben möchte und sie auch von der Regie einfordert. Oder wo trifft Dramaturgie die Entscheidung, zu sagen: Wir setzen die Regie ans Lenkrad und die darf mit dem Text machen, was sie will."