Michael Lüders: "Die den Sturm ernten", Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte
C.H. Beck-Verlag 2017, 14,95 Euro.
"Die Quittung für eine Politik des Regime-Change"
Eine erhebliche Mitschuld des Westens am Syrien-Krieg beklagt der Nahost-Experte Michael Lüders in seinem neuen Buch "Die den Sturm ernten". Er fordert einen Politikwechsel, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts eher entspricht.
"Syrien ist ein Spielball der Weltpolitik", sagte der Nahost-Experte Michael Lüders im Deutschlandradio Kultur über die wichtigsten Thesen seines neuen Buches "Die den Sturm ernten". Die innersyrische Gewalt wäre längst beendet, wenn nicht von außen immer wieder andere Akteure versucht hätten, Einfluss zu nehmen. "Die Ursachen für diese Katastrophe sind natürlich vielschichtig", sagte Lüders. Aber die westlichen Staaten hätten daran einen erheblichen Anteil an der Katastrohe. Vereinfacht gesagt stünden sich zwei Fronten gegenüber. Da seien auf der einen Seite die USA, die EU, die Türkei und die Golfstaaten, die alle das Regime des syrischen Präsidenten Assad gestürzt sehen wollten. Auf der anderen Seite stünden Russland und Iran, im Hintergrund auch China, täten alles dafür, damit das Assad Regime überlebe. Das schließe Waffenlieferungen mit ein, sagte Lüders,
Waffenlieferungen an die Aufständischen
"Umgekehrt haben die westlichen Staaten ganz massiv diesen Konflikt befeuert", sagte der Nahost-Kenner weiter. Sie hätten den Aufstand in Syrien, der zu Beginn friedlich gewesen sei, mit Waffenlieferungen befeuert, vor allem an die Dschihadisten. Sollte Assad stürzen, sei es keineswegs so, dass Demokraten an die Macht kämen, sondern es wären dschihadistische Bewegungen wie die Nusra-Front, also ein Ableger von Al Quaida in Syrien. "Das macht diesen Konflikt so brisant", sagte Lüders. Das Erstarken der radikalen islamistischen Kräfte sei auch die Quittung für eine "Politik des Regime-Change" des Westens. Der Nahostkenner erinnerte an das Versagen dieser Politik im Irak, in Afghanistan, in Libyen und in Jemen.