Trump-Kritik und Identitätspolitik
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Nach sechs Jahren veröffentlichen Vampire Weekend ein neues Album. Inzwischen sei die Gruppe mehr Kollektiv denn Band, meint Kritikerin Julia Friese. Im Vordergrund stünden Identitätsfragen. Alte Sound-Konzepte sehe Bandleader Ezra Koenig heute kritisch.
Bekannt wurde die New Yorker Band Vampire Weekend in den Nullerjahren. Was die Musiker damals von anderen unterschieden habe, sei der eklektische Stil mit Afrobeat-Anleihen gewesen, meint Kritikerin Julia Friese. Diese Aneignung sehe Bandleader Ezra Koenig heute kritisch. Dennoch gebe es auch auf dem neuen Album "Father Of The Bride", das nach sechsjähriger Pause erscheine, klassische Vampire-Weekend-Momente.
Das Line-up der Gruppe habe sich allerdings verändert: Heute müsse man eher von einem Kollektiv um Sänger Koenig herum sprechen. Gründungsmitglied Rostam Batmanglij etwa sei formal nicht mehr Teil der Band, tauche aber auf der neuen Platte als Impulsgeber auf.
Fragmentarische Selbstkritik
Inhaltlich drehten sich viele Songs um zwischenmenschliche Beziehungen und Identitätsfragen – zumindest vordergründig. Die Single "Harmony Hall" klinge zwar zunächst nach beschwingten Sommergefühlen, verhandele auf der Textebene aber den Umstand, dass es "kein richtiges Leben im Falschen" gebe, so Friese. Koenig singe: "I don’t wanna live like this / But I don’t wanna die".
Ein weiterer Song hieße "Unbearably White". Die könne man als fragmentarische Selbstkritik verstehen. Ferner spiele Koenigs jüdischer Glauben eine Rolle. "In ’Sympathy’ wehrt sich Koenig gegen das von Trump herbeibeschworene Bündnis von Juden und Christen, dem sogenannten Judäo-Christentum", sagt Friese. In Interviews habe Koenig erzählt, als Kind wegen seiner Religion von Christen zusammengeschlagen worden zu sein. Überhaupt sehe er es kritisch, wenn sich Menschen gegenüber bestimmten Feindbildern, hier gegenüber dem Islam, zusammenschließen würden, um ihre Gewalt narzisstisch zu verklären.
Musikalisch zitierten Vampire Weekend wieder einmal aus der Popgeschichte. "In ’Big Blue’ wabern die Gitarren wie einst bei George Harrison", meint Julia Friese. "Im meditativen ’My Mistake’ tönt ein Van-Morrison-artiges Saxofon." Insgesamt handele es sich um abwechslungsreiche, unterhaltsame Miniaturen. Nur manchmal ärgere man sich, dass eine Idee nur eine Idee geblieben sei.