Neues Zentrum für zeitgenössische Fotografie
Neuer Anziehungspunkt des Museums für Fotografie, das die Helmut Newton Stiftung beherbergt, soll der sanierte Kaisersaal im Obergeschoss des einstigen Offizierskasinos sein. Hier wollen die Staatlichen Museen ihre fotografischen Schätze zeigen und beginnen mit Architekturfotografie.
Helmut Newtons "Big Nudes" – die großen Nackten, die er 1980 fotografierte, grüßen den Besucher aus den Nischen des Treppenhauses, während er hinaufsteigt zum Kaisersaal im zweiten Stock. Der Raum, in dem einst die Offiziere der Preußischen Landwehr Feste feierten, der schwer getroffen von Bomben nach dem Krieg zur Ruine verfiel und danach nur provisorisch genutzt wurde, er unterscheidet sich nach der Renovierung kaum vom Rest des Museums. In dezent abgetöntem Weiß gestrichen und vom Oberlicht indirekt erhellt, wirkt er so elegant wie funktionsorientiert wie die darunter gelegenen Räume der Helmut Newton Stiftung. Doch das, was hier gezeigt wird, steht im krassen Gegensatz zu den Fotografien Newtons mit ihrer bahnbrechend coolen und oft hüllenlosen Ästhetik. Denn an den Stellwänden des 600 Quadratmeter großen Saals hängt - zumindest auf den ersten Blick unspektakuläre - Architekturfotografie. Kurator Ludger Derenthal:
"Es mag den ein oder anderen Besucher geben, der so was, was wir oben zeigen, hier nicht erwartet. Aber das ist der Bildungsauftrag des Museums, dass man nicht nur das zeigt, was man kennt, sondern auch Entdeckungen bieten kann. Deswegen haben wir auch gesagt, wir müssen hier nicht die großen Namen der Fotografiegeschichte abhandeln, wenn wir unten einen der größten Namen überhaupt haben. Hier können wir etwas anderes machen. Und das Andere ist eben, dieses Medium Fotografie in seiner ganzen Breite zu zeigen. "
Um diese Bandbreite zu zeigen, greift man zurück auf eigene Bestände - ganz so wie es in Zeiten knapper Kassen und damit unfinanzierbarer Sonderausstellungen en vogue ist. Zu sehen sind Fotos, die die Kunstbibliothek, das Ethnologische und des Asiatische Museum seit 150 Jahren gesammelt haben. Bilder von Hütten und Palästen, Fassaden und Interieurs. Albumin-, Silbergelatine- und Salzpapierabzüge. Eine Rückbesinnung auf eigene Schätze, die es lohnt zu betrachten – angefangen mit der 1850 entstandenen Aufnahme einer Reiterstatue vor dem Capitol in Rom:
" "Diese Aufnahme zeigt in einem alten Salzpapierabzug die Statue. Man sieht, dass das Ganze in einer langen Belichtungszeit gemacht wurde, denn da sitzt ein würdiger Herr im Zylinder auf der Umrahmung des Denkmals. Aber der hat nicht lang genug da gesessen, da es gewissermaßen durchscheint. Das heißt, er ist während der Aufnahme weggegangen und hat sich gewissermaßen als Geist dort widergespiegelt."
Gestochen scharf dagegen die Fassaden am Canal Grande, malerisch die Kate in den ostpreußischen Dünen. So detailliert wie kunstvoll in ihrem Licht und Schattenspiel wirken Frank Cousins Innenaufnahmen kolonialer Bauten. Faszinierend sind die stürzenden Perspektiven und fast abstrakten Kompositionen des in den 1920er-Jahren propagierten Neuen Sehens. Und wahrhaft revolutionär in der Radikalität des Blickes erscheint die 1867 entstandene Aufnahme einer Hauswand – im Focus steht einzig und allein ein Stück bröckelndes, mit Graffiti bekritzeltes Mauerwerk. Das und noch mehr sind absolut sehenswerte Entdeckungen.
Dennoch macht diese erste Ausstellung im wiedereröffneten Kaisersaal aus dem Haus in der Jebensstraße lange nicht das, was man in der Aufbruchsstimmung der 2000er Jahre ankündigte, und was es bis heute dem Namen nach ist: ein Museum für Fotografie. Dazu ist das Spektrum nicht weit genug. Denn neben der dem Haus angegliederten, aber selbstständig agierenden Helmut Newton Stiftung als populärem Anziehungspunkt in den beiden unteren Etagen gibt es im zweiten Stock eben nur den Kaisersaal. Und hier handelt es sich eher um einen Schauraum, in dem die Staatlichen Museen Fotos aus ihren Beständen zeigen. Und nicht um ein über mehrere Räume verfügendes Museum, das dort Bilder aus der eigenen Sammlung zeigt.
"Was nachvollziehbar ist, es gibt das Museum für Fotografie nicht als Einrichtung, sondern nur als Haus. Aber letztendlich ist es eine reine Namensfrage. Stellen Sie sich vor, die Kunstbibliothek, die ihre eigne Sammlung hat, hat auch die Fotohistorische Zuständigkeit für alle anderen Museen der Staatlichen Museen zu Berlin. Das ist im Grunde das Centrum für Fotografie. Inwieweit man das jetzt institutionell verselbstständigt? Ich denke, dass die Verselbstständigung von Mediensammlungen nicht die Zukunft sein kann. Weil die Kunstgeschichte sich mehr und mehr zu einer Bildwissenschaft entwickelt und die ganz verstärkt vernetzt denkt. Architekturfotografie, Modefotografie, Fotografie, das sind Zusammenhänge, die auch in ihrem Zusammenhang dargestellt werden müssen."
Erläutert Moritz Wullen, Direktor der für dieses Zentrum für Fotografie Museum zuständigen Kunstbibliothek. So hat man aus der Not, ein "richtiges" Museum nicht finanzieren zu können, eine Tugend gemacht und andere Häuser dazu gebracht, sich einzubringen. Sie stellen nun die von den jeweiligen Kuratoren sorgsam behüteten, empfindlichen Papierarbeiten für Ausstellungsprojekte zur Verfügung. Eine Vereinnahmungsstrategie, die bei dieser Eröffnungsschau im Kaisersaal aufgegangen ist. Es gibt nicht nur bisher kaum gezeigte, unbekannte Bilder zu entdecken, sondern auch neue Zusammenhänge zu erkennen. Und man darf hoffen, dass das so bleibt. Denn die nächste Ausstellung ist der Mikrofotografie gewidmet, bei der ja bekanntlich ansonsten Verborgenes sichtbar wird. Sodass auch dann wieder ungeahnte Schätze offenbar werden.
"Es mag den ein oder anderen Besucher geben, der so was, was wir oben zeigen, hier nicht erwartet. Aber das ist der Bildungsauftrag des Museums, dass man nicht nur das zeigt, was man kennt, sondern auch Entdeckungen bieten kann. Deswegen haben wir auch gesagt, wir müssen hier nicht die großen Namen der Fotografiegeschichte abhandeln, wenn wir unten einen der größten Namen überhaupt haben. Hier können wir etwas anderes machen. Und das Andere ist eben, dieses Medium Fotografie in seiner ganzen Breite zu zeigen. "
Um diese Bandbreite zu zeigen, greift man zurück auf eigene Bestände - ganz so wie es in Zeiten knapper Kassen und damit unfinanzierbarer Sonderausstellungen en vogue ist. Zu sehen sind Fotos, die die Kunstbibliothek, das Ethnologische und des Asiatische Museum seit 150 Jahren gesammelt haben. Bilder von Hütten und Palästen, Fassaden und Interieurs. Albumin-, Silbergelatine- und Salzpapierabzüge. Eine Rückbesinnung auf eigene Schätze, die es lohnt zu betrachten – angefangen mit der 1850 entstandenen Aufnahme einer Reiterstatue vor dem Capitol in Rom:
" "Diese Aufnahme zeigt in einem alten Salzpapierabzug die Statue. Man sieht, dass das Ganze in einer langen Belichtungszeit gemacht wurde, denn da sitzt ein würdiger Herr im Zylinder auf der Umrahmung des Denkmals. Aber der hat nicht lang genug da gesessen, da es gewissermaßen durchscheint. Das heißt, er ist während der Aufnahme weggegangen und hat sich gewissermaßen als Geist dort widergespiegelt."
Gestochen scharf dagegen die Fassaden am Canal Grande, malerisch die Kate in den ostpreußischen Dünen. So detailliert wie kunstvoll in ihrem Licht und Schattenspiel wirken Frank Cousins Innenaufnahmen kolonialer Bauten. Faszinierend sind die stürzenden Perspektiven und fast abstrakten Kompositionen des in den 1920er-Jahren propagierten Neuen Sehens. Und wahrhaft revolutionär in der Radikalität des Blickes erscheint die 1867 entstandene Aufnahme einer Hauswand – im Focus steht einzig und allein ein Stück bröckelndes, mit Graffiti bekritzeltes Mauerwerk. Das und noch mehr sind absolut sehenswerte Entdeckungen.
Dennoch macht diese erste Ausstellung im wiedereröffneten Kaisersaal aus dem Haus in der Jebensstraße lange nicht das, was man in der Aufbruchsstimmung der 2000er Jahre ankündigte, und was es bis heute dem Namen nach ist: ein Museum für Fotografie. Dazu ist das Spektrum nicht weit genug. Denn neben der dem Haus angegliederten, aber selbstständig agierenden Helmut Newton Stiftung als populärem Anziehungspunkt in den beiden unteren Etagen gibt es im zweiten Stock eben nur den Kaisersaal. Und hier handelt es sich eher um einen Schauraum, in dem die Staatlichen Museen Fotos aus ihren Beständen zeigen. Und nicht um ein über mehrere Räume verfügendes Museum, das dort Bilder aus der eigenen Sammlung zeigt.
"Was nachvollziehbar ist, es gibt das Museum für Fotografie nicht als Einrichtung, sondern nur als Haus. Aber letztendlich ist es eine reine Namensfrage. Stellen Sie sich vor, die Kunstbibliothek, die ihre eigne Sammlung hat, hat auch die Fotohistorische Zuständigkeit für alle anderen Museen der Staatlichen Museen zu Berlin. Das ist im Grunde das Centrum für Fotografie. Inwieweit man das jetzt institutionell verselbstständigt? Ich denke, dass die Verselbstständigung von Mediensammlungen nicht die Zukunft sein kann. Weil die Kunstgeschichte sich mehr und mehr zu einer Bildwissenschaft entwickelt und die ganz verstärkt vernetzt denkt. Architekturfotografie, Modefotografie, Fotografie, das sind Zusammenhänge, die auch in ihrem Zusammenhang dargestellt werden müssen."
Erläutert Moritz Wullen, Direktor der für dieses Zentrum für Fotografie Museum zuständigen Kunstbibliothek. So hat man aus der Not, ein "richtiges" Museum nicht finanzieren zu können, eine Tugend gemacht und andere Häuser dazu gebracht, sich einzubringen. Sie stellen nun die von den jeweiligen Kuratoren sorgsam behüteten, empfindlichen Papierarbeiten für Ausstellungsprojekte zur Verfügung. Eine Vereinnahmungsstrategie, die bei dieser Eröffnungsschau im Kaisersaal aufgegangen ist. Es gibt nicht nur bisher kaum gezeigte, unbekannte Bilder zu entdecken, sondern auch neue Zusammenhänge zu erkennen. Und man darf hoffen, dass das so bleibt. Denn die nächste Ausstellung ist der Mikrofotografie gewidmet, bei der ja bekanntlich ansonsten Verborgenes sichtbar wird. Sodass auch dann wieder ungeahnte Schätze offenbar werden.