Neuigkeiten, die unsere Seele ernähren
"Es geht um unsere geistlichen Referenzen und darum, etwas zu entwickeln oder zu denken", so beschreibt der Komponist Fabien Lévy seinen Kulturbegriff. Seine musikalische Entwicklung hat er unter anderem dem Radio zu verdanken.
"Où niche l’hibou", wo nistet die Eule? "Kleines Traktat von Liebe und Geometrie" auf arabisch. Oder "Hérédo-Ribotes". So die Titel einiger Kompositionen von Fabien Lévy.
Der Franzose, 1968 in Paris geboren, begann bereits mit sieben Jahren zu komponieren. Nach dem Abitur studierte er erst Mathematik und theoretische Wirtschaftswissenschaften, bevor er sich ganz der Musik zuwandte.
2006 wurde Fabien Lévy als Professor für Komposition an die New Yorker Columbia University berufen, seit dem vergangen Jahr lehrt er außerdem an der Hochschule für Musik in Detmold. Mit seiner Familie lebt der Komponist in Berlin.
"Ich brauche Ernährung, geistige Ernährung, ich brauche Theater auf deutsch oder französisch, ich brauche Museen, ich brauche Ausstellungen, das ist das, was dem Menschen Würde gibt.
Gäbe es keine Kultur oder keine Neuigkeiten, die unsere Seele ernähren, würde es langweilig.
Ich bin immer überrascht, besonders in Frankreich oder in Deutschland, wenn man normale Ingenieure oder Leute auf der Straße trifft: sie haben diese Kultur, sie können weitersehen und das ist sehr wichtig für die Demokratie. Sie haben Referenzen, sie lesen, sie gehen ins Museum.
Wir brauchen das, um uns als Mensch, als Mensch der Aufklärung zu sehen. Das ist sehr wichtig für unseren Alltag, damit wir uns als etwas anderes sehen als nur ein Produkt der Konsumgesellschaft.
Als ich 16 war, habe ich "Les nourritures terrestres" von André Gide gelesen. Ich war total mit André Gide beschäftigt. "Les nourritures terrestres" sind eine Art von pseudophilosophischem Denken, und wenn man Teenager ist, mag man das gern. Bis ich im Gymnasium Philosophieunterricht gehabt habe und mein Lehrer gesagt hat, ja, André Gide ist ein schlechter Friedrich Nietzsche für Teenager. Das hat meine ganze Leidenschaft gebrochen.
Kultur zu definieren ist schwierig. Es geht um unsere geistlichen Referenzen, das geht darum, etwas zu entwickeln oder zu denken, das für uns als Bild, als Geschichte, als Klang immer bleiben wird. Das ist Kultur. Das ist diese geistige Unverrückbarkeit, vorher wusste man das nicht und dann hat man etwas entdeckt und sagt: Oh, mein Leben ist anders.
Die Leute heute machen Facebook und Youtube, diese sehr, sehr schwache Kultur ohne Referenz, alles ist cool und nicht gedacht. Ich bin noch jung, aber ich gehöre noch zu dieser Generation, wo, als ich 13 Jahre war, es im Fernsehen um acht Uhr noch klassische Musik gab und danach sprach jemand über Literatur. Das hat mich entwickelt. Ich komme aus einer Familie, die keine Kultur hatte, und ich habe meine musikalische Entwicklung auch durchs Radio gemacht, in Frankreich durch France Musique, durch diese Sendungen, die ich abends geheim hörte.
Man fühlt sich nicht mehr als Idiot, und man versteht die Welt und man denkt, o.k., man kann nicht wieder Zucker entdecken, man kann nicht alles wieder neu machen. Man braucht Kultur, um diese Referenzen zu haben."
Fabien Lévys neue Komposition heißt "Après tout" – am 21. Januar wird das Werk in Berlin uraufgeführt. Anlass ist das 50-jährige Jubiläum des Elysée-Vertrags zwischen Deutschland und Frankreich.
Link auf dradio.de: Übersicht zur Serie "Wozu brauchen Sie Kultur?"
Der Franzose, 1968 in Paris geboren, begann bereits mit sieben Jahren zu komponieren. Nach dem Abitur studierte er erst Mathematik und theoretische Wirtschaftswissenschaften, bevor er sich ganz der Musik zuwandte.
2006 wurde Fabien Lévy als Professor für Komposition an die New Yorker Columbia University berufen, seit dem vergangen Jahr lehrt er außerdem an der Hochschule für Musik in Detmold. Mit seiner Familie lebt der Komponist in Berlin.
"Ich brauche Ernährung, geistige Ernährung, ich brauche Theater auf deutsch oder französisch, ich brauche Museen, ich brauche Ausstellungen, das ist das, was dem Menschen Würde gibt.
Gäbe es keine Kultur oder keine Neuigkeiten, die unsere Seele ernähren, würde es langweilig.
Ich bin immer überrascht, besonders in Frankreich oder in Deutschland, wenn man normale Ingenieure oder Leute auf der Straße trifft: sie haben diese Kultur, sie können weitersehen und das ist sehr wichtig für die Demokratie. Sie haben Referenzen, sie lesen, sie gehen ins Museum.
Wir brauchen das, um uns als Mensch, als Mensch der Aufklärung zu sehen. Das ist sehr wichtig für unseren Alltag, damit wir uns als etwas anderes sehen als nur ein Produkt der Konsumgesellschaft.
Als ich 16 war, habe ich "Les nourritures terrestres" von André Gide gelesen. Ich war total mit André Gide beschäftigt. "Les nourritures terrestres" sind eine Art von pseudophilosophischem Denken, und wenn man Teenager ist, mag man das gern. Bis ich im Gymnasium Philosophieunterricht gehabt habe und mein Lehrer gesagt hat, ja, André Gide ist ein schlechter Friedrich Nietzsche für Teenager. Das hat meine ganze Leidenschaft gebrochen.
Kultur zu definieren ist schwierig. Es geht um unsere geistlichen Referenzen, das geht darum, etwas zu entwickeln oder zu denken, das für uns als Bild, als Geschichte, als Klang immer bleiben wird. Das ist Kultur. Das ist diese geistige Unverrückbarkeit, vorher wusste man das nicht und dann hat man etwas entdeckt und sagt: Oh, mein Leben ist anders.
Die Leute heute machen Facebook und Youtube, diese sehr, sehr schwache Kultur ohne Referenz, alles ist cool und nicht gedacht. Ich bin noch jung, aber ich gehöre noch zu dieser Generation, wo, als ich 13 Jahre war, es im Fernsehen um acht Uhr noch klassische Musik gab und danach sprach jemand über Literatur. Das hat mich entwickelt. Ich komme aus einer Familie, die keine Kultur hatte, und ich habe meine musikalische Entwicklung auch durchs Radio gemacht, in Frankreich durch France Musique, durch diese Sendungen, die ich abends geheim hörte.
Man fühlt sich nicht mehr als Idiot, und man versteht die Welt und man denkt, o.k., man kann nicht wieder Zucker entdecken, man kann nicht alles wieder neu machen. Man braucht Kultur, um diese Referenzen zu haben."
Fabien Lévys neue Komposition heißt "Après tout" – am 21. Januar wird das Werk in Berlin uraufgeführt. Anlass ist das 50-jährige Jubiläum des Elysée-Vertrags zwischen Deutschland und Frankreich.
Link auf dradio.de: Übersicht zur Serie "Wozu brauchen Sie Kultur?"