Pöbelei in der Bücherei
Drogenverkauf, Sex auf der Toilette, sexistische Beleidigungen – die Neuköllner Zentralbibliothek hat mit Problemen zu kämpfen, die man hier nicht verorten würde. Die Mitarbeiter haben nun die zuständige Bezirksstadträtin um Hilfe ersucht.
Die Helene-Nathan-Bibliothek befindet sich in den obersten Stockwerken eines großen Einkaufszentrums in Neukölln. Über die Treppen ist der Eingang schwer zu finden. Fährt man mit dem Aufzug hoch, steigt man fast im Parkdeck aus.
Beim Betreten der Bibliothek bietet sich aber ein sehr einladendes Bild: ein großer, nicht zu vollgestellter Eingangsbereich mit angenehmem Licht. Eine breite Holztreppe führt ins obere Stockwerk. Die Bibliotheksleiterin Brigitte Lichtfeldt kommt die Treppe hinab. Und schon sind wir mitten im Thema.
"Da kommen schon vier. Das ist so eine Gruppe, die uns Freude machen kann." (lacht).
– "Was könnten die denn machen?"
"Tja, die könnten laut werden."
– "Was könnten die denn machen?"
"Tja, die könnten laut werden."
Vier Schüler, etwa 12 bis 14 Jahre, gehen mit ihren Schulrucksäcken durch die Regale in den hintersten Bereich zur Kinder- und Schulabteilung. Von dort hat man einen Panoramablick über die gesamte Stadt. An der Fensterfront sind alle Tische belegt. Mädchen und Jungen sitzen in Gruppen an ihren Hausaufgaben.
"Diese jungen Leute finden jetzt keinen Platz mehr hier. Und dann geht sofort die Diskussion los: Ey, warum können wir uns hier nicht zu viert hinsetzen? Warum geht das da vorne nicht usw.?"
Dadurch steigt der Lärmpegel, und das stört die anderen Bibliotheksbesucher, sagt Lichtfeldt. Aber das ist eins der kleineren Probleme, die in letzter Zeit hin und wieder auftraten.
Brandstiftung, Pöbeleien, Drogendepot
Lichtfeldt und ihre Kollegen haben eine ganze Reihe von Problemen aufgelistet und sie der zuständigen Bezirksstadträtin geschickt. Darin beschreiben sie Schwierigkeiten, die sie allein nicht bewältigen können: eine Brandstiftung, sexistische Beleidigungen und Pöbeleien der Mitarbeiterinnen, Rennen und Toben, Sex auf der Toilette. Auch kamen häufig Gruppen von jungen Männern, die nicht wie Bibliotheksbesucher aussahen, sagt Lichtfeldt. Erst nach einer Beratung durch die Polizei seien sie als Drogenverkäufer erkannt worden.
"Uns wurden dann einige Hinweise gegeben, auf die wir verstärkt reagiert haben und einfach unser Augenmerk schärfer auf diese Thematik gelegt haben. Und dann ist uns aufgefallen, dass wir offensichtlich hier zu einem guten Depotpunkt von Drogen geworden waren. Nachdem wir uns also dieser Sache bewusst waren und einschreiten konnten, ist es dann auch abgebaut worden."
Sicherheitsdienst für die Bibliothek
Auf den Hilferuf von Lichtfeldt und der 28 Mitarbeiter hat die zuständige Bildungsstadträtin Franziska Giffey von der SPD sofort reagiert. Denn sie will die moderne Bibliothek, die täglich von 2000 Menschen besucht wird, weiterhin als bürgerfreundliche Bildungseinrichtung erhalten, sagt sie. Nach einer Beratung mit ihren Bezirkskollegen gab Giffey gestern bekannt, dass die Bibliothek einen Sicherheitsdient bekommen wird.
Giffey: "Wir wollen die Bibliothek als Bildungsort haben. Und wir wollen auch, dass sie ein breites Angebot für alle Bevölkerungsgruppen dort bietet, vom Kind bis zum Senior. Aber das muss so ablaufen, dass dort ein normales Bibliotheksleben möglich ist. Und wir haben das seit längerer Zeit diese Problematik, haben versucht, das selbst in den Griff zu bekommen. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo die Kollegen einfach sagen, das geht so nicht mehr weiter."
Der Sicherheitsdienst wird ab März zunächst für eine Testphase von drei Monaten eingesetzt werden. Das Jugendamt soll zudem mit Straßensozialarbeitern nach alternativen Angeboten für Jugendliche in Nord-Neukölln suchen. Denn viele Jugendliche benutzen die Bibliothek als Treffpunkt, weil sie keine anderen Räume haben, sagt Giffey. Auch werde die Polizei im Rahmen ihres täglichen Rundgangs im Einkaufszentrum in der Bibliothek Präsenz zeigen.