"Neunerlei vom Adler"

    Von Catherine Newmark |
    Gebratene Adler, Schwäne, Kraniche oder Pfauen - im 16. Jahrhundert waren Wildvögel Teil der gehobenen Küche und verwöhnten die Gaumen der adeligen Gesellschaft.
    "Vom Adler sind neunerlei Speis zu machen"

    … schreibt Marx Rumpolt, Mundkoch des Kurfürsten von Mainz, in seinem "Neuen Kochbuch" von 1581 …

    "1. Nimm den Adler, rupf ihn nur in der mitten, lass die Federn am Kopf, Hals und Schwanz, brat ihn also ganz, wenn er gebraten ist, so setz ihn in eine Gallert, so ist er schön und zierlich.
    2. Wenn er gebraten ist, kann man ihn auch wohl warm geben auf den Tisch.
    3. Oder in eine Pasteten einmachen, dass man den Hals, Flügel und Schwanz darauf macht, dass man sieht, dass es ein Adler sei."

    So zubereitet sollten der Kurfürst und seine Tischgesellschaft den Adler genießen. In ähnlicher Weise den Strauß:

    "Wenn man will kochen einen Strauß, kannst Du ihn ganz braten, und kannst ihn aufrichten, dass er steht mit den Federn, so ist er gut zu essen, und ist ein herrlicher und ansehlicher Vogel für ein Schauessen."



    Prachtvoll anzusehen sind Rumpolt zufolge auch gebratene Schwäne, Kraniche und Pfauen.

    Den verwöhnten Gaumen will der kurfürstliche Mundkoch des 16. Jahrhunderts aber auch mit einer Vielzahl kleinerer Vögel erfreuen: Grünspechte, Amseln, Drosseln, Lerchen, Meerschwalben, Mauerschwalben, Widehopfe, Zaunkönige, Stare, Nachtigallen, Kuckkucke. Und kleine Schwalben:

    "Kleine Schwalben sind sonderlich gut zum Braten."

    Gut 300 Jahre später sind die Adler zwar aus den Kochbüchern verschwunden, aber auch um 1900 finden sich noch allerhand Wildvögel in der gehobenen Küche.

    Das "Illustrierten Kochbuch" von Johann Rottenhöfer, dem "ersten Mundkoch" des Königs Maximilian II. von Bayern, werden nicht nur Wachteln, Fasanen und Rebhühner, sondern auch Lerchen zubereitet:

    "Geröstete Lerchen.
    120g fein geschnittener Speck wird mit 2 Eßlösseln fein geschnittenen Schalotten geröstet, bis letztere anfangen gelb zu werden; dann gibt man 15 dressierte Lerchen, Salz und Pfeffer dazu, röstet diese 5 Minuten, gibt 3 Eßlöffel weißes Reibbrot darüber und röstet das Ganze weiter, bis das Reibbrot gelb und die Vögel fertig geworden sind. Das Ganze wird zusammen angerichtet."

    Auch für Schnepfen, Bekassinen oder Wacholderdrosseln finden sich bei Rottenhöfer noch viele raffinierte und komplizierte Rezepte, bei denen große Mengen von kleinen Vögeln im Kochtopf landen. Dem König von Bayern muss es offensichtlich gemundet haben.

    Links zum Thema:
    Da fliegen sie wieder!
    Vom 6.-12. Mai: Die große Vogelschau im Deutschlandradio Kultur