Die Geschäftsführerin der Plattform, Uta Mühleis, hat in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass ihre nebenberufliche Tätigkeit für die Firma Refresh stets von der Geschäftsführung der gemeinnützigen Stiftungsgesellschaft RESET getrennt gewesen sei und deren Unabhängigkeit nie berührt habe. Außerdem habe sie die in dem Bericht genannten Unternehmen nicht selbst betreut.
Greenwashing oder Herzensangelegenheit?
Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammenbringen: Das hat sich die Online-Plattform "Reset.org" auf die Fahnen geschrieben und präsentiert dazu auf ihrer Seite Links, Tipps und Informationstexte. Doch wie unabhängig sind solche Plattformen eigentlich?
"Das hier ist eine komplette Herzenangelegenheit", sagt Indra Jungblut. "Uns treibt vor allem der Sinn an, und wir sind dafür auch bereit, von weniger Geld zu leben. Unsere Mission ist einfach, den Klimaschutz voranzutreiben und soziale Gerechtigkeit voranzubringen."
Indra Jungblut leitet die Redaktion von "Reset", einer Online-Plattform, die sich selbst als Nichtregierungsorganisation bezeichnet. Das Ziel: Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammen bringen. Worin genau die Arbeit der Organisation besteht, ist auf den ersten Blick allerdings nicht ganz klar. Es gibt Links zu anderen Webseiten, Informationstexte und praktische Tipps. Jungblut erzählt, "dass wir mit Reset gleichzeitig auch Ecopreneure noch unterstützen, durch Expertise".
Aber auch Schüler fragen oft nach Tipps und Wissen. Reset sammelt alles, was mit Klimaschutz und Menschenrechten zu tun hat – oder auch nicht. Die Nutzung von Drohnen und Satelliten etwa findet positive Erwähnung. Ohne auf Probleme wie Weltraumschrott einzugehen.
"Also, das ist auch diese Idee des Lösungs-Journalismus oder des konstruktiven Journalismus."
"Konstruktiver" Journalismus will nicht alles schlechtreden
Zwischen 150.000 und 200.000 Klicks bekommt die Webseite monatlich. Im "konstruktiven" Journalismus will man nicht alles schlecht reden. Folgerichtig erteilt die Organisation auf ihrer Webseite "Handlungsempfehlungen". Da wird von der Nutzung "grüner" Suchmaschinen eher abgeraten. Am besten machen es, heißt es,
"diejenigen, die ganz 'normal' suchen, ab und an auch mal auf Werbung klicken und im besten Fall gelegentlich online shoppen. Für viele macht es daher Sinn, bei Google, Yahoo oder Bing zu bleiben und zum Ausgleich direkt an Umweltschutzprojekte spenden."
Konsum für die Umwelt, das scheint paradoxerweise der Tenor. Bei einem Blick auf die Tätigkeiten der Chefs von Reset erklärt sich das Konzept. Geschäftsführerin Uta Mühleis arbeitet neben Reset als Unternehmensberaterin von "Refresh". Demnach berät ihr Team Autobauer wie Volkswagen und Porsche, Supermarktketten wie Aldi und Edeka, aber auch Flughafen München oder Nespresso. Darauf angesprochen, wirken die Mitarbeiterinnen von Reset überrumpelt.
"Mmh… Also Uta hat vor vielen, vielen Jahren viel in diesem Bereich gemacht", sagt Indra Jungblut. "Aber das hat glaube ich nicht irgendwelche Autokonzerne... Die Idee war, Unternehmen Informationen zur Verfügung zu stellen: Wo kann ich eigentlich sinnvoll mein Geld hin spenden und Empfehlungen zu geben. Das heißt, das ist vielleicht die Schnittstelle, die aber über die Jahre auch… die gibt es in diesem Sinne nicht mehr. Also, Uta arbeitet nicht für irgendwelche Konzerne."
Lydia Skrabania ergänzt:
"Ich habe da schon länger nicht mehr mit ihr drüber gesprochen, muss ich zugeben. Aber meiner Meinung nach arbeitet sie schon sehr lange nicht mehr für Refresh. Hat es aber eine Weile gemacht."
Wie unabhängig ist die Geschäftsführung von Reset?
Tatsächlich ist die Chefin Uta Mühleis aber mit einem Foto prominent auf der Webseite der Unternehmensberatung. Und in der Berliner Redaktion von Reset nicht anzutreffen: Urlaub. "Auch, Bode Kräter, Mitbegründer und Beirat von Reset, ist abwesend."* Auch er ist Unternehmensberater, seine Firma "Skillnet" berät wiederum der Energierkonzern RWE, mehrere Deutsche Banken oder auch Microsoft Deutschland.
"Bodo ist ein langjähriger Freund von Uta. Jede NGO muss in irgendeiner Weise auch eine Finanzierung haben und damit hat sie sich an Bodo gewandt. Dadurch ist Bodo unser Hauptförderer", so Indra Jungblut. "Wir sind aber tatsächlich unabhängig und es gibt jetzt nichts, dass dann irgendwer irgendwo kommt uns sagt: Das könnte ihr aber so nicht machen."
Auch Lydia Skrabania betont: "Hinter uns steht einfach kein Unternehmen, insofern gibt es da auch nichts greenzuwashen."
Festhalten am Wachstumsfetischismus
"Zufall also, dass die Webseite über Microsoft-Veranstaltungen berichtet? Oder dass unter dem Schlagwort "Klimaschutz" von aufwendigen Techniken wie "CO2 aus der Luft filtern" die Rede ist?** Die beiden Redakteurinnen nennen es "konstruktiven Journalismus". Wie unabhängig sie tatsächlich von ihren geldgebenden Geschäftsführern sind, weiß Christian Russau, Vorstandsmitglied des Dachverbands der kritischen Aktionäre, zwar nicht. Der Aktivist hält den Ansatz so oder so für fraglich:
"Das Problem mit diesen Institutionen ist, dass sie weiterhin dem Gedanken eines Wachstumsfetischismus hinterherhinken", sagt er. "Die glauben, dass eine Green Economy Lösungen für die Klimakrise bringen würde. Und, wie die jungen Leute, also die von Fridays for Future, uns in der letzten Zeit mächtig den Spiegel vorhalten, geht es mehr um eine Systemfrage, die gestellt werden müsste. Und das tun diese Unternehmen, wenn sie weiterhin am Wachstumsgedanken festhalten, eindeutig nicht."
Ein zu negativer Ansatz für Reset und das, was die Nichtregierungsorganisation "konstruktiven Journalismus" nennt.
** Hier wurde eine Funktionsbezeichnung geändert.
** An dieser Stelle haben wir eine inhaltliche Korrektur vorgenommen.