DLRG-Präsidentin über das Bädersterben
Zu einer guten Schwimmausbildung gehört auch das Tauchen. © imago images/CHROMORANGE
Im Nichtschwimmerland "fallen viele Kinder durch den Rost"
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60 Prozent der Kinder können nach der Grundschule nicht sicher schwimmen. Denn immer öfter fällt der Unterricht aus, weil jedes Jahr 80 Lehrschwimmbäder für immer dicht gemacht werden. DLRG-Präsidentin Ute Vogt verlangt eine konzertierte Aktion.
Badewetter schon im Mai und viele in der Vorsaison noch unbewachte Badestellen haben die Zahl der Ertrunkenen in Deutschland steigen lassen. In den ersten sieben Monaten des Jahres seien mindestens 199 Menschen ertrunken, teilte die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG). Das ist ein Anstieg um 15 Tote im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
DLRG-Präsidentin Ute Vogt sagt, dass viele Leute, die ertrunken sind, ihre Fähigkeiten überschätzt hätten. Ihrer Einschätzung nach hat die Schwimmfähigkeit in Deutschland allgemein stark nachgelassen.
Schaut man sich die Statistik der Bäderschließungen genauer an, ist diese Entwicklung kein Wunder. In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Schwimmbäder, in denen Unterricht durchgeführt werden kann, nach DLRG-Angaben von 6700 auf 4700 zurückgegangen. Momentan werden pro Jahr 80 Bäder dicht gemacht. 60 Prozent der Schüler können nach der Grundschule nicht sicher schwimmen, weil der Unterricht einfach ausfällt.
Schwarze Löcher auf dem Land
Ute Vogt fordert von der Politik eine konzertierte Aktion: "Wir als DLRG hätten gerne, dass es einen runden Tisch gibt, bei dem auch wir als Schwimmverbände mit dabei sind und wir dann flächendeckend mal ´ne Planung auflegen und sagen: So sieht's in Deutschland aus. Hier sind die Bäder, in denen Ausbildung gemacht werden kann. Und wo sind die Schwarzen Löcher? Weil es nutzt mir ein Investitionsprojekt gar nichts, was dann einer Großstadt das vierte schöne Bad bringt, aber das auf dem Land gar nicht angenommen werden kann, weil die Kommunen gar nicht finanziell stark genug sind, um da zuzulangen."
Mit ihren 12.120 ehrenamtlichen Schwimmlehrerinnen und -lehrern könne die DLRG am Wochenende nicht alle Löcher stopfen und das ausgleichen, was in den Schulen durch Unterrichtsausfall versäumt werde, sagt Ute Vogt. Wie dramatisch die Entwicklung tatsächlich ist, zeigt die Entwicklung beim Seepferdchen-Abzeichen, dem wichtigen DLRG-Wassergewöhnungsprogramm.
Wurden in 2019 noch über 48.000 Seepferdchen vergeben, waren es 2020 - natürlich auch wegen Corona - nur noch 14.500. "Sie sehen an solchen Zahlen, dass ganz viele Kinder durch den Rost gefallen sind und wir erheblich was tun müssen, um hier wieder nachzuholen", sagt Ute Vogt.