50 Jahre "Pink Moon"

"Nick Drakes Musik ruhte in sich selbst"

05:37 Minuten
Albumcover mit einer gemalten Darstellung eines Mondes, eines Clowngesichtes, einer Tasse, eines grünen Blattes und einer Briefmarke mit einer Rakete und der amerikanische Flagge darauf.
Nick Drake wurde erst nach seinem frühen Tod bekannt: Der Titelsong des Albums „Pink Moon“ wurde in den 90er-Jahren durch eine Autowerbung populär. © Screenshot YouTube / Nick Drake – Thema / Place To Be vom 25.02.22
Von Goetz Steeger |
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Der Singer-Songwriter Nick Drake brachte nur drei Alben raus und starb mit 26 Jahren. Interessiert hat seine Musik zu Lebzeiten kaum jemanden. Der Erfolg kam erst postum. Vor 50 Jahren ist seine letzte Platte "Pink Moon" erschienen – ein Meisterwerk.
„Now we rise and we are everywhere“ – jetzt steigen wir empor und sind überall. Eine Zeile aus „From The Morning“, dem letzten Song auf "Pink Moon" und damit auch dem letzten Song, der von Nick Drake zumindest regulär je erschienen ist.

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Die Zeile findet sich auf seinem Grabstein in seinem Geburtsort Tanworth-in-Arden. Eine schön ausgesuchte Zeile, zumal dort mittlerweile auch seine Eltern liegen. Beide verstarben lange Zeit nach ihm.

Zerbrechlich und souverän zugleich

Auf den beiden Vorgängeralben gab es eine illustre Gästeliste, von John Cale bis zu Richard Thompson, dazu die legendären Streicherarrangements, bis heute im Pop ein Vorbild für feinsinnige und unaufgeblasene Instrumentierung. Bis auf ein Klavier-Overdub und hier und da ein paar Extra-Gitarrentöne ist auf "Pink Moon" nur der Sänger zur Gitarre zu hören, zart, zerbrechlich, dennoch souverän und in sich ruhend.

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Die Texte auf "Pink Moon" erzählen vom Ausgesperrt Sein, davon, nicht dazu zu gehören und malen mit romantischen, naturmystischen Bildern dunkle Vorahnungen an die Wand. Der Tonfall bleibt dabei stets lakonisch, der junge Mann, der hier singt, verzichtet auf jedes Drama, vielleicht war er dafür zu introvertiert oder hatte keine großen Gesten im Repertoire, jedenfalls macht es das Ganze umso eindringlicher.

Musikalisches Zwielicht

Auch musikalisch gibt es bei allem Wohlklang immer wieder eine Komponente, die das Zwielicht oder die dunkle Kehrseite zum Resonieren bringt, zum Beispiel hier bei den Akkorden von „Things Behind The Sun“.

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Es gibt vier Strophenharmonien, erst ein Moll-, danach ein naheliegender Dur-Griff, die „Things Behind the Sun“ findet man im dritten Akkord: ein Dur-Dreiklang auf den oberen drei Gitarrensaiten, dazu ein anderer Griff auf den unteren, beide zusammen angeschlagen erzeugen diese zwielichtige, zweifelnde Atmosphäre. Dann der vierte Griff, auch mit einem Vorhalt, der sich nur ab und zu auflöst. Das Ganze im erhabenen Gitarrenpicking von Nick Drake und mit einer Gesangslinie, die mit wenigen Tönen auskommt.

Populär durch eine Autowerbung

"Je mehr man über Nick Drakes Musik weiß, desto mehr wird einem klar, wie anspruchsvoll sie ist", sagt Joe Boyd. "Man kann sie immer wieder hören, weil sie so reich an Dingen ist, die niemand außer ihm machte."
Joe Boyd, Nick Drakes Mentor und Produzent der ersten beiden Alben, den ich vor einiger Zeit interviewte und der, auf Nick Drake angesprochen, sofort ins Schwärmen geriet. In seinem Buch "White Bicycles" schreibt er: "Nick Drakes Musik ruhte in sich selbst, sie versuchte nicht, die Aufmerksamkeit des Zuhörers zu erregen."
Das Zitat hat einen besonderen Beigeschmack, wenn man bedenkt, dass der Titelsong „Pink Moon“ in den 90er-Jahren einen Popularitätsschub bekam, weil er in einem VW-Werbespot eingesetzt wurde.

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Ein Schicksal, dass Nick Drake mit vielen Künstler*innen von Nina Simone bis The Clash verbindet, er allerdings konnte nicht mehr gefragt werden, sofern er überhaupt an den Songrechten beteiligt gewesen wäre. Verwertungslogik, die jeder Kunst ihre Autonomie und Freiheit nimmt – ein altes Lied, längst so gut wie selbstverständlich hingenommen.
Mir gefällt allerdings der Gedanke, dass wer durch den VW-Spot auf Nick Drake aufmerksam wurde, sich mit Sicherheit eher das Album und kein neues Auto gekauft hat.

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