Nico Fried ist seit 2007 Leiter der Parlamentsredaktion bei der "Süddeutschen Zeitung" in Berlin. Er studierte in München und Hamburg Politikwissenschaft, Staatsrecht sowie Neuere deutsche Literatur. Danach besuchte er die Deutsche Journalistenschule in München. Von 1996 bis 2000 war Fried für die "Berliner Zeitung" tätig, dann wechselte er ins Berliner Büro der "Süddeutschen Zeitung". Dort war Fried zunächst sieben Jahre lang als Redakteur für deutsche Außenpolitik zuständig.
"Die linke Mehrheit ist ein Wolkenkuckucksheim"
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Nach der Rückzugsankündigung von Linken-Fraktionschefin Wagenknecht träumen offenbar manche in der SPD von Rot-Rot-Grün. Nico Fried hält das für unrealistisch: "Man muss sich von dem Glauben verabschieden, dass es in Deutschland strukturell eine linke Mehrheit gibt."
Der Start war mühselig, aber heute wird sie ein Jahr alt: die Neuauflage der Großen Koalition, die die Spitzen von CDU, CSU und SPD am 12. März 2018 beschlossen hatten.
Dass die Groko bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 durchhält, ist für Nico Fried, Leiter der Parlamentsredaktion der "Süddeutschen Zeitung", keine ausgemachte Sache. Zumal ein Teil der SPD sich bis heute nicht damit abgefunden zu haben scheint, dass sich die Partei noch einmal auf eine Große Koalition eingelassen hat: "Dieser Streit schwelt ja ununterbrochen in der SPD weiter", sagte Fried im Deutschlandfunk Kultur: "Und zum Ende dieses Jahres, wenn diese berühmte Prüfklausel aus dem Koalitionsvertrag zieht, wo man nämlich prüfen will, wie weit ist man eigentlich bei der Hälfte gekommen, da wird das wieder aufbrechen."
"Stegner ist überinterpretiert worden"
Sollte die Koalition im Laufe dieses Jahres auseinandergehen, rechnet Fried damit, dass der entscheidende Impuls von der SPD ausgeht. Möglicherweise träumt auch der eine oder andere in der Partei nach dem angekündigten Rückzug von Linken-Fraktionschefin Wagenknecht bereits von Rot-Rot-Grün.
"Stegner ist, da muss man fair sein, ein bisschen überinterpretiert worden", so der SZ-Journalist mit Blick auf entsprechende Äußerungen des SPD-Vizevorsitzenden Ralf Stegner: "Er hat es sehr, sehr vorsichtig ausgedrückt. Er hat gesagt: Die Möglichkeit bestünde vielleicht, wenn Frau Wagenknecht nicht mehr da ist."
Zwar stünden Lafontaine und Wagenknecht für den Teil der Linken, der für die SPD politisch schwer als Koalitionspartner vorstellbar war, räumt Fried ein. Dennoch warnt er die Partei vor zu großen Hoffnungen:
"Man muss sich verabschieden von dem Glauben, dass es in Deutschland strukturell eine linke Mehrheit gibt, die nur nie gezogen hat", sagte er.
"Es gab sie rechnerisch 2013. Aber da gab es sie nur, weil vorher Peer Steinbrück Stein und Bein versprochen hatte, diese Option nie zu ziehen. Hätte er nämlich gesagt, vielleicht mache ich es doch, dann hätte die SPD noch schlechter abgeschnitten, als sie es eh getan hat. Jetzt im Moment, wenn wir auf die Zahlen gucken, ist die linke Mehrheit ein Wolkenkuckucksheim."
Von daher sei es "fast schon egal", ob Sahra Wagenknecht noch dabei sei oder nicht, sagte der Journalist.
(uko)