Nicolas Stemann über „Die Corona-Passion“

Die Krise verändert das Theater

12:36 Minuten
Der Co-Intendant am Zürcher Schauspielhaus, Nicolas Stemann.
Der Co-Intendant am Zürcher Schauspielhaus, Nicolas Stemann setzt sich im Buch "Corona-Passion" mit der Pandemie auseinander. © picture-alliance/Keystone/Gaetan Bally
Moderation: Susanne Burkhardt |
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Seine Erfahrungen mit der Pandemie hat der Co-Intendant des Schauspielhauses Zürich Nicolas Stemann zunächst in einer musikalischen Arbeit und in Kolumnen verarbeitet. Daraus ist jetzt das Buch „Die Corona-Passion“ entstanden.
Es gibt verschiedene Wege, mit der Pandemie umzugehen, die derzeit unser Leben lahmlegt. Der Co-Intendant des Schauspielhaus Zürich, Nicolas Stemann, hat sich den Virus vorgeknöpft und einen musikalischen Abend gestaltet – eine Corona-Passion. Außerdem hat er während des ersten Lockdowns Kolumnen ("Corona-Chronik") für die Neue Zürcher Zeitung geschrieben. Jetzt sind sie unter dem Titel "Corona-Passion" als kleines Bändchen erschienen. Darin enthalten sind Songtexte und Gedanken aus den ersten Wochen des Lockdowns im März, das Vorwort stammt von Sibylle Berg.

Polarisierung und Halbwissen

Aus heutiger Sicht muteten einige der Texte fast schon historisch an, sagt Stemann. "Es ist geradezu rührend, wie man im Sommer dachte, das sei alles schon vorbei." Bei den geschilderten Problemen allerdings seien wir allerdings keinen Schritt weitergekommen: "Thematisch hat das alles noch Bestand", so der Intendant. "Es gibt eine wahnsinnige Ungewissheit und auf der anderen Seite eine riesige Polarisierung aufgrund von Halbwissen." Von den Anfängen dieser Polarisierung berichtet Stemann in seinem Buch.
Seine "Passionsspiele" seien ein Versuch, etwas in einer "künstlerischen Sphäre zu verhandeln, was normalerweise nur in einer Sphäre der Sprechakte formuliert wird". Gleichzeitig wolle er mit Musik, Humor, Ironie und Spiel etwas entgegensetzen, gegen Polarisierung und Mangel an Nachsicht, wie sie vor allem in den sozialen Netzwerken zu finden seien, wo miteinander agiert werde ohne körperliche Nähe.

Positive Nebeneffekte

Auch wenn ein abschließendes Urteil für Stemann derzeit noch ausbleiben müsse, da die Krise längst nicht vorbei sei, so gebe es bereits ein paar positive Nebeneffekte für den Intendanten des Schauspiel Zürich: "Was im Stadttheater etwas ist, womit ich immer gekämpft hab, sind diese irren Planungsvorläufe", so Stemann. Plötzlich seien so etwas wie die "Corona-Passionsspiele" möglich – ungeplant und ohne Etat.
"Auf einmal entsteht so was aus dem Betrieb heraus und jeder trägt dazu bei", lobt der Intendant. Auf einmal gebe es eine neue Beweglichkeit. "Auf irgendeine Art schafft die Katastrophe auch eine neue Freiheit." Ein Satz, den Stemann aber nicht als Fazit stehen lassen will – denn gleichzeitig bleibt auch bei ihm die Angst, die Krise könnte die Theater nachhaltig beschädigen. Man müsse schauen, "dass man so eine Institution nicht zerstört, denn die hat etwas sehr Erhaltenswertes".

Nicolas Stemann: "Die Corona-Passion. Texte und Lieder aus dem Lockdown 2020"
Alexander Verlag Berlin 2020,
104 Seiten, 15 Euro

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