Eine waschechte "Soul-Lady" in Finnland
Die Soul Investigators aus dem finnischen Matinkylä haben sich den Ruf einer tadellos groovenden Funk-Band erspielt - mit international hohem Ansehen. Für das neue Album "Happiness in Every Style" gibt die New Yorkerin Nicole Willis mit ihrer Stimme die nötige Authentizität.
"Ich bin wegen meiner Familie nach Finnland gezogen. Mein Partner und ich haben vorher in Spanien gelebt. Wir hatten da ein wunderschönes Apartment am Strand, mit Gemüse im Garten. Aber es gab für uns keine Arbeit. Mein Mann ist Finne und wir sind dann wegen seiner Projekte, den Soul Investigators und der Ausbildung meiner Kinder umgezogen."
Man könnte sie für eine verschollene Soul-Diva aus den frühen Siebzigerjahren halten, aus der großen Zeit von Bands wie den Temptations oder Sly and the Famliy Stone. Aber Nicole Willis ist mit ihren 51 Jahren nicht nur zu jung, um eine Soul-Dame aus den "Seventies" zu sein - sie hat auch mit vielen Bands aus dem Pop-Bereich zusammengearbeitet: Dee Lite oder The The.
Seit etwa 15 Jahren wohnt die Sängerin mit ihrem Mann, dem finnischen Saxofonisten Jimi Tenor in Helsinki. Im Gespräch hat man das Gefühl, es mit einer echten Weltbürgerin zu tun zu haben - ohne Vorurteile und musikalisches Spartendenken.
"Europa wird immer kleiner. Ich konzentriere mich nicht so sehr auf das Lokale, sondern auf mich selbst. Klar gibt es hier in Helsinki viel gute Musik zu entdecken, aber ich werde in zwei Monaten 52 Jahre alt - ich interessiere mich nicht mehr für einzelne Musikszenen."
Nicole Willis begann ihre Karriere in den späten Achtzigerjahren im Umfeld der Londoner Gruppe Brand New Heavies. Mit ihrer Band Repercussions veröffentlichte sie ein Album beim Majorlabel Warner, arbeitete mit bekannten Künstlern wie Curtis Mayfield und Leftfield zusammen - das Musikmachen hat sie aber trotzdem ganz autodidaktisch gelernt.
"Ich bin sozusagen ein 'self made musician'. Ich habe mir alles selber beigebracht, in dem ich als Kind und Teenager zu meinen Lieblingsplatten gesungen habe. Ich würde mich jetzt nicht als Expertin in Sachen Soul bezeichnen. Es ist einfach ein Stil, den ich mag. Und meine musikalischen Fähigkeiten funktionieren gut in diesem Genre."
"Songs in nur zwei Wochen aufgenommen"
Seit zehn Jahren spielt Nicole Willis mit den Soul Investigators zusammen - zwei Alben haben die neun Finnen und die Sängerin aus Brooklyn bislang aufgenommen. Die letzte Platte "A Tortured Soul" klang noch opulent - mit Streichern und düsteren Texten. "Happiness In Every Style" wirkt dagegen fröhlicher - was Willis auf die gute Stimmung im Studio zurückführt.
"Wir haben die Songs zu diesem Album in nur zwei Wochen aufgenommen. Es war eine sehr entspannte Atmosphäre. Alles war im Fluss. Der Albumtitel 'Happiness In Every Style' stammt aus meinem Lieblingssong 'Let's Communicate'. Darin heißt es: 'Füll deinen Geist mit Licht, mach dich frei - Glück in allen Formen, atme es ein'. Es ist ein Plädoyer für die zwischenmenschliche Kommunikation, und ich bin sehr stolz darauf, wie wir hier als Band zusammengespielt haben."
Das Schlagzeug rumpelt, die Bläser schmettern, dazu leiert die Wah Wah Gitarre. Nicole Willis und die Soul Investigators spielen Funk and Soul mit Elementen aus dem Psychedelic Rock der Siebziger: Rau und kantig, ungeschliffen und funky. In zwei Instrumental-Stücken räumt Willis ihren Mitmusikern komplett das Feld, ansonsten singt sie von Liebe, Beziehungen - und vom alltäglichen Rassismus, wie in "Paint Me In A Corner".
"Der Song handelt davon, Leute ihre eigenen Fehler machen und eigene Lektionen lernen zu lassen. Jede Minderheit hatte schon mal mit Vorurteilen zu kämpfen, jede Frau hat schon Diskriminierung erlebt. Ich als Afro-Amerikanerin - oder meinetwegen "Schwarze" - habe natürlich schon mit Anfeindungen zu tun gehabt. Es ist ziemlich unmöglich, dass eine Person mit schwarzer Hautfarbe noch keine Erfahrungen mit Rassismus hatte."
"Happiness In Every Style" von Nicole Willis und den Soul Investigators ist ein kleines, funkelndes Juwel im großen Meer des Retro Soul; ein "Edelstein in deiner Hand", wie die Soul-Legende Carole King auf der Rückseite der CD-Hülle schreibt. Der authentische Klang erinnert an Genre-Größen wie Sharon Jones oder Charles Bradley - und spätestens beim letzten Titel "Hot Sauce" hat man völlig vergessen, dass diese Band aus dem hohen kalten Norden Europas stammt.
Für Nicole Willis sind geografischen Grenzen und musikalische Schubladen sowieso zweitrangig. Sie bleibt ganz "Frau von Welt", und konzentriert sich lieber auf die wesentlichen Dinge.
"Ich versuche einfach, ehrlich zu mir selbst zu sein. Gutes Essen, meine Familie, mein Hund. Das ist mir wichtig. Ich kümmere mich nicht darum was um mich herum, oder in der sogenannten 'Soul-Szene' passiert. Wenn ich jetzt anfangen würde, mich mit den ganzen jungen Musikern da draußen zu beschäftigen, würde mich das völlig befangen machen. Ich wäre dann nicht mehr frei. Und das will ich nun wirklich nicht!"