Nie wieder "im blöden NS-Stil" malen
International anerkannt und heftig umstritten - gerade auch in seiner Heimatstadt Wien, das ist der Maler Arnulf Rainer. Unfähig, ein Bild als fertig zu akzeptieren, sucht Rainer nach dem Absoluten - und übermalte alles: eigene Bilder, aber auch billig ersteigerte Kunstwerke.
Lieblich ist der Blick auf die Weinberge des südlichen Wienerwalds. Hier, in Gainfarn bei Bad Vöslau, bezog der Maler Arnulf Rainer als 24-Jähriger die verlassene Villa seiner Eltern; aber das hübsche spätbiedermeierliche Haus ließ er unmöbliert und das vielbesungene Idyll vor der Tür künstlerisch unbeachtet:
"Wenn es einem gefällt, kann man es ja fotografieren."
Arnulf Rainer, geboren am 8. Dezember 1929, opponierte schon als junger Mensch so heftig gegen landläufige Kunstauffassungen, dass er mehrfach zum Schulabbrecher wurde. Die NS-Eliteschule Napola in Traiskirchen verließ er, weil er nicht nach der Natur zeichnen wollte. Danach die Baufachschule: verleidete ihm komplett das geplante Architekturstudium, immerhin hielt er hier bis zum Abitur durch. Die Wiener Akademie für Angewandte Kunst betrat er nur einmal, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen und nach einem Disput mit einem Assistenten umgehend wieder zu verlassen. Die Akademie der Bildenden Künste hielt ihn immerhin drei Tage lang. Das war 1949.
Ein Jahr zuvor hatte Rainer zum ersten Mal Bilder von Francis Bacon gesehen und beschlossen, nie wieder im - wie er später sagte - "blöden NS-Stil" zu malen. Er hatte sich mit dem Surrealismus beschäftigt, er mischte mit in der aufbrechenden Wiener Kunstszene, tat sich mit den fantastischen Realisten zusammen, Ernst Fuchs, Arik Brauer, sagte sich von den einen los, machte mit den anderen eine neue Gruppe auf. Bei der einzigen Ausstellung dieser sogenannten "Hundsgruppe" war der Teufel los. Im Katalog des kürzlich neu eröffneten Arnulf-Rainer-Museums wird daran erinnert:
"Rainer, der sich damals 'TRRR' nennt - was an das Knurren eines Hundes erinnern sollte -, startet voller Enttäuschung über die Eröffnungsrede von Ernst Fuchs eine spontane Publikumsbeschimpfung. Er steigt auf eine Leiter und schreit: 'Ich spucke auf Euch. Ihr mit Eurer verrotteten Kunstauffassung.' Damit beginnt offiziell der Tachismus in Wien."
1954 beschritt Arnulf Rainer den Weg zum "Übermaler". Ausgehend von seinen Proportionsstudien, in denen er Farbe und Fläche in immer neuen Varianten verschob, begann er damit, Gemaltes zu übermalen, etwa vom Zentrum des Bildes mit schwarzen Strichen zu den Rändern hin, bis alles schwarz war.
"Ich habe da zum Teil also ganz übermalt, nicht, dass nichts mehr sichtbar war, das heißt, ich habe einfach nicht genügend früh aufgehört, jetzt hör ich früher auf."
Sodass ein Streifen kühnen Rots stehen bleibt etwa, in einer Bildecke; oder ein fotografiertes Gesicht, eingerahmt von feuerroten fedrigen Farbbüscheln. Unfähig, ein Bild als fertig zu akzeptieren, suchte Rainer nach dem Absoluten – und übermalte alles: Eigene Bilder, aber auch billig ersteigerte Kunstwerke, die nicht so teuer wie reine Leinwand waren. Er übermalte auch, wieder so ein Aufmerksamkeitscoup, bei einer Ausstellungseröffnung in Wolfsburg 1961 das preisgekrönte Werk einer jungen Grafikerin. Das hatte gerichtliche Folgen, aber die Attacke wurde ihm verziehen, sogar von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung":
"Rainer ist trotz solcher postinfantilen Bubenstücke zu den stärksten Wiener Künstlern zu rechnen."
Unterstützt wurde Arnulf Rainer von einem bekannten Förderer aus Kirchenkreisen, Monsignore Mauer, dessen Galerie nächst St. Stephan in der Wiener Innenstadt die Avantgarde beherbergte. Zufällig gehörte zu Rainers großen Motivkreisen auch das Kreuz; aber Monsignore Mauer war nicht so einer, er sah mehr, er sah einen ganz auf seine Subjektivität konzentrierten Künstler, der versuchte, ...
" ... in den Bereich des Einen und Notwendigen vorzustoßen, das am Grund aller Ereignisse, auch der psychischen, liegt."
Arnulf Rainer ging seinen Weg unbeirrbar. Malte unter Drogen, befasste sich mit dem Werk Geisteskranker, widmete sich langen Serien von Motiven: Füße, Hände, Gesichter, Grimassen, Tiere. Wurde international bekannt, wenngleich nicht von allen geschätzt. Sätze wie:
/"Rainer, tu uns nicht verarschen! Du machst keine Kunst! Überhaupt keine."
Sieht man auch heute noch in Leserkommentaren österreichischer Zeitungen. Der Jubilar, dem jetzt ein eigenes Museum in seinem Geburtsort Baden bei Wien gewidmet wurde, wird darüber hinwegsehen mit der Milde des Alters, die heute an die Stelle der Feuerköpfigkeit von einst getreten ist:
"Alt muss mer werden, sonst kommt mer nicht durch."
"Wenn es einem gefällt, kann man es ja fotografieren."
Arnulf Rainer, geboren am 8. Dezember 1929, opponierte schon als junger Mensch so heftig gegen landläufige Kunstauffassungen, dass er mehrfach zum Schulabbrecher wurde. Die NS-Eliteschule Napola in Traiskirchen verließ er, weil er nicht nach der Natur zeichnen wollte. Danach die Baufachschule: verleidete ihm komplett das geplante Architekturstudium, immerhin hielt er hier bis zum Abitur durch. Die Wiener Akademie für Angewandte Kunst betrat er nur einmal, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen und nach einem Disput mit einem Assistenten umgehend wieder zu verlassen. Die Akademie der Bildenden Künste hielt ihn immerhin drei Tage lang. Das war 1949.
Ein Jahr zuvor hatte Rainer zum ersten Mal Bilder von Francis Bacon gesehen und beschlossen, nie wieder im - wie er später sagte - "blöden NS-Stil" zu malen. Er hatte sich mit dem Surrealismus beschäftigt, er mischte mit in der aufbrechenden Wiener Kunstszene, tat sich mit den fantastischen Realisten zusammen, Ernst Fuchs, Arik Brauer, sagte sich von den einen los, machte mit den anderen eine neue Gruppe auf. Bei der einzigen Ausstellung dieser sogenannten "Hundsgruppe" war der Teufel los. Im Katalog des kürzlich neu eröffneten Arnulf-Rainer-Museums wird daran erinnert:
"Rainer, der sich damals 'TRRR' nennt - was an das Knurren eines Hundes erinnern sollte -, startet voller Enttäuschung über die Eröffnungsrede von Ernst Fuchs eine spontane Publikumsbeschimpfung. Er steigt auf eine Leiter und schreit: 'Ich spucke auf Euch. Ihr mit Eurer verrotteten Kunstauffassung.' Damit beginnt offiziell der Tachismus in Wien."
1954 beschritt Arnulf Rainer den Weg zum "Übermaler". Ausgehend von seinen Proportionsstudien, in denen er Farbe und Fläche in immer neuen Varianten verschob, begann er damit, Gemaltes zu übermalen, etwa vom Zentrum des Bildes mit schwarzen Strichen zu den Rändern hin, bis alles schwarz war.
"Ich habe da zum Teil also ganz übermalt, nicht, dass nichts mehr sichtbar war, das heißt, ich habe einfach nicht genügend früh aufgehört, jetzt hör ich früher auf."
Sodass ein Streifen kühnen Rots stehen bleibt etwa, in einer Bildecke; oder ein fotografiertes Gesicht, eingerahmt von feuerroten fedrigen Farbbüscheln. Unfähig, ein Bild als fertig zu akzeptieren, suchte Rainer nach dem Absoluten – und übermalte alles: Eigene Bilder, aber auch billig ersteigerte Kunstwerke, die nicht so teuer wie reine Leinwand waren. Er übermalte auch, wieder so ein Aufmerksamkeitscoup, bei einer Ausstellungseröffnung in Wolfsburg 1961 das preisgekrönte Werk einer jungen Grafikerin. Das hatte gerichtliche Folgen, aber die Attacke wurde ihm verziehen, sogar von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung":
"Rainer ist trotz solcher postinfantilen Bubenstücke zu den stärksten Wiener Künstlern zu rechnen."
Unterstützt wurde Arnulf Rainer von einem bekannten Förderer aus Kirchenkreisen, Monsignore Mauer, dessen Galerie nächst St. Stephan in der Wiener Innenstadt die Avantgarde beherbergte. Zufällig gehörte zu Rainers großen Motivkreisen auch das Kreuz; aber Monsignore Mauer war nicht so einer, er sah mehr, er sah einen ganz auf seine Subjektivität konzentrierten Künstler, der versuchte, ...
" ... in den Bereich des Einen und Notwendigen vorzustoßen, das am Grund aller Ereignisse, auch der psychischen, liegt."
Arnulf Rainer ging seinen Weg unbeirrbar. Malte unter Drogen, befasste sich mit dem Werk Geisteskranker, widmete sich langen Serien von Motiven: Füße, Hände, Gesichter, Grimassen, Tiere. Wurde international bekannt, wenngleich nicht von allen geschätzt. Sätze wie:
/"Rainer, tu uns nicht verarschen! Du machst keine Kunst! Überhaupt keine."
Sieht man auch heute noch in Leserkommentaren österreichischer Zeitungen. Der Jubilar, dem jetzt ein eigenes Museum in seinem Geburtsort Baden bei Wien gewidmet wurde, wird darüber hinwegsehen mit der Milde des Alters, die heute an die Stelle der Feuerköpfigkeit von einst getreten ist:
"Alt muss mer werden, sonst kommt mer nicht durch."