Containerschiff-Fans im Glück
Wer am Cuxhavener "Stellplatz Fährhafen" Urlaub macht, ist nicht auf Schwimmen oder Sonnenbaden aus. Er ist auf der Jagd nach Container-Schiffen, den "dicken Pötte", die man hier aus nächster Nähe beobachten kann. Das kann einen ganzen Urlaub ausfüllen.
"Moin!"
"Ich hätte gern ein Kinder-Spaghettieis."
Im Sommer steht Toni, der Eisverkäufer, täglich für ein paar Stunden auf dem Stellplatz Fährhafen. Die Rentnerin aus Westfalen kennt er schon. Jedes Mal, bevor sie zum Strand geht, kauft sie ihm ein kleines Spaghettieis ab. Ihr Wohnmobil hat sie am rechten Rand der Betonfläche geparkt, etwas abseits. Von dort aus kann sie den Segelhafen sehen. Mit dem Blick aufs Meer hat es nicht geklappt, da waren andere schneller.
Stefanie Heppelmann: "Das ist in Ordnung. Und in der Nacht mache ich meine Augen zu. Also da ist es egal, wo ich stehe."
Die anderen, Schnelleren, sieht der Eisverkäufer seltener. Sie stehen mit ihren Wohnmobilen direkt am Wasser. In der ersten Reihe, von wo aus man die dicken Pötte am besten sehen kann. Rund 30 Fahrzeuge drängeln sich hier aneinander.
"Dankeschön!"
"Ja, Dankeschön!"
Da sind zum Beispiel Bernd und Gisela Stickelbroeck. Die beiden verbringen die meiste Zeit in der Nähe ihres Wohnmobils. In bequemen, blauen Klappstühlen sitzen sie vor ihrem Luxusgefährt und blicken aufs Wasser. Vor zwei Wochen sind sie angekommen, und schon nach einem halben Tag wurde ein Platz in der ersten Reihe frei. Da sind sie schnell vorgerückt. Die großen Containerschiffe und Kreuzfahrtriesen fahren nur ein paar hundert Meter entfernt an ihnen vorbei.
"So einen Blick gibt es nicht noch mal"
Bernd Stickelbroeck: "Wenn man so einen Ausblick hat – das gibt es nirgendwo. Weder irgendwo anders an der Nordsee oder irgendwo an der Elbe, so einen Blick gibt es nicht noch mal. Und dann sitzt man hier draußen. Da kommt gleich ein Container da hinten, der ist 347 Meter lang und hat einen Tiefgang von 13,7 Meter. Also die Elbe muss gar nicht mehr ausgebaggert werden. Es kommen schon große Schiffe hier durch."
Gisela Stickelbroeck: "Man sitzt an der frischen Luft. Man sieht die Schiffe, mal groß, mal klein. Man kann einfach frische Luft tanken. Es ist ganz anders, als wenn man jetzt zu Hause in der Wohnung oder auf dem Balkon sitzt. Ich weiß gar nicht, wie man das sonst beschreiben soll."
Wenn Gisela Stickelbroeck nach links schaut, sieht sie den Rettungskreuzer "Hermann Helms" im Hafen liegen. Vor ihr tut sich die Nordsee auf, und die Elbmündung hat sie ebenfalls im Blick. Es gibt keinen besseren Ort als diesen Stellplatz, um die Schiffe zu beobachten, die vom Fluss ins Meer fahren oder umgekehrt. Am liebsten würden die beiden gar nicht mehr weg aus Cuxhaven; dieses Jahr sind sie schon zum vierten Mal hier.
Lieber auf dem Stellplatz als auf dem Kreuzfahrtschiff
Gisela Stickelbroeck: "Eigentlich wollte er dieses Jahr ganz woanders hin gewesen sein. Wollte nämlich nach Frankreich hin. Aber da ist das Wetter ja jetzt auch nicht ganz so gut. Besser hier. Wir haben's mal wieder gut getroffen mit dem Wetter."
Früher hatten die beiden einen Pannen- und Abschleppdienst; die Leidenschaft für die Schiffe ist einfach aus Interesse entstanden. Eine Kreuzfahrt haben sie auch schon mal mitgemacht, aber hier, auf dem Stellplatz, gefällt es ihnen auf Dauer doch besser. 13 Euro zahlen sie pro Tag. Das ist preiswert, das Fahrzeug war dafür umso teuer. 140.000 Euro hat es gekostet – Bernd Stickelbroecks ganzer Stolz.
"Hier ist ne Dusche, wie zu Hause. Die kann ich zumachen. Toilettenraum. Und wenn einer schlafen will, abends, eher, dann geht er ins Bett und macht die Tür zu. Der andere kann da vorne weitermachen, Fernsehen gucken, ne. Eingebaute Kaffeemaschine, großer Kühlschrank. Wir haben alles mit."
Das Allerwichtigste für die Zeit in Cuxhaven ist auf einem kleinen Tischchen hinter der Windschutzscheibe aufgebaut. Bernd Stickelbroecks Laptop mit mobilem Internetzugang steht immer bereit. Nicht einmal nachts packt er ihn weg, damit er die Schiffe, die draußen vorbeifahren, ständig unter Kontrolle hat – so wie jetzt gerade.
Die Computermouse in der rechten Hand klickt sich der Rentner durch ein Dutzend bunter Pfeile auf dem Bildschirm.
"Es gibt ein Programm im Internet. Das heißt marine traffic, und der zeigt die Schiffe in Echtzeit an. Das Erste ist jetzt hier die 'Estraden', die grüne, die 'Clementine' dahinter, und er zeigt mir das an. Das ist jetzt der Funkverkehr, der hier ist. Und das ist jetzt hier der Container, der noch hier hinten draußen ist. Und dann kann man hier anklicken: 347 Meter lang, 44 Meter breit und 13,7 Meter Tiefgang."
"Es wird nie langweilig"
Der Funkscanner ist immer auf Empfang geschaltet in Stickelbroecks Wohnmobil. Sobald der kleine schwarze Kasten, der einem Autoradio ähnelt, Funkverkehr zwischen Schiffen und Hafen entdeckt, hört der Rentner mit. Einen besseren Urlaub kann er sich nicht vorstellen:
"Wenn man auf einem anderen Reisemobilplatz ist, dann guckt man: Zwei Meter weiter ist ne Hecke, dann ist wieder ne Straße, andere Seite ist wieder ne Hecke. Und hier kann ich auch mal bei schlechtem Wetter stehen. Und die Schiffe kommen auch bei schlechtem Wetter. Macht man hin und wieder mal den Scheibenwischer an, wenn die Scheibe nass ist. Oder man geht raus und putzt sie. Das ist das Interessante. Es wird nie langweilig."
Eine dritte Woche wollen die Stickelbroecks auf jeden Fall noch bleiben. Und heute Abend haben sie auch schon etwas vor. Da soll ein großes Kreuzfahrtschiff vorbeikommen. Wenn sowas passiert, lassen die beiden Wohnmobilisten das Abendessen im Restaurant ausfallen. Die Stickelbroecks haben noch Eintopf im Kühlschrank, den sie schnell aufwärmen können. So bleibt mehr Zeit zum Pötte gucken.