Niedersachsen vor der Wahl
Aus Sorge um die bedrohte Kultur in Niedersachsen gingen in diesem Jahr Beschäftigte der Theater und aus der freien Szene zu Protesten auf die Straße. © picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte
Kaum noch Geld für die Kultur
08:28 Minuten
In Niedersachsen findet die Kultur in der Politik nicht genug Unterstützung. Deshalb gab es Proteste und viele Kulturleute hoffen darauf, dass sich die schwierige Lage nach der Wahl am Sonntag wieder verbessert. Aber auch das Publikum bleibt oft weg.
Vor der Landtagswahl in Niedersachsen am Sonntag richten sich viele Hoffnungen darauf, dass die Kulturszene unter einer neuen Regierung mehr Unterstützung bekommt. Denn die Theater wüssten derzeit nicht, wie sie weiterarbeiten sollen, ohne am Programm zu sparen oder Leute rauszuschmeißen, sagt die Schauspielerin Alrun Hofert vom Schauspiel Hannover, die sich in der Initiative "Rette Dein Theater" engagiert. Im letzten Haushalt sei die Kultur kaum berücksichtigt worden.
Existenzangst am Theater
Schauspielerinnen und Schauspieler hätten extreme Existenzangst, so Hofert. In den Häusern wisse man wegen der Geldnot nicht, ob Sparten geschlossen oder Theaterproduktionen abgesagt werden müssten. "Das gilt eben für die ganze Kulturlandschaft, nicht nur für die festen Institutionen, sondern auch für die freien Künstler." Alle hätten Angst, wie es weitergeht.
Hofert erinnert daran, dass es vorher strenge Corona-Auflagen gegeben habe. "Wir wurden von der Politik da ziemlich im Stich gelassen." Dabei hätten ihnen einige Politiker immer zugesichert, Geld für die Kultur geben zu wollen. "Ohne einen Nachtragshaushalt nach dieser Wahl wissen wir nicht, wie es weitergeht."
Der Rockmusiker und Schriftsteller Heinz-Rudolf Kunze stimmt da völlig zu. "Wir sind ja wirklich frei, uns hilft keiner", sagt er über die Musikerszene und die Coronazeit. "Wir haben ganz viele Kollegen verloren, die beruflich umsatteln mussten." Das sei vor allem in technischen Berufen geschehen, beispielsweise die Gitarrentechniker oder die Rowdies, die bei Touren die Technik organisieren. "Die Hälfte von denen ist verschwunden und arbeitet jetzt bei Security-Firmen oder sonst wo, weil die einfach nicht mehr warten konnten."
Er habe Musiker in seiner Band, die hätten vor drei Jahren noch als Begleitmusiker mit den größten deutschen Stars in Arenen und Fußballstadien gespielt. "Die arbeiten jetzt an der Tankstelle." Immer mehr hielten es nicht durch, den Musikerberuf noch auszuüben.
Das Publikum bleibt weg
Im dritten Coronajahr könne er zwar wieder landauf, landab spielen, aber jeder Veranstalter sage ihm, dass die Freude schon groß sei, wenn es gelinge, den Raum nur zu Zweidritteln zu füllen – ganz unabhängig von der Größe des Saals. "Meistens ist es die Hälfte oder weniger", so Kunze.
"Das heißt, es gibt keine ausverkauften Shows mehr in Deutschland." Er wisse nicht, wie lange das für die Branche noch erträglich sei. Es habe nur kleine Finanzspritzen gegeben, die aber nicht ausgereicht hätten.
Im Publikum hätten viele Leute wegen Corona immer noch Angst und trauten sich immer noch nicht in größere Menschengruppen, so Kunze. Außerdem hätten die Leute kein Geld mehr und Angst vor dem kommenden Winter. Bei der Kultur werde dann immer zuerst gespart. "Das ist verständlich irgendwo, wenn auch tragisch für uns", so der Künstler. "Erst mal muss gegessen und geschlafen werden und dann kommt Kultur."
(gem)
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