Nikolai Rimskij-Korsakows "Scheherazade"

Wo liegt der Orient?

Der russische Komponist Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844 - 1908) in einer zeitgenössischen Darstellung
Der russische Komponist Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844 - 1908) in einer zeitgenössischen Darstellung © picture-alliance / dpa
Moderation: Jan Brachmann |
Drei Dinge haben Nikolai Rimski-Korsakow ein Leben lang beschäftigt: das Meer, das Volkslied und der Orient. So schrieb jedenfalls der Sohn des russischen Komponisten, Andrej Rimski-Korsakow, über seinen Vater. Die große Orchester-Fantasie "Scheherazade" op. 35, entstanden im Sommer 1888, bringt alle drei Dinge zusammen.
Sie schweift durch die Märchen aus "Aus tausendundeiner Nacht", schildert gleich im ersten der vier Sätze, wie das Schiff von Sindbad, dem Seefahrer, aufs Meer hinausfährt. Und sie ist durchwirkt von Folklore. Doch wo liegt dieser Orient? Auf welchem Meer segelt der Musiker Rimski-Korsakow? Welchen Völkern hat er die Lieder, Tänze und typischen Instrumentalfarben entlehnt?

Jan Brachmann geht den Spuren nach, die die sinfonische Dichtung "Tamara" von Rimski-Korsakows Mentor Mili Balakirew in "Scheherazade" hinterlassen hat. Sie führen uns in den Kaukasus und den südöstlichen Schwarzmeerraum. Wie sich in der literarischen Vorlage indische, persische und arabische Einflüsse mischen, so finden sich auch in der Musik Formen und Klänge, die in Persien, Armenien, Georgien und Tschetschenien beheimatet waren – Landstriche, die sich das russische Imperium nach und nach einverleibte.

Scheherazade ist in den Märchen "Aus tausendundeiner Nacht" der Name einer jungen Frau, die ihrer angedrohten Hinrichtung durch ihren Ehemann, den Sultan Schahriar, entgeht, indem sie ihm spannende Geschichten erzählt. Rimski-Korsakow greift diese Rahmenhandlung musikalisch auf. Im Spiel der Motive zeigt sich, wie Scheherazade ihre Figuren erfindet und den grausamen Sultan zähmt.

Zugleich ist "Scheherazade" ein Paradestück für Orchester, ein Schaulaufen virtuoser Solisten. In der Sendung reicht das Spektrum der Aufnahmen von Pierre Monteux, der als Dirigent der Ballets Russes im Paris des Jahres 1910 die Ballettfassung des Stücks in der Choreographie von Michel Fokine aufgeführt hatte, bis zu Jos van Immerseel, der auf historischen Instrumenten mit dem Orchester Anima Eterna vorgibt, dem "Originalklang" auf der Spur zu sein.
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