Nina Achminow: Gott – glaube ich. Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück.
Herder Verlag, Freiburg 2016
175 Seiten, 19,99 Euro
Wie eine Frau zurück in die katholische Kirche findet
Nina Achminow trat vor rund 16 Jahren aus der katholischen Kirche aus, auch wegen der Rolle der Frau. In ihrem Buch "Gott – glaube ich. Mein Weg raus aus der Kirche und wieder zurück" beschreibt sie, warum sie wieder eingetreten ist - und entspannter mit den Schattenseiten umgeht.
Ein Sonntag in Sankt Norbert in Berlin-Schöneberg. Nina Achminow steht inmitten der Gläubigen und bekennt sich zu Gott und zur katholischen Kirche, der Kirche, die sie zwischenzeitlich so unerträglich fand, dass sie ihr 13 Jahre lang den Rücken gekehrt hat.
"Der Glaube ist immer geblieben, einschließlich des Zweifels. Was mich gestört hat, ist die Institution Rom und das Gefühl, dass da einiges erstarrt und versteinert und dass ich da eh nichts zu sagen habe."
Achminow ist Jahrgang 1963, Tochter eines atheistisch erzogenen Russen und einer katholischen Niederländerin. Sie wächst in München auf, studiert Theaterwissenschaften und arbeitet später als Theaterinspizientin und Publizistin. Was sie über ihren Glaubensweg erzählt, dürfte typisch sein für viele ihrer Generation: Als Kind geht Achminow regelmäßig in die Kirche, feiert Kommunion und wird Ministrantin. Nach dem Abitur beginnt der Kontakt zur Kirche zu bröckeln, mit dem Umzug nach Berlin kommt es 1999 schließlich zum vollständigen Bruch.
"Der Papst wurde alt und älter, und was ich von dem hörte fand ich zunehmend unerträglich, grad' auch im Bezug auf Frauen. Und irgendwann bin ich zu meiner eigenen Überraschung ins Amtsgericht marschiert und hab meinen Austritt erklärt und festgestellt, dass mich dieser Schritt erleichtert."
Statt Kirchensteuern zu zahlen, spendet sie fortan für soziale und kirchliche Projekte. Bis sie ein Kind bekommt:
"Ich wurde Mutter und dann hatte ich ein Problem. Weil einerseits war das für mich nie außer Zweifel, dass ich meinem Kind die Tür aufhalten möchte zu diesem Glauben. Und ich kann das nicht von außen. Ich kann nicht meinem Kind sagen: Das da drüben sind übrigens Christen und die glauben, und wenn du groß bist, kannst du dir überlegen, ob du das auch gut findest."
Wider Erwarten findet Achminow einen Pfarrer, der ihre Tochter tauft. Sie schreibt:
"Der Priester, der mein Kind getauft hat, ohne von mir den Wiedereintritt zu fordern, hat dem Kind die Tür geöffnet, durch die dann ich, mein Kind begleitend, zurückgefunden habe."
Denn in der neuen Rolle als Mutter sehnt sich Achminow nach der spirituellen Gemeinschaft der katholischen Kirche, nach dem gemeinsamen Gebet, der Kommunion.
"Religion ist ja auch eine kulturelle Tradition. Es ist ja wie eine Sprache, in der man aufwächst, in der man sich verständigen kann. Der katholische Glaube ist für mich meine spirituelle Muttersprache."
Ohne Schaum vor dem Mund Kritik üben
Im ihrem Buch schildert Achminow, wie sie mithilfe dieser Sprache in die Kirche zurückfindet. Sie erzählt von den nächtelangen Diskussionen mit Atheisten und orthodoxen Katholiken im Internet, von den intensiven Gesprächen mit einem jesuitischen Pater, der sie auf dem Rückweg in die Kirche spirituell begleitet. Achminow schreibt über Sünde und Vergebung, Hölle und Auferstehung, Amts- und Abendmahlsverständnis. Das alles in leicht verständlicher Sprache, ohne theologische oder philosophische Überfrachtung, teils polemisch, teils suchend, immer sehr persönlich:
"Nicht ich selbst bin es, die mich erlöst. Und ich bin nicht die erste, die so weit denkt. Andere haben vor denselben Fragen gestanden und haben die Wege beschrieben, die sie gegangen sind, um ihre Antworten zu finden. Es ist die Kirche, die viele dieser Wegbeschreibungen bewahrt und überliefert hat, und es liegt an mir, ob ich sie suche und finde. Für mich war es die klare Ignatianische Spiritualität, die mich ins innerste Mark getroffen hat, für einen anderen sind's vielleicht die innigen Bitten an die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria und für den Dritten ist's die ewige Anbetung. All das – und vieles andere mehr – ist katholisch."
"Und dann hatten wir eine Gemeinde mit einem sehr sehr warmherzigen Pfarrer und die ganze Atmosphäre war annehmend und freundlich. Mittlerweile hatten wir den übernächsten Papst Franziskus, ich hab die Interviews von Kardinal Woelki gelesen, fand die sehr bedächtig und sehr bemerkenswert, und kam mir halt zunehmend schlicht blöd vor, mit meinem Ausgetreten-Bleiben."
Seit 2013 ist Nina Achminow wieder in der Kirche. Ihr "Antrag auf Rekonziliation" wurde angenommen, heißt es im Kirchenjargon. Interessiert verfolgt sie die Veränderungen und freut sich über die Aussöhnung mit ihrer Kirche.
"Ich kann jetzt sehr entspannt sagen, was ich an der Lehre der römisch-katholischen Kirche nicht annehmen kann. Aber ich sage es ohne Schaum vor dem Mund. Und ich guck in der Kirche auch nicht speziell auf das, was ich nicht glauben kann, auf das, was irgendein Kirchenvertreter falsch gemacht hat, was durch die Presse geht, was schief läuft; sondern ich gucke auf das, was heilt, was öffnet, was weitet, und insofern hat sich mein Blick sehr verändert."