Niq Mhlongo: Way back home
Wunderhorn Verlag, Heidelberg 2015
278 Seiten, 24,80 Euro
Die offenen Wunden Südafrikas
Die Luxuswelt eines erfolgreichen Geschäftsmannes gerät ins Wanken. Als ihm ständig eine weibliche Geisterfigur erscheint, will er sie mithilfe eines Heilers loswerden. "Way back home" von Niq Mhlongo ist ein erfrischender Roman über Probleme und Hoffnungen im heutigen Südafrika.
Kwaito ist der Name einer Popmusikrichtung aus den 1990er-Jahren in Südafrika. Inzwischen steht der Begriff auch für das Lebensgefühl der damals jungen Südafrikaner. Niq Mhlongo, 1973 in Soweto geboren, gilt als Stimme der Kwaito Generation. Er nimmt sich der Themen der Nach-Apartheidzeit an. Der Journalist und Autor hat drei Romane geschrieben, nun erscheint erstmals eine Übersetzung auf Deutsch von ihm - unter dem Originaltitel "Way back home".
Eine Luxuswelt bröckelt
Die Handlung spielt 2007 in Johannisburg. Kimathi Felize Tito ist 37 Jahre alt, erfolgreicher Geschäftsmann mit Verbindungen in höchste Kreise - bis hin zu Nelson Mandela. Eine große Villa, zwei Luxuslimousinen, Designerkleidung, Alkohol und Frauen im Überfluss prägen seinen Lebensstil und den seiner Freunde. Dabei wurde er 1969 als Sohn einer Tansanierin und eines Südafrikaners im Exil, in Tansania geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern schließt er sich mit 17 Jahren der Widerstandsbewegung des ANC an und kämpft in Angola. Sein älterer Mitkämpfer, "Comrade" Ludwe, sorgt dafür, dass Kimathi 1992 zu der Familie seines Vaters nach Südafrika zurückkehrt, macht ab 1994 Karriere als Generaldirektor des Ministeriums für öffentliches Bauen und schanzt seinem ehemaligen "Comrade" große Bauaufträge zu.
Doch die Luxuswelt bekommt Risse. Wegen seiner Sexsucht hat Kimathi seine Ehefrau verlassen und die alten Seilschaften bröckeln, als erste Untersuchungen wegen Korruption die Bauwelt erschüttern. Wiederkehrende Albträume über die Gräuel des bewaffneten Kampfes und ein rätselhafter Geist in Gestalt einer verführerischen Frau lassen Kimathi schließlich Zuflucht bei einem traditionellen Heiler suchen, dem es schließlich gelingt, die Rätsel der Vergangenheit zu entwirren.
Rückblenden und Geistererscheinungen
Niq Mhlongo unterbricht seine Erzählung über Kimathi mit Rückblenden ins Exil nach Angola. Hier schildert er mit großer Offenheit in beklemmenden Bildern nicht nur die mörderischen Kämpfe mit den Buren, sondern auch die brutalen Machtexzesse und Foltermethoden innerhalb des ANC. So erklärt sich fast von selbst, dass die Überlebenden im sogenannten neuen Südafrika als eingeschworene Gemeinschaft weiterhandeln. Sie glauben, ein Recht darauf zu haben, mit allen Mitteln zu Ansehen und Reichtum zu gelangen – als Entschädigung für ihren Freiheitskampf. Die Offenlegung dieser Korruption und Misswirtschaft zieht sich als zweiter Strang durch den Roman.
Die dritte Ebene bildet die Geschichte Senamis. Die junge Frau ist als 17-Jährige ins Exil gegangen und nicht zurückgekehrt. Seitdem erschient sie ihren Eltern und nun auch Kimathi immer wieder als Geist. Die nach wie vor in der südafrikanischen Kultur verwurzelten traditionellen Heiler und ihre Methoden beschreibt Niq Mhlongo sehr eindrücklich, mit größter Selbstverständlichkeit, und gibt ihnen einen gleichberechtigten Platz neben der modernen, westlichen Medizin.
Lebendige Dialoge und humorvolle Erzählweise
Durch das Wechselspiel dieser Ebenen gelingt es dem Autor, seinen Lesern eine Brücke zu bauen, um nach den unsagbar brutalen Abschnitten über die Folter weiterzulesen. Mit gelungenen, lebendigen Dialogen und einer Prise augenzwinkerndem Humor schafft er Sympathie mit den handelnden Figuren und zeigt nicht zuletzt Hoffnungswege trotz Vetternwirtschaft, Gewalt und Korruption im neuen Südafrika. Niq Mhlongo ist eine erfrischende Stimme, die mit großer Offenheit den Finger in die offenen Wunden der Regenbogennation legt.