Bisher sind von Abdulrazak Gurnah folgende Romane auf Deutsch erschienen, leider sind sie bereits vergriffen:
Abdulrazak Gurnah: "Das verlorene Paradies"
Übersetzt aus dem Englischen von Inge Leipold
Krüger Verlag, Frankfurt am Main 1996
Originaltitel: "Paradise"
Abdulrazak Gurnah: "Donnernde Stille"
Übersetzt aus dem Englischen von Helmuth A. Niederle
Kappa Verlag, München 2000
Originaltitel: "Admiring Silence"
Abdulrazak Gurnah: "Ferne Gestade"
Übersetzt aus dem Englischen von Thomas Brückner
Kappa Verlag, München 2001
Originaltitel: "By the Sea"
Abdulrazak Gurnah: "Schwarz auf Weiß"
Übersetzt aus dem Englischen von Thomas Brückner
A1 Verlag, München 2004 Originaltitel: "Pilgrims Way"
Abdulrazak Gurnah: "Die Abtrünnigen"
Übersetzt aus dem Englischen von Stefanie Schaffer-de Vries
Berlin Verlag: Berlin 2006
Originaltitel: "Desertion"
Hoffnung auf Toleranz und Friedfertigkeit
15:17 Minuten
Den Literaturnobelpreis erhält Abdulrazak Gurnah. Übersetzer Thomas Brückner sagt, Gurnah habe die Hoffnung, dass es möglich sein könnte, dass alle Menschen tolerant und friedfertig miteinander umgehen. Das zeige sich auch in seinen Büchern.
Der Schriftsteller Abdulrazak Gurnah erhält "für seine kompromisslose und mitfühlende Durchdringung der Auswirkungen des Kolonialismus und des Schicksals der Flüchtlinge in der Kluft zwischen den Kulturen und Kontinenten" den Literaturnobelpreis. Das hat die Schwedische Akademie in Stockholm bekannt gegeben.
Der 73-jährige Abdulrazak Gurnah wurde auf Sansibar geboren und lebt seit dem Ende der 1960er-Jahre in Großbritannien. Er war Professor für englische und postkoloniale Literaturen an der University of Kent in Canterbury.
Leitmotiv "innere Zerrissenheit"
Er habe zu Gurnah ein Verhältnis, das über die Jahre gewachsen sei, sagt Thomas Brückner, der deutsche Übersetzer von Gurnahs Werken. Angefangen habe der Kontakt in den 90er-Jahren: "Als es an die Übersetzungen ging, hatte ich das Glück, dass der Autor so ein freundlicher Mensch ist, seinem Übersetzer die eine oder andere Frage zu beantworten, die im Laufe einer Übersetzung auftauchen. Darüber hat sich dann ein persönlicheres Verhältnis etwas intensiverer Art entwickelt."
Ein Leitmotiv von Gurnahs Werken sei das Gefühl einer inneren Zerrissenheit. "Es ist für viele seiner Figuren zutreffend, dass jemand einen Ort, ein Land verlässt und in ein anderes geht", so Brückner. Die Figur wolle im neuen Land ankommen, wird das Alte jedoch nicht los. "Zwischen diesen beiden Polen seinen Frieden zu schließen, ist wohl ein zentrales Motiv und die damit verbundene Hoffnung des Autors, dass es möglich sein könnte, dass alle Menschen mit Toleranz und Friedfertigkeit miteinander umgehen."
Kulturelle Konflikte sichtbar machen
Gurnah sei ein "leiser, stiller und nachdenklicher Autor", sagt Manfred Loimeier, Professor für Afrikanische Literaturen englischer Sprache an der Universität Heidelberg [AUDIO]
. In Gurnahs Werken gehe es oft um Migration, das "Weggehen und Ankommen, aber vielmehr im Vordergrund stehen die Begegnungen der Kulturen, also er betont in seinen Büchern weniger das Trennende als das Verbindende".
Das Thema des kulturellen Konflikts zieht sich durch nahezu alle von Gurnahs Romanen, meistens am Beispiel von Paar- oder Liebesbeziehungen. "Er versucht am persönlichen Beispiel, das große Thema begreifbar zu machen, das nicht nur auf einer theoretischen Ebene abgehandelt wird, sondern jeder Leser für sich nachvollziehen kann, wo denn im Alltag die Schwierigkeiten liegen", sagt Loimeier. "Wenn ich einen Partner habe, der aus einem anderen kulturellen Kontext kommt, bringt dieser Partner immer sein eigenes kulturelles Erbe mit, selbst wenn sich dieser Partner darüber nicht so ganz im Klaren ist."
Empfehlungen für die Lektüre
Gurnah sei nicht nur ein sehr sensibler Mensch, auch seine Sprache sei eine sehr sensible, getragene. "Man begibt sich in einen melancholischen Lesefluss, auch manchmal durchdrungen von Ironie." Zugleich arbeite Gurnah auch sehr visuell. "Seine Literatur bleibt in Bildern hängen."
Von der Wahl Gurnahs zum Nobelpreisträger sei Loimeier positiv überrascht. Aus Afrika habe er mit anderen Autoren für den Preis gerechnet. Als Lektüre empfiehlt Loimeier den historischen Roman "Das verlorene Paradies" und am besten finde er "Donnernde Stille", weil gerade hier das Zusammenleben eines Paars geschildert werde, "wo es läuft und eben auch nicht".
Genau und eingängig
"Ich habe nie verstanden, warum er in Deutschland so wenig bekannt ist", sagt Literaturwissenschaftlerin Christa Morgenrath [
AUDIO
]. Sie schätzt an Gurnah seine Genauigkeit, seine Bücher seien psychologisch sehr fein- und eigensinnig geschrieben und sehr eingängig. "Man kann stark mit den Figuren miterleben."
"Er hat viel über Flucht geschrieben und ich denke, dass uns das gerade in der heutigen Zeit viel zu sagen hat", sagt Morgenrath. Allerdings sei die britische Kolonialgeschichte, die bis heute wirke, nicht unbedingt ein Thema, mit dem sich Leute beschäftigen möchten. "Aber das sollten wir jetzt schleunigst tun. Wir müssen uns damit beschäftigen. Und ich glaube, dass es am Ende ein Gewinn ist und dass wir es nicht scheuen müssen.
(Online-Redaktion mit Material von KNA und dpa)