Zum Fado über Umwege
Vor drei Jahren vertonte Noëmi Waysfeld für ihr Debütalbum "Kalyma" Lieder russischer Gulag-Gefangener. Auf ihrem nun erschienen "Alfama" singt sie Fado, Fado auf jiddisch. Es war ein Konzert in ihrer Heimatstadt Paris, das ihre Leidenschaft für den Fado entfachte.
Ausgerechnet die Wiege des Fado, der das Zentrum ihres neuen Albums bildet, hatte Noemi Waysfeld noch nie besucht. Dabei ist Alfama, ein Stadtteil Lissabons, auch der Name ihres neuen Albums. Im Zuge ihrer Recherchen kam sie dann aber doch nicht an dem alten Hafenviertel vorbei.
"Ich habe einige Fachleute aufgesucht, die sich mit der Geschichte des portugiesischen Fado auskennen und die mir einige Schlüsselkenntnisse vermitteln konnten. Und ich hatte die Gelegenheit, einige hervorragende Sängerinnen und Gitarristen zu hören. Ich würde gerne wieder hinfahren."
Fado auf Jiddisch
Es war ein Fado-Konzert in ihrer Heimatstadt Paris, das Noemi Waysfelds Leidenschaft entfachte. Seitdem ließ sie diese oft melancholische und meist sparsam instrumentierte Musik nicht wieder los. Dass ihr nächstes Projekt sich um Fado drehen würde, war sicher. Nur bei der Sprache hatte sie Bedenken.
"Es wäre keine gute Idee gewesen, Fado auf portugiesisch zu singen, ich bin keine Portugiesin und schon gar keine Fadista. Ich habe mich gefragt, warum mich diese Musik so berührt, als hätte ich sie schon immer gekannt. Wenn ich Fado höre, fühle ich mich zuhause. Ich begriff, dass ich in einer Sprache singen muss, die mir näher steht. Bei meinen Nachforschungen bin ich auf einige interessante Details gestoßen. Zum Beispiel darauf, dass Alfama im Mittelalter ein jüdisches Viertel war. Damit will ich nicht sagen, dass Fado einen jüdischen Hintergrund hat. Sondern dass mein Gefühl der Vertrautheit einen Ursprung hat und dass es etwas gibt, das Fado und jüdische Musik verbindet, wie eine Brücke."
Hommage an die Königin des Fado
Wer sich ernsthaft mit Fado beschäftigt, kommt an einer Interpretin auf gar keinen Fall vorbei: Amalia Rodrigues, die unwidersprochene Königin des Fado, geboren 1920 in Lissabon und 1999 auch dort gestorben. Einige Jahre habe sie jeden Tag fast ausschließlich mit der Musik und dem Leben dieser Ausnahmekünstlerin zugebracht, sagt Noemi Waysfeld.
"I was with her voice and her life for a few years, each day, because I listened just Amalia Rodrigues."
Und hat ihr folgerichtig auch ein Lied auf "Alfama" gewidmet.
Poesie und ihre Übersetzung
An die Übersetzung der Texte, die von renommierten Autoren stammen, hat sich die 31-jährige allerdings nicht gewagt. Sie ist mit Französisch aufgewachsen und hat Jiddisch erst an der Universität und später bei einem Privatlehrer gelernt. Den hat sie für Alfama schließlich auch als Übersetzer eingespannt.
"Ich habe nicht das Niveau, um die Gefühle wiederzugeben, die in dieser Poesie stecken. Darum habe ich meinen Lehrer gefragt. Er stammt aus Argentinien. Gut, das ist noch nicht Portugal, aber ich dachte mir, dass er viel eher einen Draht hat zur iberischen Kultur. Er meinte erst, ich sei völlig übergeschnappt mit meiner Idee, aber versuchen könne man es ja mal. Er hat dann ein Lied übersetzt, ich habe es aufgenommen, und es gefiel uns. Und dann hat er alle Lieder übersetzt, mit großem Respekt vor dem Rhythmus der Sprachen und der Musik, also eine wirklich literarische Übersetzung und nicht bloß Wort für Wort."
Und da das Jiddische mit dem Deutschen eng verwandt ist, wünscht sich Noemi Waysfeld besonders hierzulande viele Hörer für "Alfama".
"Ich hoff das in Deutschland du wirst lieben Alfama, die Musik."