Nominierungen zum Berliner Theatertreffen
Wie beim Wein gibt es auch beim Theater gute und weniger gute Jahrgänge, und wie bei der Aufstellung der Fußballnationalmannschaft glaubt auch beim Theatertreffen jeder Liebhaber des Spiels mit- und gegenreden zu können. Auch ich könnte andere Favoriten als die zehn gekürten nennen, und läge mit ihnen genau so richtig oder falsch wie es die Jury mit den ihren tut.
Einerseits, weil diese Spielzeit, trotz der vielen neuen Intendanten an großen Häusern, keine wirklich großen Würfe und Entwürfe hervorgebracht hat, und andererseits, weil der Theatertreffen-Auswahlbegriff "bemerkenswert" in der Denk- und Auswahlpraxis unser vom Rankingdenken faszinierten Gesellschaft sofort durch ein "die besten" ersetzt wird.
Abgesehen davon, dass Kunstqualität nicht wirklich messbar und Kunst erst recht nicht vergleichbar ist, während man beim Fußball immerhin die Zahl der Tore und beim Wein die der Öchslegrade benennen kann, abgesehen davon ist für mich nicht unbedingt das bemerkenswerteste auch immer das Beste. Bemerkenswert kann heißen, junges Theater und alte Formen, kantig und kontrovers, zugleich sensibel und grell, - immer aber von lebendiger Widersprüchlichkeit. Dies aber strahlt die diesjährige Auswahl nicht aus.
Das Theatertreffen wird wieder einmal ausschließlich von den Großstadtbühnen bestimmt: je dreimal Wien und Köln, zweimal Hamburg, je einmal München und Berlin, dazu mit beim Theatertreffen nicht unbekannten Regisseuren wie Andreas Kriegenburg, Stephan Kimmig, Nicolas Stemann, Karin Beier, Johan Simons und Luk Perceval. Das Schauspielhaus Graz ist zwar kein ständiger Gast beim Theatertreffen, zeigt aber mit Victor Bodos Performance zu Peter Handkes sprechtextlosem Stück "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" wie etliche andere der nominierten Bühnen eine internationale Koproduktion.
Hier zeigen nicht Stadttheater das, was sie für ihr regionales Publikum entwickeln, sondern Großstadtbühnen präsentieren internationale Theater und Regisseure, die sie sich sogar, wie das Wiener Burgtheater mit dem amerikanischen "Nature Theater of Oklahoma", wie einen Festivalbeitrag eingekauft haben. Das kann bei Johan Simons Inszenierung von Horvaths "Kasimir und Karoline", dazu führen, dass eine Inszenierung an unterschiedlichen Orten in verschiedener Verpackung und mit unterschiedlicher Mannschaft einsetzbar ist. Ich habe Simons Horvath-Inszenierung im letzten Sommer als Open-Air-Version beim Athener Festival als eine grobe, plakative Arbeit erlebt, - während die Jury nun seine Kölner Version ausgewählt und als sensibel und warmherzig beschrieben hat.
Natürlich sind wieder etliche wunderbare Inszenierungen dabei: wie Christoph Marthalers "Riesenbutzbach"und Roland Schimmelpfennigs "Der goldene Drache", beides aus Wien. Bei Schimmelpfennig spielt das Theater mit seinen Darstellungsmöglichkeiten und reflektiert im Spiel zugleich über die Wahrnehmungsmöglichkeiten gesellschaftlicher Missstände, während Karin Beiers Kölner Bühnenversion eines Films von Ettore Scola eine Unterschichtsfamilie so hinter Glasscheiben agieren lässt, dass man ihre Worte nicht hört: Auf diese Weise wird der Voyeurismus des Theaterpublikums wunderbar zum Thema gemacht.
Dagegen wirkt Stephan Kimmigs Hamburger Version von Dennis Kellys Kleinbürgerhölle in "Liebe und Geld" schwach und bemüht, und Andreas Kriegenburg entwickelt Dea Lohers "Diebe" am Deutschen Theater in Berlin von der menschelnden Tragikomödie zu einer vom Bühnenbild bestimmten Komödie, bei der die Menschen durch ein Schaufelrad auf die Bühne ihres Lebens gehoben werden. Für das politisch-kritische Entertainment steht schließlich Nicolas Stemann mit seiner Version von Elfriede Jelineks "Die Kontrakte des Kaufmanns" vom Hamburger Thalia-Theater.
Nun könnte man wieder monieren: die kleinen Bühnen fehlen, der Osten sowieso, es gibt die Dauergäste wie Stemann, Marthaler, Kriegenburg und Kimmig, - aber da das Theatertreffen nun mal vom "Best-off"-Gedanken bestimmt wird, bekommt man eben eine solche altbackene Auswahl.
Diese Auswahl steht für nichts als sich selbst. Sie zeigt keine Trends und sucht nicht nach neuen ästhetischen oder thematischen Entwicklungen, nicht nach jungem Theater.
Ob man dies auch als eine Aufgabe des Theatertreffens an zu sehen hat, ist durchaus umstritten. Als ich in der Jury saß, waren für mich die Fragen der Nicht-Jury-Kollegen nach Trends und Themen immer eine Pein. Weil jede Inszenierung für sich ausgewählt wird, ohne dass die Jury Spielplankonzepte mitdenkt.
In der Auswahl sind diesmal zwei Filmadaptionen und mit Falladas "Kleiner Mann, was nun" aus München eine Romanbearbeitung, und dazu immerhin gleich drei neue Stücke. Die Klassiker allerdings, die derzeit die deutschsprachigen Bühnen beherrschen, sie fehlen bei der diesjährigen Auswahl. Bei einer Auswahl, die so redlich wie solide ist und weder verärgert noch begeistert, sondern einfach nur das übliche gute Theater präsentiert.
Abgesehen davon, dass Kunstqualität nicht wirklich messbar und Kunst erst recht nicht vergleichbar ist, während man beim Fußball immerhin die Zahl der Tore und beim Wein die der Öchslegrade benennen kann, abgesehen davon ist für mich nicht unbedingt das bemerkenswerteste auch immer das Beste. Bemerkenswert kann heißen, junges Theater und alte Formen, kantig und kontrovers, zugleich sensibel und grell, - immer aber von lebendiger Widersprüchlichkeit. Dies aber strahlt die diesjährige Auswahl nicht aus.
Das Theatertreffen wird wieder einmal ausschließlich von den Großstadtbühnen bestimmt: je dreimal Wien und Köln, zweimal Hamburg, je einmal München und Berlin, dazu mit beim Theatertreffen nicht unbekannten Regisseuren wie Andreas Kriegenburg, Stephan Kimmig, Nicolas Stemann, Karin Beier, Johan Simons und Luk Perceval. Das Schauspielhaus Graz ist zwar kein ständiger Gast beim Theatertreffen, zeigt aber mit Victor Bodos Performance zu Peter Handkes sprechtextlosem Stück "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" wie etliche andere der nominierten Bühnen eine internationale Koproduktion.
Hier zeigen nicht Stadttheater das, was sie für ihr regionales Publikum entwickeln, sondern Großstadtbühnen präsentieren internationale Theater und Regisseure, die sie sich sogar, wie das Wiener Burgtheater mit dem amerikanischen "Nature Theater of Oklahoma", wie einen Festivalbeitrag eingekauft haben. Das kann bei Johan Simons Inszenierung von Horvaths "Kasimir und Karoline", dazu führen, dass eine Inszenierung an unterschiedlichen Orten in verschiedener Verpackung und mit unterschiedlicher Mannschaft einsetzbar ist. Ich habe Simons Horvath-Inszenierung im letzten Sommer als Open-Air-Version beim Athener Festival als eine grobe, plakative Arbeit erlebt, - während die Jury nun seine Kölner Version ausgewählt und als sensibel und warmherzig beschrieben hat.
Natürlich sind wieder etliche wunderbare Inszenierungen dabei: wie Christoph Marthalers "Riesenbutzbach"und Roland Schimmelpfennigs "Der goldene Drache", beides aus Wien. Bei Schimmelpfennig spielt das Theater mit seinen Darstellungsmöglichkeiten und reflektiert im Spiel zugleich über die Wahrnehmungsmöglichkeiten gesellschaftlicher Missstände, während Karin Beiers Kölner Bühnenversion eines Films von Ettore Scola eine Unterschichtsfamilie so hinter Glasscheiben agieren lässt, dass man ihre Worte nicht hört: Auf diese Weise wird der Voyeurismus des Theaterpublikums wunderbar zum Thema gemacht.
Dagegen wirkt Stephan Kimmigs Hamburger Version von Dennis Kellys Kleinbürgerhölle in "Liebe und Geld" schwach und bemüht, und Andreas Kriegenburg entwickelt Dea Lohers "Diebe" am Deutschen Theater in Berlin von der menschelnden Tragikomödie zu einer vom Bühnenbild bestimmten Komödie, bei der die Menschen durch ein Schaufelrad auf die Bühne ihres Lebens gehoben werden. Für das politisch-kritische Entertainment steht schließlich Nicolas Stemann mit seiner Version von Elfriede Jelineks "Die Kontrakte des Kaufmanns" vom Hamburger Thalia-Theater.
Nun könnte man wieder monieren: die kleinen Bühnen fehlen, der Osten sowieso, es gibt die Dauergäste wie Stemann, Marthaler, Kriegenburg und Kimmig, - aber da das Theatertreffen nun mal vom "Best-off"-Gedanken bestimmt wird, bekommt man eben eine solche altbackene Auswahl.
Diese Auswahl steht für nichts als sich selbst. Sie zeigt keine Trends und sucht nicht nach neuen ästhetischen oder thematischen Entwicklungen, nicht nach jungem Theater.
Ob man dies auch als eine Aufgabe des Theatertreffens an zu sehen hat, ist durchaus umstritten. Als ich in der Jury saß, waren für mich die Fragen der Nicht-Jury-Kollegen nach Trends und Themen immer eine Pein. Weil jede Inszenierung für sich ausgewählt wird, ohne dass die Jury Spielplankonzepte mitdenkt.
In der Auswahl sind diesmal zwei Filmadaptionen und mit Falladas "Kleiner Mann, was nun" aus München eine Romanbearbeitung, und dazu immerhin gleich drei neue Stücke. Die Klassiker allerdings, die derzeit die deutschsprachigen Bühnen beherrschen, sie fehlen bei der diesjährigen Auswahl. Bei einer Auswahl, die so redlich wie solide ist und weder verärgert noch begeistert, sondern einfach nur das übliche gute Theater präsentiert.