Auf Augenhöhe mit der schwarzen Verhüllung
Der Talkshow-Auftritt der Schweizer Frauenbeauftragten des Islamischen Zentralrats Schweiz sorgt für Aufregung und Kritik. Der Kulturwissenschaftler Claus Leggewie interpretiert das Symbolbild dieses Abends so: Nora Illi habe einen hochproblematischen "durchpolitisierten Islam" vertreten.
Weil sie sich in einem Niqab voll verschleiert habe, sehe man von der Schweizer Frauenbeauftragten des "Islamischen Zentralrats Schweiz", Nora Illi, relativ wenig, sagte der Kulturwissenschaftler Claus Leggewie im Deutschlandradio Kultur:
"Anne Will und die Frau Illi sitzen hier auf Augenhöhe, im wahrsten Sinne des Wortes, und schauen sich in die Augen." Von der verschleierten Muslima sehe man nur die Augen, eine große schwarze Verhüllung und eine gestikulierende Hand. "Frau Will schaut etwas durchdringend ihrer Gegenüber in die Augen, um dort überhaupt irgendwie eine menschliche mimische Reaktion zu erhaschen."
Interessanter Auftritt
Dabei sei es das wesentliche bei einer Talkshow, dass man eine Person mit ihrer ganzen Mimik und Gestik sehe. "Insofern war das schon ein interessanter Auftritt", sagte Leggewie. "Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, zwei Publizistinnen, die aus Europa kommen." Die konvertierte Muslima habe an diesem Abend nicht einmal den Hauch eines religiösen Gefühls vermittelt. Sie habe einen hochproblematischen "durchpolitisierten Islam" vertreten und nicht von Gott gesprochen.
Plädoyer für Meinungs- und Sehfreiheit
Leggewie sagte, dass Talkshows ganz klar in der Tradition der Schaubühne und des Zirkus stünden, wo man seltsame Figuren vorgeführt bekomme. "Auf der anderen Seite ist hier die öffentlich-rechtliche Pädagogik", sagte der Kulturwissenschaftler und erinnerte daran, dass das Gespräch mit einem "Tatort" zum gleichen Thema kombiniert wurde. "Ich bin ein radikaler Vertreter der Meinungs- und hier auch der Sehfreiheit und sage, natürlich müssen wir uns mit so etwas konfrontieren", sagte Leggewie. "Das gehört nicht nur zur Welt, sondern es gehört mittlerweile auch zu Europa dazu."