Norbert Gstrein: Die kommenden Jahre
Hanser-Verlag, München 2018
288 Seiten, 22 Euro
Ein "Eismann" zwischen Klimawandel und Flüchtlingskrise
Der österreichische Schriftsteller Norbert Gstrein liebt windige Erzähler. In seinem neuen Roman "Die kommenden Jahre" ist die Hauptfigur ein Gletscherforscher, der vor der Verantwortung flieht, nachdem seine Ehefrau eine syrische Flüchtlingsfamilie aufnimmt.
In seinem neuen Roman "Die kommenden Jahre" verhandelt der österreichische Schriftsteller Norbert Gstrein gleich zwei Großthemen unserer Zeit, den Klimawandel und die Flüchtlingskrise. Im Mittelpunkt des Romans stehen der Gletscherforscher Richard und seine Frau Natascha, die eine syrische Flüchtlingsfamilie aufnehmen.
"Ich glaube aber und ich hoffe, dieser Roman, obwohl es ein schmaler Roman ist, kann das alles tragen", sagte Gstrein im Deutschlandfunk Kultur. Das Geschehen sei 2016 ein paar Monate vor den US-Präsidentschaftswahlen angesiedelt und ein großer Teil des Buches spiele bei einer Konferenz von Gletscherforschern in New York und in einem Sommerhaus der Familie an einem See bei Hamburg.
Verschiedene Perspektiven der Flucht
In dem Roman spiegelten sich die reelle, sehr ernstzunehmende Flucht der syrischen Familie vor dem Krieg nach Deutschland und die Fluchtfantasien der Hauptfigur, die eine andere Leichtigkeit hätten, sagte Gstrein. "Es war mir sehr wichtig, dieses Thema Migration nicht allein an der syrischen Familie festzumachen, sondern auch an den anderen Figuren, die diesen Roman vorantreiben."
Angst vor Verantwortung
Über seine Hauptfigur sagte der Romanautor: "Ich liebe windige Erzähler, der ist moralisch überhaupt nicht belastbar." Es handele sich um eine Figur, die man nicht lieben könne und nicht lieben müsse. "Das muss ein Leser aushalten." Richard stehle sich aus seiner Verantwortung. Seine Ehefrau nennt ihn in dem Roman deshalb einen "Eismann", während sie von einer anderen Figur als "blondes Monster der Moral" charakterisiert wird.