Waffenlieferungen an die Kurden - Tabubruch mit Folgen?
Der CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann war einer der ersten Politiker, der sich für Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak ausgesprochen hat. Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik warnt dagegen vor den Folgen.
Die Bundesrepublik Deutschland wird Waffen an die Kurden im Nordirak liefern. Dies ist ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik: Erstmals wird eine nicht-staatliche Gruppe ausgerüstet. Mit dieser höchst umstrittenen Entscheidung ist die Diskussion nicht beendet. Welche Folgen hat eine solche Waffenlieferung? Wie kann verhindert werden, dass die Waffen in falsche Hände geraten? Wie soll sich Deutschland in Zukunft in Krisengebieten, im Kampf gegen den Terror beteiligen?
"Ich berufe mich auf den Bundespräsidenten, der in diesem Jahr schon mehrfach gesagt hat, bei schweren Menschenrechtsverletzungen, bei Völkermord, bei Kriegsverbrechen, bei ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit können wir nicht zugucken",
sagt Karl-Georg Wellmann.
Der CDU-Abgeordnete war der erste Politiker, der sich klar für Waffenlieferungen an die Kurden ausgesprochen hat - unter anderem im Deutschlandfunk:
"Dies heißt auch, dass die westliche Staatengemeinschaft Waffen liefern muss.Diese ISIS-Truppen haben Waffendepots erobert von der syrischen Armee, von der irakischen Armee, sie sind mit 7000 gepanzerten Fahrzeugen ausgestattet inzwischen, amerikanische Waffen, die die da mal geliefert haben in den Irak. Und da können wir nicht mit Jagdflinten dagegenhalten oder können die Kurden nicht dagegenhalten, sondern wir müssen sie mit besseren Waffen ausstatten."
Entscheidung sei eher eine Symbolpolitik
Markus Kaim, der Leiter der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, warnt dagegen vor den Folgen einer solchen Waffenlieferung:
"Eine Frage ist der so genannte Endverbleib: Normalerweise liefert die Bundesregierung an Staaten, an Regierungen, die sich verpflichten, diese Waffen nicht weiterzugeben. Hier geben wir die Waffen an nicht-staatliche Akteure ab, an die kurdischen Milizen, die sich zu nichts verpflichten – es gibt keinen Vertrag. Und die zweite Frage ist, ob wir nicht ungewollt die Bildung eines Kurdenstaates befördern, mit allen geopolitischen Auswirkungen."
Die Entscheidung sei eher eine Symbolpolitik; verantwortungsvolle Politik sähe anders aus:
"Dass wir erst einmal eine Ordnungsvorstellung entwickeln, was wir mit einem solchen Einsatz überhaupt wollen. Wollen wir ihn militärisch begründen, also den Flüchtlingen die Flucht ermöglichen, das würde eine bestimmt Form des Einsatzes erfordern. Oder wollen wir die islamistische Miliz als politischen Faktor im Irak ausschalten? Das würde einen ganz anderen Militäreinsatz nahelegen. Völlig unbeantwortet ist die Frage, welche Vorstellung haben wir denn für den Irak selber? Wollen wir implizit die Genese eines kurdischen Staates im Norden des Irak befördern, mit allen Implikationen, die das für die Region hat, oder wollen wir das nicht? Wenn wir uns darüber verständigt haben, sollten wir darüber nachdenken, welche Instrumente wir anwenden. So sollte Verantwortung in der internationalen Politik aussehen."
Waffenlieferungen an die Kurden -Tabubruch mit Folgen? Darüber diskutiert Klaus Pokatzky heute von 9:07 Uhr bis 11:00 Uhr mit Karl-Georg Wellmann und Markus Kaim. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen und Fragen stellen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de.