Syrische Flüchtlinge bei der Feuerwehr
Im brandenburgischen Wittstock haben sich syrische Flüchtlinge bei der freiwilligen Feuerwehr gemeldet. Sie wollen helfen, wenn es brennt - erst recht, wenn es sich um ein Flüchtlingsheim handeln sollte. Die Wittstocker Feuerwehrleute haben "Ja" gesagt.
Montagabend auf dem Hof der Wittstocker Feuerwehr. Zur wöchentlichen Übung haben sich die Feuerwehrmänner in ihre blauen Uniformen gezwängt, die Helme aufgesetzt. Im Licht der Schweinwerfer steht ein ausrangierter Kleinwagen. Nach einem Unfall ist der Fahrer eingeklemmt, so beschreibt jedenfalls Kerstin Zillmann die Übungsaufgabe:
"Die Rettung einer verletzten Person, indem man Schere und Spreizer einsetzt und Rettungszylinder. Um das Auto zu öffnen, um sich Zugang zu schaffen. Und die verletzte Person so schonend wie möglich aus dem Auto zu holen."
Ein Feuerwehrmann hebt die schwere Hydraulikschere und durchtrennt den Türholm. Zwei Syrer stehen in sicherem Abstand, die Hände in den Taschen ihrer Windjacken und verfolgen jeden Handgriff. Kerstin Zillmann, seit fast zwanzig Jahren bei der Wittstocker Feuerwehr erklärt den beiden so gut es geht auf Englisch, was grade passiert.
"Now is open, and they take and then comes this Aggregat."
Samer Kayaly übersetzt weiter auf Arabisch für den zweiten Syrer. Khallil Hassan nickt. Er hat verstanden. Kerstin Zillmann erklärt weiter.
"Then we can take the person out of the car."
Hassan war in Syrien beim Militär, Kayali ist Arzt
Während der Übungs-Kleinwagen Schnitt für Schnitt in Teile zerlegt wird, bekommen Samer Kayali und Khalil Hassan ein Bild von der Arbeit der Wittstocker Feuerwehr. Kayali ist 27, er ist ausgebildeter Arzt, und könnte die verletzte Person behandeln, aber sein Abschluss ist in Deutschland noch nicht anerkannt.
Hassan, der andere Syrer, war beim Militär, bevor der nach Deutschland geflüchtet ist. Ein Freund von ihm war Feuerwehrhauptmann und Hassan kennt dadurch die Trainingsweise der syrischen Feuerwehr. Jetzt sieht er sich in der Wittstocker Gerätehalle um.
In Syrien ging alles schneller, sagt er. Die Feuerwehrmänner rutschen an einer Stange herunter. Das war sehr sportlich. Er hat auch schon angefangen zu trainieren, im Flüchtlingswohnheim übt der 52-Jährige jetzt Seilspringen. Für die Ausbildung ist tatsächlich Ausdauer gefragt. An sechs Wochenenden werden die Freiwilligen zum Truppmann ausgebildet.
Vor dem ersten Einsatz müssen die Flüchtlinge Deutsch pauken
"Und da lernt man den Grundstock, sag ich mal. In Theorie und Praxis. Und dann kommt dazu ein Grundlagenlehrgang für gefährliche Stoffe und Güter und Einsatztaktik. Und dann ist der Truppmann abgeschlossen und dann kann ein Einsatz gefahren werden."
Die größte Übungseinheit ist aber die Sprache. Der Deutschkurs für die beiden beginnt erst in ein paar Wochen, vorerst wird Kerstin Zillmann den beiden die wichtigsten Feuerwehrvokabeln beibringen.
"Also was heißt: Schlauch, Strahlrohr, Atemschutzgerät, die Fahrzeugabkürzungen, die Funkrufnahmen. Das alles erstmal auf Deutsch einzupauken."
Die fehlende Verständigung im Ernstfall war auch das einzige Argument, das gegen die Aufnahme der Flüchtlinge in die freiwillige Feuerwehr sprach. Aber seit klar ist, dass die Syrer erst dann Einsätze fahren, wenn sie ausreichend Deutsch können, sind sie willkommen. Mit 60 Freiwilligen ist die Wehr für die 14.000 Einwohnerstadt deutlich unterbesetzt. Die meisten der freiwilligen Feuerwehrmänner und Frauen sind tagsüber auch noch im Beruf gebunden. Die Flüchtlinge dagegen haben erstmal Zeit und sie kennen die Kultur ihrer Landsleute. Für Wehrführer Sven Scheer ein echter Vorteil.
"Da ja der Flüchtlingsstrom die nächsten Jahre nicht abreißen wird, so wie es sich jedenfalls jetzt darstellt, hätte man als Feuerwehr natürlich auch den Vorteil, wenn man diese Bürger in die Feuerwehr integrieren könnte, um praktisch für den Fall der Fälle, wenn man Hilfeleistung irgendwo machen müssen, dass wir praktisch den anderen besser helfen können."
Bei Brandanschlag mit Benzin nicht mit Wasser löschen
Die Übung geht dem Ende zu, die Feuerwehrfahrzeuge fahren zurück in die Halle. Kerstin Zillmann lädt die beiden noch auf eine Bier oder eine Cola mit den Kameraden ein, bevor sie sich auf den Weg zurück in ihre Flüchtlingsunterkunft machen. Falls darauf mal ein Brandanschlag verübt werden sollte, gibt Kerstin Zillmann noch praktische Lösch-Hinweise.
"When they come and take molotow cocktail, that's benzin, don´t take water. Take this."
Bei einem Brandanschlag mit Benzin nicht mit Wasser löschen, sagt sie und zeigt auf einen Feuerlöscher. Kayaly und Hassan schütteln den Kopf, so was haben sie noch nie benutzt. Zillman erklärt kurz, wie man so einen Pulverlöscher bedient. Zwölf Kilo Pulver sind da drin, und das ist schon nach 18 Sekunden verbraucht. Deshalb sei es wichtig stoßweise zu löschen:
"You must open and close, open and close. And phone to us. 112 is our number."