Augenzeugin syrischer Familientragödien
Katharina Ebel muss schnell reagieren können - auf Frontverschiebungen, Bomben und Scharfschützen. Die 37-Jährige koordiniert die Nothilfe für die SOS-Kinderdörfer in Syrien. Extremsituationen gehören zu ihrem beruflichen Alltag.
"Diese Menschen wurden eingepfercht, standen von morgens bis abends im Regen, im Matsch, die Kinder konnten sich nirgendwo hinsetzen, die Erwachsenen konnten sich nirgendwo hinsetzen. Viele der Kinder wurden dabei krank. Und wer die Reihe verlassen hat, weil die Kinder zusammengebrochen sind, hat wieder von vorne anfangen müssen am nächsten Tag. Diese Hoffnungslosigkeit, die dann zugeschlagen hat, war verstörend, auch für mich."
Viele stumpfen ab, können nicht mehr schlafen
Sie versucht, Sicherheit und Geborgenheit für Kinder herzustellen, die im Krieg von ihren Eltern und Geschwistern getrennt wurden oder als Waisen zurückblieben. Viele stumpfen emotional ab. Viele können nicht mehr schlafen. Viele können nicht mehr vertrauen.
"Sie hören von einem sechs-, siebenjährigen Kind: 'Was soll mir jetzt schon passieren? Ich könnte hier sterben. Aber ist das so schlimm? Nichts ist schlimmer, als unter diesen Bedingungen in Aleppo weiterzuleben.' Das klingt nicht nach einem Kind."
Berufswunsch schon mit 14
Katharina Ebel lebt in München und Damaskus, einen Monat hier, zwei Monate dort. Schon mit 14 Jahren wusste sie, dass sie später einmal Geschichten von Menschen in Kriegsgebieten erzählen würde. Die Bilder des brasilianischen Fotojournalisten Sebastião Salgado haben sie sehr beeindruckt. Seine Aufnahmen aus Afrika machten deutlich, was Menschen auf der Flucht erleben und erleiden. Im vergangenen Jahr hat Katharina Ebel dann Menschen auf ihrem Fluchtweg von Syrien über die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Serbien bis nach Salzburg begleitet.
"Ich glaube nicht, dass man Krieg mit Krieg bekämpfen kann oder Gewalt mit Gewalt. Eine andere Lösung als eine diplomatische gibt es für mich nicht."