NRW-Finanzminister: Fusion von Landesbanken denkbar

Norbert Walter-Borjans im Gespräch mit Marcus Pindur |
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans hat bekräftigt, dass es nach der Finanzkrise zu Fusionslösungen bei den Landesbanken kommen könnte. Der SPD-Politiker sagte, es gebe bei der Neuordnung der Landesbanken noch keine einheitliche Linie.
Marcus Pindur: Die Landesbanken sind keine Zier des deutschen Föderalismus. Schon immer waren sie anfällig für Skandale und Skandälchen, oft war das Parteibuch bei der Besetzung von Aufsichtsräten wichtiger als die Kompetenz, und ihre Anfälligkeit bestätigte sich auch wieder in der Finanzkrise. Viele Landesbanken hängen seitdem am Tropf der Landesregierungen, der Bundesregierung und des SoFFins, des Finanzmarktsonderfonds. Gestern Abend haben sich die Länderfinanzminister zusammengesetzt, um über Möglichkeiten zu reden, die Landschaft der Landesbanken etwas effizienter und auch übersichtlicher zu gestalten, und ich begrüße jetzt den Nordrhein-Westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Guten Morgen!

Norbert Walter-Borjans: Guten Morgen, Herr Pindur!

Pindur: Große Bereitschaft, die Landesbanken aus ihrem Einflussbereich zu entlassen, zeigen ja nur die wenigsten Landesregierungen. Welche Vorschläge liegen denn für eine Neuordnung dieser Landschaft auf dem Tisch?

Borjans: Der Ausgangspunkt für diese Vorschläge, die Landschaft neu zu ordnen, ist sicher vor allen Dingen die Europäische Kommission, die über das Wettbewerbskommissariat ein sehr klares Auge auf die ganze Angelegenheit geworfen hat. Das erklärte Ziel ist es, dass die Landesbanken als Banken selbst, ohne staatliche Hilfe existieren können müssen. Und das bedeutet, diejenigen, die unter dem größten Frist- und Termindruck stehen, sind natürlich als Erstes beweglich geworden – das sage ich auch ganz offen zu unserer Seite, zur WestLB –, weil hier klar ist: Bis zum 31.12.2011 soll verkauft sein. Ähnlichen Druck verspürt die BayernLB. Ess gibt aber auch in der Mitte Deutschlands Überlegungen, andere – Südwestdeutschland, Baden-Württemberg – sehen da noch eine etwas längere Frist, sodass man im Moment noch merkt: Es gibt noch nicht die ganz einheitliche Linie, aber der Druck, dass man alleine auf die Dauer nicht weiterkommt und auch nicht vom Zusammenbrechen eines anderen profitiert, das ist glaube ich mittlerweile für alle erkennbar.

Pindur: Nordrhein-Westfalen kommt dabei eventuell, bei diesem Prozess, eine Modellrolle zu, und für NRW steht die Frage im Raum, Sie haben es gerade gesagt: Bis zum nächsten Jahr muss das Land seine Anteile an der WestLB verkauft haben. Was haben Sie denn da für eine Lösung im Auge? Was legen Sie für Kriterien an für eine gute Lösung?

Borjans: Also die Kriterien, die wir haben, ist als Erstes mal: Wir wollen natürlich die Beschäftigung auch so weit wie möglich sichern. Mit Sicherheit wird es auch da nicht so bleiben können, wie es ist, aber gemeinsam mit den Beschäftigten der WestLB arbeiten wir auch daran. Wir wollen die öffentlich-rechtliche Kreditsäule in Deutschland stärken, die ist neben den Genossenschaftsbanken und neben den Privatbanken ein Stabilisierungsfaktor in unserer Finanzverfassung.

Pindur: Den Eindruck hatte man ja in den letzten Monaten und Jahren nicht, muss man ganz klar sagen.

Borjans: Doch, wenn man gerade im Bereich des sehr starken Mittelstandes und der kleineren Unternehmen sich die deutsche Bankenlandschaft anguckt, dann haben die Sparkassen nach wie vor da eine sehr starke Funktion und Bedeutung, und vor allen Dingen: Sie brauchen aber auch eine Zentralbank, wo sie wiederum ihre Einlagen anlegen können. Also die Landesbanken hatten neben all den Skandalen und Skandälchen, von denen Sie gesprochen haben, im Hintergrund auch immer weiterhin eine wichtige Funktion. Das gilt auch für die WestLB. Die steht im öffentlichen Licht nach all diesen unzweifelhaften Fehlern ein ganzes Stück schlechter da, als sie wirklich aufgestellt ist. Aber es fehlt noch ein weiteres Kriterium: Wir wollen schlicht und ergreifend einen Schlussstrich ziehen unter das ewige Ausfallbürgen für die Fehler oder auch für die Verwerfungen des Finanzmarktes durch den Steuerzahler. Wir haben auch jetzt – wir werden heute über den Nachtragshaushalt für das Land Nordrhein-Westfalen reden – immer wieder große Brocken darin, die ihre Geschichte, ihren Ursprung haben in diesen Verwerfungen auf den, im staatlichen, im Landesbankensektor sozusagen. Und damit muss Schluss sein, und deswegen wollen wir jetzt eine Lösung, und in der Tat, Sie haben es gesagt, bei uns ist der Druck am größten, weil es am Ende des nächsten Jahres erledigt sein muss.

Pindur: Ganz konkret: Wie wollen Sie denn die WestLB, zum Beispiel auch im Rahmen einer Fusion mit der BayernLB, die ist ja im Gespräch, dem politischen Einflussbereich entziehen?

Borjans: Wir wollen als Erstes mal miteinander überhaupt darüber reden, ob das geht und ob es Sinn macht. Wir haben ja keinen Fusionsbeschluss gefasst, sondern wir haben bei der letzten Aufsichtsratssitzung ebenso wie der Verwaltungsrat der BayernLB grünes Licht dafür gegeben, bis zum Jahresende die Vorstände einmal miteinander reden zu lassen, ob aus den beiden eine dann auch lebensfähige Bank entstehen kann. Ansätze dafür gibt es, sonst hätten wir kein grünes Licht gegeben, etwa darin, dass die beiden sich sehr gut ergänzen in der Frage der Finanzierung großer mittelständischer Unternehmen mit internationaler Verbindung. Die WestLB hat nach wie vor starke Beine im internationalen Raum, die BayernLB ist stark im Bereich auch der Finanzierung von Unternehmen. Es gibt andere Funktionen, die noch dazukommen können. Das hat uns zumindest den Eindruck vermittelt, dass das eine Alternative dazu sein kann, die Bank einfach an den Markt zu bringen, und jeder kann sich vorstellen, dass im Augenblick, wenige Monate nach dem Höhepunkt der Finanzkrise, es nicht so ist, dass man einfach eine Bank anbieten kann und dann kommt jemand und kauft die. Und das ist glaube ich eine Lösung, die uns auch eine Menge Probleme bringen wird, und deswegen suchen wir einfach nach Möglichkeiten, und ich finde, das kann eine sein, es gibt aber auch andere Optionen.

Pindur: Nehmen wir mal an, mit der BayernLB, das würde etwas geben. Wären Sie bereit, den Standort Düsseldorf als Standort dieser fusionierten Großbank dann aufzugeben?

Borjans: Wenn ich das jetzt am Anfang sagen würde, wäre ich verrückt, weil so verhandelt man nicht. Auf der anderen Seite ist in der Vergangenheit an solchen Fragen immer im Vorfeld das Verhandeln schon gescheitert, weil einer gesagt hat, nein, der Standort hier darf nicht geschwächt werden, der andere darf nicht mehr kriegen als ich. Wir müssen uns immer vor Augen halten: Was ist die Alternative? Die Alternative sieht nicht gut aus, das ist nämlich der Verkauf, und wenn der Verkauf nicht gelingt, dann droht eben auch, dass Teile nur einer Bank verkauft werden können und wieder ein Rest übrig bleibt, der dann in die sogenannte Abwicklungsanstalt muss. Das kann keine Perspektive sein. Aber man muss natürlich auch anständig verhandeln können, man braucht faire Bedingungen. Es kann nicht so sein, dass nachher der eine nichts mehr hat, beim anderen ist alles, nur: Man muss offen in Verhandlungen gehen und das ist meine Devise.

Pindur: Herr Walter-Borjans, vielen Dank für das Gespräch!

Borjans: Ebenfalls vielen Dank!

Pindur: Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans, SPD.
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