"Menschen nicht fürs Schwarzfahren einsperren"
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Wer schwarzfährt und nicht zahlen kann, dem droht eine Haftstrafe. Berlin und Thüringen wollen diese Regelung abschaffen. Auch Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach ist dafür, gibt dem Vorstoß im Bundesrat allerdings keine Chance.
Schwarzfahren soll künftig nicht mehr als Straftat gelten. Das fordern die Bundesländer Berlin und Thüringen und lassen am Freitag im Bundesrat über eine entsprechende Gesetzesänderung abstimmen. Diese sieht vor, das Schwarzfahren zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Das hätte zur Folge, dass Schwarzfahrer künftig keine Haftstrafen mehr auferlegt bekämen, wenn sie das Bußgeld nicht zahlen können.
Der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, erklärt die aktuelle Problematik: "Die Folge dieser gegenwärtigen Lage ist, dass ich täglich im Justizvollzug in Nordrhein-Westfalen 1.200 Ersatzfreiheitsstrafler habe, von denen ein großer Teil – etwa die Hälfte – wegen des Schwarzfahrens einsitzt." Das halte der CDU-Politiker für falsch. Zudem mache es "keine Sinn, wenn Menschen, die drogen- oder alkoholabhängig sind und deswegen Schwarzfahren, für einen Monat oder für zwei eingesperrt werden müssen, weil sie die Kosten nicht bezahlen können", sagt Biesenbach.
Laut Biesenbach mache das Einsperren keinen Sinn, wenn die Folge nicht erreicht wird. "Wir wollen ja in der Haft erreichen, dass Menschen hinterher straflos weiterleben können und haben dafür auch zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen." Drogen- oder Alkoholabhängigen, die nach Angaben der Verkehrsverbände 47 Prozent der Schwarzfahrer ausmachen, helfe es nicht, wenn man sie wegsperre, so Biesenbach. "Also müssen wir andere Wege finden, die dazu führen, dass nicht schwarzgefahren wird."
"Den Weg halte ich für falsch"
Obwohl er das Problem ebenfalls beseitigen wolle, kritisiert der Justizminister den Vorstoß aus Berlin und Thüringen: "Die Idee, zu entkriminalisieren, halte ich für richtig, aber den Weg halte ich für falsch." Biesenbach zufolge gebe es im Bundesrat auch keine Mehrheit für den Vorschlag. Er schlägt stattdessen Alternativen vor: Erstens sollen Fahrgäste künftig beim Fahrer einsteigen und dort ihr Ticket vorzeigen. "Dann kommt niemand rein, der keines hat. Das heißt, ich vermindere die Zahl der Schwarzfahrer", so Biesenbach. Zweitens soll die Zahl die Kontrolleure verstärkt werden. "Die höheren Einnahmen dadurch würden die Kosten für die Kontrolleure ausgleichen." Drittens könnte man die Leistungen beim Bezug von Hartz IV für die Mobilität durch ein Sozialticket ersetzen. "Dann wäre auch da die Strafbarkeit weg", erläutert der CDU-Politiker. Außerdem gebe es Überlegungen, "dass wir dann die Gelder, die zu zahlen sind, ermöglichen, ohne dass wir darauf verzichten".
Biesenbach erinnert zudem an einen Vorschlag aus der Vergangenheit: "Ich möchte gern die Bestimmung im Strafgesetzbuch zum Schwarzfahren so geändert haben, dass Schwarzfahren nur noch dann als solches bestraft wird, wenn Kontrollen überwunden werden, wenn ich also täuschen muss. Das war der Ausgangspunkt vor Jahrzehnten. Und über den redet keiner mehr, seit die Kontrolleure nicht mehr da sind."
(lsc)