Gurlitt darf sich nicht auf Verjährung berufen
Der Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt dürfe die von seinem Vater erworbene NS-Raubkunst nicht behalten, meint der Rechtsanwalt und Kunstexperte Peter Raue. Die Verjährungsfrist greife in seinem Fall nicht. Forderungen aus Bayern, die Verjährung rückwirkend abzuschaffen, seien dagegen populistisch.
Im Streit um den Münchner Kunstfund des Kunsthändlersohns Cornelius Gurlitt hat Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) vorgeschlagen, im Zuge einer "gütlichen Einigung" einen Teil der Werke öffentlich ausstellen zu wollen. Zugleich kündigte er an, per Gesetz regeln zu wollen, dass Besitzer von NS-Raubkunst nicht mehr in jedem Fall die Verjährung von Eigentümeransprüchen geltend machen können. Dies solle rückwirkend gelten, also auch für den Fall Gurlitt.
Der Rechtsanwalt und Kunstspezialist Peter Raue bezeichnete diesen Vorstoß im Deutschlandradio Kultur grundsätzlich als "nicht durchdachten" und "populistischen Schnellschuss". Er halte es für "sehr fraglich", ob man überhaupt "nachträglich eine Verjährungsfrist aufheben kann". Zudem sei der Begriff der Bösgläubigkeit schwer zu fassen, so Raue. Es sei sicherlich bösgläubig, "wenn man ganz genau weiß, dass die Arbeit, die man erworben hat, einer jüdischen Familie geraubt worden ist". Im Falle der Versteigerung eines solchen Werkes im Jahr 1938 und dem anschließenden Verkauf ins Ausland könne sich jedoch ein anderes Bild ergeben: "Vor 20 Jahren hat kein Mensch daran gedacht, dass das unzulässig sein könnte."
Raue: Gurlitt ist auf unlautere Weise in Besitz der Bilder gekommen
Im speziellen Fall Gurlitt meint Raue dagegen, dass sich der Kunsthändlersohn auf den Einwand der Verjährung gar nicht erst berufen dürfe. "Also ich bin ja der Meinung, dass Herr Gurlitt sich auf die Verjährung nicht berufen darf, weil er der Erbe des Menschen ist, der mit den Nazis paktiert hat und auf diese Weise in den Besitz der Bilder gekommen ist." Auf den Einwand der Verjährung könne sich nur berufen, "wer von Herrn Gurlitt vor 40 Jahren ein Bild gekauft hat", da ihm Gutgläubigkeit unterstellt werden könne.
Auch eine Ausstellung der Werke halte er für schwer denkbar ohne vorherige Recherche, aus wessen Besitz die Bilder ursprünglich kommen, so Raue weiter. "Es reicht doch vollkommen, wenn die Bilder endlich, endlich ins Internet gestellt werden! Denn dieses Ausstellen, das ist ja nur ein An-den-Pranger-stellen, das bringt ja keinen höheren Erkenntniswert."
phe (mit dpa)