Der Druck auf Obama wächst
Während sich Whistleblower Edward Snowden um Asyl in Brasilien bemüht, gerät US-Präsident Obama weiter unter Druck - von Seiten der Justiz und der großen Internet-Konzerne.
Edward Snowden sieht sich durch das jüngste Urteil eines amerikanischen Bundesdistriktgerichts bestätigt. Er sei von vornherein davon ausgegangen, dass die Datensammlungspraxis der NSA einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten könne, so Snowden in einer schriftlichen Erklärung aus dem russischen Asyl.
Der Rechtsanwalt Ben Wizner, der für die American Civil Liberties Union (ACLU), eine Bürgerrechtsgruppe, arbeitet, sagte, Snowden habe die Beweise geliefert, die die ACLU jahrelang nicht gehabt habe, um die NSA-Programme gerichtlich anzugehen.
"Snowden konnte nicht ahnen, wie der Richter sich entscheiden würde. Aber er hat jahrelang beobachtet, wie Gruppen wie die ACLU mangels Beweisen keine erfolgreiche Klage führen konnten. Er hat die Beweise geliefert, und als die NSA-Praxis in einem offenen Gerichtshof angegriffen wurde, hat ein konservativer, republikanischer Richter gegen die NSA entschieden."
Snowden scheint sich unterdessen um ein anderes Asylland zu bemühen. Der 30-Jährige wandte sich in einem offenen Brief an das brasilianische Parlament. Er könne bei der Aufklärung des Abhörens der brasilianischen Staatschefin Dilma Roussef helfen - dazu müsse man ihm jedoch Asyl gewähren, ließ Snowden erkennen.
Die Haltung der amerikanischen Regierung beeinflusse das nicht, so der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney.
"Was Brasilien anbelangt, und die Enthüllungen, die andere Nationen anbelangt, das besprechen wir auf den normalen diplomatischen Kanälen. Unsere Ansicht über Mister Snowden hat sich nicht verändert."
Die Obama-Administration verlangt weiterhin die Auslieferung Snowdens, um ihm den Prozess zu machen.
Der Präsident empfing unterdessen die Chefs der Internetriesen von Apple bis Twitter, von Google bis Microsoft. Er wolle unter anderem die Schwierigkeiten bei der Einführung der Obamacare-Website besprechen - so stand es jedenfalls an erster Stelle der Tagesordnung.
Apple, Google und Co bangen um ihre Geschäfte
Doch das für die IT-Manager wichtigste Thema war die Frage, wie die Überwachungspraktiken der NSA eingehegt und deren Kontrolle verstärkt werden kann. Die Chefs der Internetfirmen befürchten eine Erosion ihrer Geschäftsmodelle, die zumeist auch auf Kundendaten beruhen. Sie forderten den Präsidenten laut einer hinterher verbreiteten schriftlichen Erklärung auf, die Reform der NSA-Praktiken aggressiver anzugehen. Die Hightech-Firmen fürchten, auf Dauer das Vertrauen der Kunden zu verlieren - das wäre schlecht fürs Geschäft.
Der politische Druck auf Barack Obama ist damit weiter gewachsen. Anfang der Woche hatte erstmals der Richter Richard Leon im Rahmen eines öffentlichen Prozesses die Telefonmetadaten-Sammlung in den USA als nicht verfassungsgemäß beurteilt. Das Gericht ist allerdings zwei Ebenen unter dem Obersten Gerichtshof angesiedelt, seine Entscheidung wird von der Regierung in einem Revisionsverfahren angefochten.
Das Justizministerium in Washington verwies darauf, dass 15 Richter des geheim tagenden Gerichts für Nationale Sicherheit in 35 Urteilen die Telefonmetadatensammlung als verfassungsgemäß beurteilt hätten. Sie berufen sich auf ein Urteil des Obersten Gerichts von 1979. Doch damals, so Richter Leon, habe es die heutigen technischen Möglichkeiten und Funktelefone nicht gegeben - dieses Urteil sei überholt.