NSA-Untersuchungsausschuss

"Gründlichkeit ist entscheidend"

Patrick Sensburg, Obmann der CDU, spricht in Mikrofone von Journalisten.
Patrick Sensburg, Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses © dpa / Daniel Naupold
Patrick Sensburg im Gespräch mit Nana Brink |
Eine Befragung des Whistleblowers Edward Snowden werde nicht verschleppt, betont der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU). Vielmehr habe Snowden selbst darum gebeten, zunächst rechtliche Fragen zu klären.
Nana Brink: Das Ausspähen von Freunden geht gar nicht, sagte die Kanzlerin sichtlich empört letzten Oktober, als sie erfuhr, dass der US-amerikanische Geheimdienst NSA ihr Handy ausspioniert hat. Mittlerweile wissen wir aus den Unterlagen von Whistleblower Edward Snowden, dass das nur die Spitze der Sammelwut der NSA ist. Wer weiß, was wir alles noch nicht wissen!
Auf jeden Fall hat die Affäre die Beziehungen zwischen den alten Verbündeten Deutschland und den USA massiv erschüttert, auch, wenn man jetzt in Sachen Ukraine wieder den Schulterschluss übt. All das und noch viel mehr wird Thema sein, wenn die Bundeskanzlerin jetzt für drei Tage in die USA reist.
Patrick Sensburg von der CDU ist Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestages. Schönen guten Morgen, Herr Sensburg!
Patrick Sensburg: Ich grüße Sie, schönen guten Morgen!
Brink: Was soll, was muss die Kanzlerin in Sachen NSA bei ihrem Besuch ansprechen?
Sensburg: Ja, sie wird viele Themen ansprechen. Ich denke, NSA ist eines von diesen Themen. Es gibt zurzeit weltweit viele Themen, die wir mit unseren Freunden in den Vereinigten Staaten besprechen sollten. Da ist NSA sicherlich ein Thema. Da wird die Frage sein, wer ist denn genau abgehört worden, könnte ich mir vorstellen. Es ist ja in Rede, dass das Handy der Kanzlerin abgehört worden ist.
Aber es ist natürlich auch die Frage, ob massenhafte Ausspähung von Daten der Bürgerinnen und Bürger überhaupt sinnvoll ist, ob das uns überhaupt weiterbringt. Und ich könnte mir vorstellen, dass das Thema NSA sicherlich eins der Themen ist, die unter vier Augen besprochen werden. Aber wie gesagt, ich glaube, dass es nur ein Thema bei diesem Besuch ist.
Symbolfoto Netzwerkkabel mit dem Logo der National Security Agency (NSA)
Die NSA-Affäre sollte auch Thema bei Merkels USA-Reise sein. © dpa / picture alliance / Jan-Peter Kasper
Brink: Nun konzentrieren wir uns jetzt mal darauf: Die USA verweigern der Kanzlerin ja Einsicht in ihre NSA-Akte, auch wurden mehrfache Anfragen der Bundesregierung zur Vorgehensweise der NSA, also genau das, was Sie ja auch gefragt haben – was wird denn da eigentlich ausspioniert – nicht beantwortet. Klingt das für Sie nach Bereitschaft zur Aufklärung?
"Interesse der Bürger an Verwendung ihrer Daten legitim"
Sensburg: Also ich kann nachvollziehen, dass nachrichtendienstliche Erkenntnisse nicht mal eben per Mail verschickt werden, wie man es macht, was man macht, das ist das Typische von geheimdienstlicher Arbeit, dass sie eben geheim ist, sonst hieße sie ja auch anders.
Trotzdem hat die Bundesrepublik Deutschland ein legitimes Interesse, zu wissen, was mit den Daten von Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von Politikern, beispielsweise Bundestagsabgeordneten, aber auch Regierungsmitgliedern passiert, und deswegen haben wir einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, um diesen Fragen, die legitim und auch notwendig sind, Nachdruck zu verleihen.
Brink: Aber bislang kommt ja nichts. Der Bundesinnenminister hat erst gesagt, entsprechende Angaben hat die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber der Bundesregierung nicht gemacht.
Sensburg: Die Bundesregierung hat bisher zu ihren jetzigen Erkenntnissen eine umfangreiche Drucksache erstellt, da sage ich ganz deutlich, das reicht uns nicht. Deswegen haben wir den Untersuchungsausschuss. Der hat nun zwei Mal getagt. Wir fangen in der nächsten Sitzungswoche, am kommenden Donnerstag mit den ersten Beweiserhebungen an. Alle rechnen damit, dass dieser Untersuchungsausschuss nicht nach wenigen Wochen zu Ende ist, sondern sicherlich zwei, zweieinhalb Jahre dauern wird, und in dieser Zeit wollen wir die Erkenntnisse gewinnen. Man muss ja nicht nur bei den Amerikanern nachfragen.
Brink: Apropos nächste Sitzung, die Sie ja haben am 8. Mai: Der Anwalt von Edward Snowden hat gegenüber deutschen Medien Anfang des Monats ja signalisiert, sein Mandant würde grundsätzlich mitwirken an der Aufklärung von Sachverhalten. Aus Snowdens Unterlagen wissen wir ja überhaupt von der Abhörung des Kanzlerinnenhandys. Warum haben Sie im Untersuchungsausschuss eigentlich die Entscheidung, Snowden als Zeugen vorzuladen, auf die Zeit nach dem Besuch der Kanzlerin in den USA vertagt?
"Snowden will Voraussetzung seiner Aussagen klären"
Edward Snowdens Lage bleibt weiter unklar.
Vor einer Aussage möchte Edward Snowden die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt wissen.© afp / Wikileaks
Sensburg: Ja, um es richtig zu sagen: Edward Snowden hat gegenüber mir als Ausschussvorsitzenden über seinen Anwalt Wolfang Kaleck erklären lassen, dass er bereit ist, auszusagen, angehört zu werden, aber unter Voraussetzungen. Ich bitte da, das Schreiben, was knapp eine DIN-A-4-Seite hat, auch richtig zu lesen. Er möchte die Rechte und tatsächlichen Voraussetzungen im Vorfeld geklärt haben. Und dann wird sich zeigen, zu welchen Punkten er aussagen kann.
Das ist der Inhalt dieses Schreibens. Und das hat der Untersuchungsausschuss in seiner letzten Sitzung dementsprechend auch beschlossen, dass er die Bundesregierung bis zum 2. Mai aufgefordert hat, genau diese Fragestellungen zu klären, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine Aussage, eine Vernehmung und Anhörung von Edward Snowden möglich ist.
Brink: Aber das hätte man doch schon im Vorab klären können.
Sensburg: Ja, im Vorab kann man nichts klären, wenn ein Anwalt nicht grundsätzlich die Bereitschaft anzeigt, und die Bundesregierung muss ja erst mal durch den Untersuchungsausschuss aufgefordert werden. Wir haben zwei Sitzungen gehabt, eine konstituierende Sitzung, und direkt in der zweiten Sitzung haben wir diese Aufforderung an die Bundesregierung beschlossen. Also ich glaube, viel schneller kann man nicht arbeiten, wenn sich ein Gremium erst konstituiert und dann sofort die Bundesregierung zur Prüfung auffordert, das ist, glaube ich, sogar sehr schnell.
Brink: Aber ist das nicht auch ein Verfahrenstrick, um der Kanzlerin auch sozusagen einen einfacheren Aufenthalt in den USA zu ermöglichen?
Sensburg: Sie sehen ja an diesem Interview, also dass die Journalisten sich keine Fragen verbieten lassen und das wäre ja auch schlimm. Also ich rechne jetzt nicht damit, weil wir erst eine inhaltliche und rechtliche Klärung der doch sehr sensiblen Frage beschlossen haben, dass es keine Fragen zum Thema NSA und Snowden in den nächsten fünf Tagen geben wird. Also von daher, da einen Verfahrenstrick drin zu sehen: Gründliche Arbeit ist das Entscheidende!
"Staaten werden immer wieder versuchen, zu spionieren"
Brink: Nach Bekanntwerden der Handyaffäre gab es ja eine große Aufregung, es sollte auch ein No-Spy-Abkommen mit den USA geben, man wollte sich auf Prinzipien verständigen. Die USA zeigen aber Deutschland weiterhin die kalte Schulter. Wird das Thema auch fallen gelassen?
Sensburg: Also viele haben keine große Hoffnung in ein No-Spy-Abkommen, egal ob Fachleute, ob Politiker. Ich sage immer, es schadet nichts, wenn man sich auf einem gemeinsamen Level trifft, wenn man Vereinbarungen trifft, wenn man sich über bestimmte Dinge einig ist.
Das bedeutet nicht, dass bei geheimdienstlicher Tätigkeit immer alles eingehalten wird. Nur zur Klarstellung: Geheimdienstliche Aktivitäten in Deutschland sind strafbar, Spionage ist strafbar. Trotzdem hat es immer geheimdienstliche Aktivitäten in der Geschichte gegeben. Ich sage immer, schon in der Steinzeit ist man in die Höhle der anderen gegangen und hat geschaut, wie die Feuer machen.
Brink: Aber gut, über die Bedingungen kann man sich ja verständigen.
Sensburg: Ja, wenn Sie das glauben, dann ist das gut. Ich vertraue dem nicht. Ich glaube, dass auch gegenüber allen gesetzlichen Regelungen, zwischenstaatlichen Verträgen es immer wieder eine Grauzone gibt, indem Staaten versuchen, bestimmte Dinge auszuspionieren.
Ich lege eigentlich einen größeren Wert auf den Bereich Spionageabwehr. Wir können doch unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht sagen, wir haben jetzt ein Abkommen und jetzt ist die Welt gut, und das glauben wir und vertrauen wir, und in fünf oder zehn Jahren sehen wir, dass bestimmte Staaten sich gar nicht dran gehalten haben. Und das müssen nicht nur die USA sein. Abkommen sind gut und sind richtig, ich bin da viel positiver als manch anderer, aber nichts desto trotz müssen wir die Datensicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger selber gewährleisten.
Brink: Also eine deutsche NSA?
Sensburg: Na, ich glaube ja nicht, dass das, was wir jetzt kritisieren – und ich bin sehr kritisch gegenüber dem, was die NSA gemacht hat –, dass wir das auch noch selber machen sollten. Ich glaube, dass wir im Bereich Datensicherheit viel mehr investieren sollten, eine gestufte, gestaffelte, möglicherweise Verschlüsselung von Daten. Ich stelle mir so etwas vor wie Security Light in Germany, da müssen wir ein Level erreichen, den wir möglicherweise dann auch unter ökonomischen, wirtschaftlichen Gesichtspunkten als Standard fixieren können, den wir exportieren können.
Brink: Patrick Sensburg von der CDU, Vorsitzender des NSA-Ausschusses des Bundestages. Schönen Dank, Herr Sensburg!
Sensburg: Herzlichen Dank!

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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