"Nur für Mädels!"

Von Cornelia Wegerhoff |
Die Hoffnung auf Presse- und Meinungsfreiheit war zu Beginn der Revolution in Ägypten groß nach den Jahren der Mubarak-Zensur. Und es gibt zum Beispiel mutige Radiomacherinnen, die ihre Power nicht auf dem Tahir-Platz verbraucht, sondern ins Studio mitgebracht haben.
Im Werbespot dürfen Männer zwar singen, aber ansonsten gilt: "Bänat we bas", Mädels und sonst nichts ...

Ägyptens einziger Radiosender von Frauen für Frauen präsentiert sich frech und modern. Im Programm sind Themen wie Kosmetik und Klamotten, Kinder kriegen, Karriere machen und vor allem ... Krisen meistern. In dieser Sendung berichtet die junge Moderatorin über Scheidungsfälle. Für die betroffenen Frauen wird die Scheidung meist zur Schande. Was tun, wird auf dem Sender ganz offen diskutiert.

Hier gibt eine ältere Frau den jüngeren Tipps. Zwischen 12 und 50 Jahre alt sind die Hörerinnen, die sich regelmäßig im Internet in das Online-Radio klicken. Amani Tounsi ist die Chefin und Gründerin des Frauensenders. Frauen Mut machen, das ist mein wichtigstes Ziel, erklärt die 28-Jährige. Die studierte Informatikerin wollte nicht länger einfach so hinnehmen, dass Frauen in Ägypten diskriminiert werden. Ihr Schlüsselerlebnis hatte sie vor drei Jahren:

"Ich fuhr mit meinem Auto zur Arbeit und da sah ich mitten auf der Straße einen Mann seine Frau verprügeln. Ich hab sie ins Auto genommen und ihr gesagt: Niemand hat das Recht, dich zu schlagen wie ein Tier. Und nicht mal Tiere sollte man so behandeln."

Ägyptens Frauen müssen für ihre Rechte kämpfen, sagte sich Amani Tounsi und überlegte, wie sie möglichst viele Mädchen und Frauen mit dieser Botschaft erreichen kann. Gemeinsam mit acht Freundinnen startete sie in einem kleiner Mietwohnung mit einem Computer, einem Aufnahmegerät und ein paar Mikrofonen das Radioprojekt im Internet. Ein Riesenerfolg:

"Schon in der ersten Woche hatten wir 15.000 Zuhörerinnen. Viele machten sofort mit und erzählten von ihren Erfahrungen. Es war klasse."

Als das ägyptische Volk im vergangenen Jahr auf die Straße ging, um Mubarak zu stürzen, war die junge Radiomacherin auf dem Tahir-Platz dabei. Bei der Revolution kämpften Männer und Frauen Seite an Seite. Frauen demonstrierten, Frauen starben im Kugelfeuer der Sicherheitskräfte. Das verschaffte ihnen plötzlich Respekt. Wie viele Frauen hoffte Amani Tounsi endlich Gleichberechtigung erzielt zu haben, doch nach der Revolution kam die große Enttäuschung. Die Generäle des Obersten Militärrates übernahmen die Macht in Ägypten und bei den ersten freien Parlamentswahlen siegten ausgerechnet die Islamisten, deren Frauenbild alles andere als revolutionär sei.

"Bei denen ist der Platz der Frauen zu Hause. Das ist jetzt die schlimmste Zeit für die Ägypterinnen. Der Respekt ist weg. Und das Militär hat sogar Demonstrantinnen daraufhin untersuchen lassen, ob sie noch Jungfrauen sind. Wir haben absolut keine Frauenrechte mehr in diesem Land."

Umso wichtiger sei es jetzt, dass die Ägypterinnen sich auf andere Weise Gehör verschafften: beim Frauenradio.
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