Nur wenige "Weicheier" in der evangelischen Kirche
In den Lebensentwürfen heutiger Männer wird Vater-Sein und Familie zunehmend wichtig, die Arbeit dagegen tritt ein Stück zurück, meint Martin Rosowski, Geschäftsführer der Männerarbeit in der Evangelischen Kirche Deutschlands. Er beklagt den "Auszug" der Männer aus der Kirche und betont ihre eigenen spirituellen Bedürfnisse.
André Hatting: Wann ist ein Mann ein Mann? Das hat Herbert Grönemeyer einmal gefragt. Sein Lied aus den 80ern war so was wie die Hymne männlicher Selbstfindung. Aber das Problem ist viel, viel älter. Seit jetzt über 60 Jahren kümmert sich in Deutschland eine Arbeitsgemeinschaft genau darum. Begonnen hat sie als Laienorganisation, aber die Männerarbeit ist längst fester Bestandteil der Evangelischen Kirche in Deutschland. Heute beginnt in Bremen die jährliche Haupttagung der AG Männerarbeit, mit dabei Martin Rosowski. Er ist Geschäftsführer der Männerarbeit in der EKD und jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Rosowski.
Martin Rosowski: Ja guten Morgen!
Hatting: Ernährer, Beschützer, Bestimmer - die Rollen wechseln wie die Kleidermode. Wie sieht er denn aus im Jahr 2012, der vorbildliche Mann?
Rosowski: Ich glaube, er hat von allem etwas. Es ist etwas von dem, was Herbert Grönemeyer so ein bisschen auf den neuen Mann hin angedeutet hat. Sicherlich ist er aber auch noch ein Stück etwas von dem, was Sie mit Ihren drei Schlagworten beschrieben haben. Aber ich glaube, ganz entscheidend ist, dass wir feststellen müssen, dass es "den Mann" schlechthin ja nicht gibt, sondern dass es Männer mit den unterschiedlichsten, vielfältigsten Lebensentwürfen gibt und wir zunehmend merken, dass in diesen Lebensentwürfen die Rolle der Arbeit ein Stück weit im Vergleich zu früher zurücktritt und doch stärker die Frage nach Familie, nach aktiver Partnerschaft und nach aktiver Vaterschaft vor allen Dingen zurücktritt. Ich glaube, der neue Mann entwickelt sich sehr stark auf eine partnerschaftliche Beziehung und eine aktive Vaterschaft hin.
Hatting: Die AG gibt es seit 1946. War es früher einfacher oder schwerer für Männer, Vorbilder zu finden?
Rosowski: Ich glaube, es war einfacher, weil es klare gesellschaftliche Rollenstereotypen gab, um die es keine Diskussionen gab. Der Mann war der Ernährer, der Mann war derjenige, der die Außenwelt repräsentierte, während die Frau den inneren Bereich, den sogenannten Reproduktionsbereich, also die Familie betreute. Diese Rollenbilder haben sich erheblich verändert und somit haben sich auch Vorbilder verändert. Hinzu kommt, dass wir, glaube ich, insgesamt ein neues Bild von Männlichkeit in unserer Gesellschaft und auch in den Medien bekommen und diese klassischen Heroen, Idole und Stars nicht mehr die alleinige Folie dafür sind, woraus man als Einzelmensch Vorbilder entwickelt für sich selbst.
Hatting: Apropos Stars. Auf der Tagung gibt es heute auch eine Podiumsdiskussion, mit dabei unter anderem der Ex-Fußballprofi Dieter Eilts. Star ist vielleicht ein bisschen viel gesagt, aber er war immerhin mal ein berühmter Fußballer.
Rosowski: Ja der letzte amtierende Europameister.
Hatting: Richtig. - Ist er mit dabei, weil Sport nach wie vor wichtig ist für das Männerbild?
Rosowski: Sicherlich auch deswegen, aber wenn Sie mal genau hinschauen: Dieter Eilts hat, nachdem er seine Profikarriere beendet hat, ja sehr viel im Jugendtrainerbereich gemacht. Er war Trainer der U19 von Werder Bremen, er war Trainer der U19 der deutschen Nationalmannschaft und Trainer der U21 der deutschen Nationalmannschaft, das heißt also ein Mann, der seine persönlichen Profierfahrungen eingebracht hat, um jungen Leuten Fußball beizubringen, sie zu Profis zu machen, dann aus bestimmten Gründen des Streits mit dem DFB zurückgetreten ist oder geschasst worden ist und heute eine Fußballschule für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren für den Verein Werder Bremen organisiert. Ich glaube, er ist ein sehr interessanter Mann, wenn es um die Frage von Vorbildern geht.
Hatting: Die Männerarbeit, die AG Männerarbeit ist ein Teil der EKD, ich habe das schon gesagt. Männer in Kirche, da gibt es doch nur Weicheier, aber doch keine echten Kerle. Das ist ein Klischee natürlich, aber gerade deshalb auch ein Problem für Sie?
Rosowski: Nein. Unser Hauptproblem ist, dass Männer und Kirche ein äußerst gespanntes Verhältnis zueinander haben. Wir haben seit einer geraumen Zeit einen Auszug der Männer aus der Kirche zu verzeichnen. Scheinbar sah es eine ganze Zeit so aus, als wenn Männer und Fragen der Spiritualität, Fragen der Transzendenz, Fragen des Glaubens, des Verhältnisses zu Gott und so weiter ein Tabuthema gewesen ist. Dieses versuchen wir aufzubrechen, denn wir spüren schon, dass Männer hier ihr eigenes spirituelles Bedürfnis haben und auch eigene Ansprüche an die Bedeutung von Kirche und von Glaube und von Religion für ihr Leben haben, und wir versuchen, mit ihnen es neu zu buchstabieren und es auch zu artikulieren, dass es überhaupt erst mal wieder wahrgenommen wird, dass auch Männer eigentlich einen Platz in der Kirche haben sollten. Weicheier finde ich da eher weniger.
Hatting: Das war Martin Rosowski, Geschäftsführer der AG Männerarbeit in der EKD. Mit ihm habe ich nach neuen Vorbildern für uns Männer gesucht. Ich bedanke mich dafür, Herr Rosowski.
Rosowski: Danke, Ihnen auch. Tschüß!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Martin Rosowski: Ja guten Morgen!
Hatting: Ernährer, Beschützer, Bestimmer - die Rollen wechseln wie die Kleidermode. Wie sieht er denn aus im Jahr 2012, der vorbildliche Mann?
Rosowski: Ich glaube, er hat von allem etwas. Es ist etwas von dem, was Herbert Grönemeyer so ein bisschen auf den neuen Mann hin angedeutet hat. Sicherlich ist er aber auch noch ein Stück etwas von dem, was Sie mit Ihren drei Schlagworten beschrieben haben. Aber ich glaube, ganz entscheidend ist, dass wir feststellen müssen, dass es "den Mann" schlechthin ja nicht gibt, sondern dass es Männer mit den unterschiedlichsten, vielfältigsten Lebensentwürfen gibt und wir zunehmend merken, dass in diesen Lebensentwürfen die Rolle der Arbeit ein Stück weit im Vergleich zu früher zurücktritt und doch stärker die Frage nach Familie, nach aktiver Partnerschaft und nach aktiver Vaterschaft vor allen Dingen zurücktritt. Ich glaube, der neue Mann entwickelt sich sehr stark auf eine partnerschaftliche Beziehung und eine aktive Vaterschaft hin.
Hatting: Die AG gibt es seit 1946. War es früher einfacher oder schwerer für Männer, Vorbilder zu finden?
Rosowski: Ich glaube, es war einfacher, weil es klare gesellschaftliche Rollenstereotypen gab, um die es keine Diskussionen gab. Der Mann war der Ernährer, der Mann war derjenige, der die Außenwelt repräsentierte, während die Frau den inneren Bereich, den sogenannten Reproduktionsbereich, also die Familie betreute. Diese Rollenbilder haben sich erheblich verändert und somit haben sich auch Vorbilder verändert. Hinzu kommt, dass wir, glaube ich, insgesamt ein neues Bild von Männlichkeit in unserer Gesellschaft und auch in den Medien bekommen und diese klassischen Heroen, Idole und Stars nicht mehr die alleinige Folie dafür sind, woraus man als Einzelmensch Vorbilder entwickelt für sich selbst.
Hatting: Apropos Stars. Auf der Tagung gibt es heute auch eine Podiumsdiskussion, mit dabei unter anderem der Ex-Fußballprofi Dieter Eilts. Star ist vielleicht ein bisschen viel gesagt, aber er war immerhin mal ein berühmter Fußballer.
Rosowski: Ja der letzte amtierende Europameister.
Hatting: Richtig. - Ist er mit dabei, weil Sport nach wie vor wichtig ist für das Männerbild?
Rosowski: Sicherlich auch deswegen, aber wenn Sie mal genau hinschauen: Dieter Eilts hat, nachdem er seine Profikarriere beendet hat, ja sehr viel im Jugendtrainerbereich gemacht. Er war Trainer der U19 von Werder Bremen, er war Trainer der U19 der deutschen Nationalmannschaft und Trainer der U21 der deutschen Nationalmannschaft, das heißt also ein Mann, der seine persönlichen Profierfahrungen eingebracht hat, um jungen Leuten Fußball beizubringen, sie zu Profis zu machen, dann aus bestimmten Gründen des Streits mit dem DFB zurückgetreten ist oder geschasst worden ist und heute eine Fußballschule für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren für den Verein Werder Bremen organisiert. Ich glaube, er ist ein sehr interessanter Mann, wenn es um die Frage von Vorbildern geht.
Hatting: Die Männerarbeit, die AG Männerarbeit ist ein Teil der EKD, ich habe das schon gesagt. Männer in Kirche, da gibt es doch nur Weicheier, aber doch keine echten Kerle. Das ist ein Klischee natürlich, aber gerade deshalb auch ein Problem für Sie?
Rosowski: Nein. Unser Hauptproblem ist, dass Männer und Kirche ein äußerst gespanntes Verhältnis zueinander haben. Wir haben seit einer geraumen Zeit einen Auszug der Männer aus der Kirche zu verzeichnen. Scheinbar sah es eine ganze Zeit so aus, als wenn Männer und Fragen der Spiritualität, Fragen der Transzendenz, Fragen des Glaubens, des Verhältnisses zu Gott und so weiter ein Tabuthema gewesen ist. Dieses versuchen wir aufzubrechen, denn wir spüren schon, dass Männer hier ihr eigenes spirituelles Bedürfnis haben und auch eigene Ansprüche an die Bedeutung von Kirche und von Glaube und von Religion für ihr Leben haben, und wir versuchen, mit ihnen es neu zu buchstabieren und es auch zu artikulieren, dass es überhaupt erst mal wieder wahrgenommen wird, dass auch Männer eigentlich einen Platz in der Kirche haben sollten. Weicheier finde ich da eher weniger.
Hatting: Das war Martin Rosowski, Geschäftsführer der AG Männerarbeit in der EKD. Mit ihm habe ich nach neuen Vorbildern für uns Männer gesucht. Ich bedanke mich dafür, Herr Rosowski.
Rosowski: Danke, Ihnen auch. Tschüß!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.