Oase der Völkerverständigung
Man kann die Maurerkelle in die Hand nehmen und ein Zeugnis seines Glaubens erbauen. Es geht aber auch mit Hacke, Spaten und Samentüte: der Garten als Ort religiöser Besinnung, das ist auch der erklärte Zweck des "Gartens der Religionen", der im Herbst 2011 in der Kölner Innenstadt eröffnet wurde.
Köln, Stolzestraße, mitten in der Stadt. Es ist ein sonniger, etwas windiger Nachmittag. Etwa zwanzig Besucherinnen sind gekommen, um an einer Führung durch die knapp 1.800 Quadratmeter große grüne Oase teilzunehmen, die heuer zum ersten Mal ergrünt und erblüht.
IN VIA, ein Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit, hat sich dieses Projekt ausgedacht und umgesetzt. Der Verband residiert seit 1999 im Gebäude des ehemaligen Jesuitenklosters, zu dem auch ein verwilderter Garten gehörte – ideal für das 2009 gefasste Vorhaben, einen Ort der Spiritualität zu schaffen. Von der Straße aus geht man durch ein Tor in den Innenhof und steht direkt am Garteneingang. Dort hängt eine Glocke, die man selbst anschlagen kann.
"Die Glocke hat etwas sehr Einladendes..."
Anne Plhak kümmert sich bei IN VIA um den interreligiösen Dialog und um die Führungen durch den Garten. Auch heute versammelt sie die erste Besuchergruppe um die Glocke herum, denn hier startet Anne Plhak den Rundgang.
"Also die Glocke kennt man ja auch vom Christentum – Kirchturmglocken, wenn die läuten: Einladung zum Gebet. Und darüber hinaus ist die Glocke tatsächlich kulturübergreifend. Sie ist vor 5000 Jahren in China entstanden, hat dann sehr schnell Einfluss in hinduistische Weltanschauungen gefunden; der Buddhismus kennt sie auch. Und Buddhisten sagen, dass der Glockenklang alle Töne dieser Welt vereint, also dass der Glockenklang der perfekte Klang ist."
Und damit ist die Glocke auch das perfekte Symbol für diesen Ort der Spiritualität: Hier sind die fünf Weltreligionen vertreten, aber nicht in abgrenzender Absicht, sondern im Gegenteil – es geht um Verbindendes, auch um Grenzüberschreitendes. Schauen und dabei über den Zaun blicken, nachdenken, sich austauschen: Dazu will der Garten animieren, denn nirgends finden sich hier Schilder oder andere konkrete Zuordnungen. Die einzelnen Stationen haben auf den ersten Blick wenig Religiöses an sich. Die Landschaftsarchitektin Maria Mandt hat den Garten konzipiert:
"Der Garten beginnt mit dem Spiel des Lebens – immer kleiner werdende Kreise, in die ich eine Kugel werfe, die aber nicht perfekt ist. Sie hat eine Delle. Und so sind wir als Menschen auch: Wir sind nicht perfekt, wir haben alle unsere Macken. Und dieser Kreis ist gleichzeitig auch Eintrittspforte für den Garten. Und dann gibt es die verbindenden Elemente: Wüste, Zeit, Wasser – die ich in allen Religionen finde."
Anne Plhak und ihre Besuchergruppe sind inzwischen bei der Station "Wüste" angekommen: Ein kleiner runder Platz, umgeben von einer niedrigen, unebenen Mauer, karg ausgestattet, mit einigen Findlingen, fast ohne Grün. Kein Sand – wegen streunender Katzen, die hier kein Katzenklo vermuten sollen.
"Alle fünf Weltreligionen sind in Ländern entstanden, in denen es riesengroße Wüstengebiete gibt. Also wenn Sie mal an das Jüdisch-Christliche denken; das Alte Testament: Moses in der Wüste, der jüdische Hintergrund; das Neue Testament: Jesus in der Wüste, 40 Tage. Im Islam kennt man das genauso, es ist ein ähnlicher Hintergrund."
Und Maria Mandt sagt:
"Von da aus weitergehend – es ist ein Rundgang durch die alte Obstbaumallee links und rechts, die führen dann letztendlich zu den fünf Plätzen der Religionen, die ordnen sich wie an einer Perlenschnur auf einer Kette an nacheinander, haben jeweils ein Symbol, eine große Platte, zwei mal zwei Meter mit dem Symbol eingearbeitet. Es gibt dann noch mal einen Felsen, in den ein bestimmtes Wort eingemeißelt ist, das für diese Religion besonders ist, zum Beispiel "Beziehung" als Wort für´s Christentum oder "Treue" als Wort beim Judentum."
Die Idee eines Gartens der Religionen fand viel Zustimmung bei den verschiedenen Glaubensvertretern. Kritik kam nur von der katholischen Piusbruderschaft: Gleichmacherei warf sie den Gestaltern des Gartens vor. Der katholische Theologe Joachim Windolph, geistlicher Beirat im Vorstand von IN VIA, hält mit der Erklärung Nostra Aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils dagegen, auf dessen Fundament die Katholische Kirche bis heute stehe. In dieser Erklärung forderte das Konzil die Katholiken ausdrücklich dazu auf, sich mit anderen Religionen liebevoll auseinanderzusetzen und dabei die anderen sozial-kulturellen Werte anzuerkennen und zu fördern. Joachim Windolph:
"Weil Religionen ja nicht sich selber gehören oder sich selbst dienen, sondern sie haben immer den Zweck, Menschen anzurühren, dass sich Menschen mit sich selbst beschäftigen, mit der Frage nach Gott, mit den Antworten, die verschiedene Religionen auf diese Frage gefunden haben. Es ist kein Garten des Rechtens, sondern ein Garten des Dialogs, zu lernen. Hier gibt´s nicht richtig und falsch, sondern ich lass´ mich ansprechen."
Die Führung ist zu Ende. Zum Abschluss gehen viele der Besucher in das kleine Café, das zum Garten gehört. Vorher bitte noch eine kleine Bilanz: Wie war´s im Garten der Religionen?
Eine Frau: "Ja, der Garten ist sehr schön, weil er einfach mit dem Bestand gearbeitet hat, die alten Obstbäume sind bestehen geblieben. Und Religiosität ist ja vielleicht manchmal auch so´n bisschen zu sich selbst finden und mal `ne Ruhepause nehmen und die Gedanken schweifen lassen. Und ich denke, das kann man jetzt in dieser Kulisse sehr gut, egal, welcher Religion man angehört – oder auch nicht."
Ein Kind: "Die Glocke gefällt mir, dass der Garten so schön gemacht ist mit dem Wasser und so, dass man hier auch spielen kann… find ich ganz toll!"
Eine andere Frau: "Ja, mir hat also die Gartengestaltung sehr gut gefallen, und ganz besonders, dass das Verbindende der Religionen herausgestellt wird. Weil Religion ist auch oft zum Kriegszweck geworden. Und das find ich besonders schön gerade in `ner Stadt wie Köln, wo so viele unterschiedliche Bevölkerungsschichten leben. Und mitten in der Stadt sogar so `ne Oase der Völkerverbindung, der Völkerverständigung – der Freundschaft."
IN VIA, ein Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit, hat sich dieses Projekt ausgedacht und umgesetzt. Der Verband residiert seit 1999 im Gebäude des ehemaligen Jesuitenklosters, zu dem auch ein verwilderter Garten gehörte – ideal für das 2009 gefasste Vorhaben, einen Ort der Spiritualität zu schaffen. Von der Straße aus geht man durch ein Tor in den Innenhof und steht direkt am Garteneingang. Dort hängt eine Glocke, die man selbst anschlagen kann.
"Die Glocke hat etwas sehr Einladendes..."
Anne Plhak kümmert sich bei IN VIA um den interreligiösen Dialog und um die Führungen durch den Garten. Auch heute versammelt sie die erste Besuchergruppe um die Glocke herum, denn hier startet Anne Plhak den Rundgang.
"Also die Glocke kennt man ja auch vom Christentum – Kirchturmglocken, wenn die läuten: Einladung zum Gebet. Und darüber hinaus ist die Glocke tatsächlich kulturübergreifend. Sie ist vor 5000 Jahren in China entstanden, hat dann sehr schnell Einfluss in hinduistische Weltanschauungen gefunden; der Buddhismus kennt sie auch. Und Buddhisten sagen, dass der Glockenklang alle Töne dieser Welt vereint, also dass der Glockenklang der perfekte Klang ist."
Und damit ist die Glocke auch das perfekte Symbol für diesen Ort der Spiritualität: Hier sind die fünf Weltreligionen vertreten, aber nicht in abgrenzender Absicht, sondern im Gegenteil – es geht um Verbindendes, auch um Grenzüberschreitendes. Schauen und dabei über den Zaun blicken, nachdenken, sich austauschen: Dazu will der Garten animieren, denn nirgends finden sich hier Schilder oder andere konkrete Zuordnungen. Die einzelnen Stationen haben auf den ersten Blick wenig Religiöses an sich. Die Landschaftsarchitektin Maria Mandt hat den Garten konzipiert:
"Der Garten beginnt mit dem Spiel des Lebens – immer kleiner werdende Kreise, in die ich eine Kugel werfe, die aber nicht perfekt ist. Sie hat eine Delle. Und so sind wir als Menschen auch: Wir sind nicht perfekt, wir haben alle unsere Macken. Und dieser Kreis ist gleichzeitig auch Eintrittspforte für den Garten. Und dann gibt es die verbindenden Elemente: Wüste, Zeit, Wasser – die ich in allen Religionen finde."
Anne Plhak und ihre Besuchergruppe sind inzwischen bei der Station "Wüste" angekommen: Ein kleiner runder Platz, umgeben von einer niedrigen, unebenen Mauer, karg ausgestattet, mit einigen Findlingen, fast ohne Grün. Kein Sand – wegen streunender Katzen, die hier kein Katzenklo vermuten sollen.
"Alle fünf Weltreligionen sind in Ländern entstanden, in denen es riesengroße Wüstengebiete gibt. Also wenn Sie mal an das Jüdisch-Christliche denken; das Alte Testament: Moses in der Wüste, der jüdische Hintergrund; das Neue Testament: Jesus in der Wüste, 40 Tage. Im Islam kennt man das genauso, es ist ein ähnlicher Hintergrund."
Und Maria Mandt sagt:
"Von da aus weitergehend – es ist ein Rundgang durch die alte Obstbaumallee links und rechts, die führen dann letztendlich zu den fünf Plätzen der Religionen, die ordnen sich wie an einer Perlenschnur auf einer Kette an nacheinander, haben jeweils ein Symbol, eine große Platte, zwei mal zwei Meter mit dem Symbol eingearbeitet. Es gibt dann noch mal einen Felsen, in den ein bestimmtes Wort eingemeißelt ist, das für diese Religion besonders ist, zum Beispiel "Beziehung" als Wort für´s Christentum oder "Treue" als Wort beim Judentum."
Die Idee eines Gartens der Religionen fand viel Zustimmung bei den verschiedenen Glaubensvertretern. Kritik kam nur von der katholischen Piusbruderschaft: Gleichmacherei warf sie den Gestaltern des Gartens vor. Der katholische Theologe Joachim Windolph, geistlicher Beirat im Vorstand von IN VIA, hält mit der Erklärung Nostra Aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils dagegen, auf dessen Fundament die Katholische Kirche bis heute stehe. In dieser Erklärung forderte das Konzil die Katholiken ausdrücklich dazu auf, sich mit anderen Religionen liebevoll auseinanderzusetzen und dabei die anderen sozial-kulturellen Werte anzuerkennen und zu fördern. Joachim Windolph:
"Weil Religionen ja nicht sich selber gehören oder sich selbst dienen, sondern sie haben immer den Zweck, Menschen anzurühren, dass sich Menschen mit sich selbst beschäftigen, mit der Frage nach Gott, mit den Antworten, die verschiedene Religionen auf diese Frage gefunden haben. Es ist kein Garten des Rechtens, sondern ein Garten des Dialogs, zu lernen. Hier gibt´s nicht richtig und falsch, sondern ich lass´ mich ansprechen."
Die Führung ist zu Ende. Zum Abschluss gehen viele der Besucher in das kleine Café, das zum Garten gehört. Vorher bitte noch eine kleine Bilanz: Wie war´s im Garten der Religionen?
Eine Frau: "Ja, der Garten ist sehr schön, weil er einfach mit dem Bestand gearbeitet hat, die alten Obstbäume sind bestehen geblieben. Und Religiosität ist ja vielleicht manchmal auch so´n bisschen zu sich selbst finden und mal `ne Ruhepause nehmen und die Gedanken schweifen lassen. Und ich denke, das kann man jetzt in dieser Kulisse sehr gut, egal, welcher Religion man angehört – oder auch nicht."
Ein Kind: "Die Glocke gefällt mir, dass der Garten so schön gemacht ist mit dem Wasser und so, dass man hier auch spielen kann… find ich ganz toll!"
Eine andere Frau: "Ja, mir hat also die Gartengestaltung sehr gut gefallen, und ganz besonders, dass das Verbindende der Religionen herausgestellt wird. Weil Religion ist auch oft zum Kriegszweck geworden. Und das find ich besonders schön gerade in `ner Stadt wie Köln, wo so viele unterschiedliche Bevölkerungsschichten leben. Und mitten in der Stadt sogar so `ne Oase der Völkerverbindung, der Völkerverständigung – der Freundschaft."