Es wird Normalität zelebriert
Die betont freundlichen Worte, die der amtierende US-Präsident Barack Obama und sein Nachfolger Donald Trump nach ihrem ersten Treffen im Weißen Haus fanden, sollten vor allem eines zeigen: Machtwechsel gehören zur Demokratie. Da kann der Wahlkampf noch so erbittert gewesen sein. Wie weit der gute Wille reicht, wird sich noch zeigen müssen.
Nach allem, was die beiden übereinander gesagt haben, war die Stimmung im Oval Office offensichtlich erstaunlich gut. Trump hatte Obama den schlechtesten Präsidenten der Geschichte der USA genannt, Obama hatte über Trump gesagt, wem man die Verantwortung für ein Twitter-Konto wegnehmen müsse, der dürfe nicht die Verantwortung für die Atomwaffen in die Finger bekommen.
Aber: Wahlen verändern die politische Landschaft, und nun machen die beiden, was man im Amerikanischen "playing nice" nennt: Man gibt sich Mühe, nett zu sein. Präsident Obama betonte, es gehe um eine reibungslose Übergabe der Amtsgeschäfte.
"Meine oberste Priorität in den kommenden zwei Monaten ist es, einen Übergang zu ermöglichen, der sicherstellt, dass unser nächster Präsident erfolgreich sein kann."
Der völlig regierungsunerfahrene Trump erklärte nach dem Treffen, er sei offen für Ratschläge. Das Treffen dauerte statt der vereinbarten 15 Minuten fast anderthalb Stunden.
"Ich freue mich darauf, den Präsidenten wiederzusehen, das schließt ein, dass ich seinen Rat suchen werde. Er hat mir einige der wichtigsten Dinge erklärt und auch einige seiner Erfolge. Mr. President, es war mir eine Ehre und ich freue mich auf zukünftige Gespräche."
Ein klares Signal Obamas
Die freundlichen gegenseitigen Worte sind kein Zufall, meint Karen Donfried, Präsidentin des German Marshall Fund, der größten deutsch-amerikanischen Stiftung:
"Ich glaube, das ist etwas sehr Gutes bei der amerikanischen Demokratie. Dass man versteht, es wird Regierungswechsel geben. Und wenn es diese gibt, dann wird die Partei, wird der Präsident, der das Weiße Haus verlässt, sie werden den neuen Präsidenten unterstützen. Alle meinen, das Land Amerika lieben wir und wir werden zusammenarbeiten und hoffen, das Beste zu erreichen."
Wie weit der gute Wille reicht, wird sich im politischen Alltag erweisen müssen. Das Signal, dass Obama mit diesem Treffen aussenden wollte: Der friedliche demokratische Machtwechsel steht in der alten Demokratie USA nicht in Frage, die Möglichkeit, Gräben eines bitteren Wahlkampfes zuzuschütten, bleibt nicht ausgeschlossen.
Spekulationen über mögliche Minister
Trump hatte immer wieder in seinen Reden offengelassen, ob er eine Wahlniederlage auch eingestehen würde. Jetzt haben ihm seine Konkurrentin Hillary Clinton als auch Barack Obama durch ihre kooperative Haltung in der Frage des demokratischen Übergangs den Weg gewiesen. Ob das Donald Trump und seinen Anhängern klar ist, darf bezweifelt werden.
In mehreren größeren Städten gab es Proteste gegen Trump, unter anderem in New York, am Times Square. Doch es gingen nur wenige tausend meist junge Menschen auf die Straße.
Ansonsten wird Normalität zelebriert, die Medien spekulieren über die möglichen Kabinettsbesetzungen in der Regierung Trump. Als Finanzminister ist der JPMorgan-Chef Jamie Dimon im Gespräch, der für Milliardenverluste der Bank im Jahr 2012 verantwortlich gemacht wird und deshalb bereits mehrfach vor dem Kongress Rede und Antwort stehen musste. Trumps Stabschef könnte sein Schwiegersohn Jared Kushner werden, der gestern eine auffallend lange Führung von Obamas Stabschef McDonough durch das Weiße Haus bekam. Als möglicher Verteidigungsminister wird Michael Flynn genannt, ein ehemaliger Geheimdienstoffizier, der wegen seiner Managementprobleme in die Rente geschickt wurde und der danach durch häufige Auftritte beim Kreml-Propagandasender Russia Today aufgefallen ist, in denen er die Politik Putins verteidigte.