Zwischen Inszenierung und Authentizität
Auf Facebook, Twitter und Instagram - Barack Obama hat sich wie kein anderer US-Präsident vor ihm in den sozialen Medien präsentiert. Was das Besondere an Obamas digitaler Strategie war, hat die Videografin Hope Hall auf der Interfilm in Berlin erläutert.
Sonnenaufgang über den Skylines und der Golden Gate Bridge, Autofahrten durch Städte und das Land, Musik im Rhythmus der schnellen Schnitte, Stimmen von Menschen, die –Junge wie Alte – auf einen Wechsel hofften: HOPE und CHANGE: Hoffnung und Wandel – das sind die Worte auf einem lapidaren weißen Zettel, den sie der Kamera entgegen halten, während der Kampagne 2008 für die Wahl Barack Obamas zum Präsidenten,– gefilmt von Hope Hall. Bis dahin hatte sie erst mit modernem Tanz, dann als freie Filmemacherin mit künstlerischen Kurzfilmen ihr Geld verdient.
"Das Team, mit dem ich gearbeitet habe, war total neu. Obama hat es für eine neue digitale Strategie eingesetzt: Ich habe viel gelernt aus dieser Arbeit. Erstmal ging es darum, wie viele Menschen ich erreiche. Wie viele haben es angesehen, wie viele klicken auf ‚gefällt mir‘ und dann gibt es den zweiten Schritt, der noch viel wichtiger ist: das daraus folgende Engagement der Zuschauer."
Welcher ist der beste Weg?
Zuschauer als Multiplikatoren der Werbe- und Unterstützungskampagnen zu gewinnen, das war die Aufgabe für Hope Hall und ihr Team aus künstlerischen Medienleuten im Weißen Haus: Hope Hall stand an dessen Spitze, hat organisiert, produziert, bearbeitet und:
"Dann wenn man alles hat, muss man überlegen, kann ich daraus ein Sechs-Sekunden-Vine-Video machen, kann das ein 50-Sekunden-Instagram Video sein, sollte es auf YouTube stehen, all dieses Strategische: Welcher ist der beste Weg, dieses wertvolle Material zu veröffentlichen. Wenn wir es auf multiple Pattformen stellen, können wir nicht das gleiche überall zeigen, Leute, die auf Tumblr sind, sehen anders als Leute auf Twitter; oder solche auf Vimeo."
Traditionelle Wahlkampagnen überholte Obama mit seiner digitalen Strategie. Kurze Videos zeigen den schließlich gewählten Präsidenten und seine Frau den Menschen zugewandt und offen: Hope Hall filmt Obama auf einem, wie es heißt, "überraschenden Frühlings-Spaziergang" – abseits des Weißen Hauses.
Obama geht lässig auf die Menschen zu, schüttelt Hände, fragt nach Namen und dem Befinden, klopft kumpelhaft auf die Schulter. Eine Frau ist ganz außer sich, dem Präsidenten einfach so zu begegnen.
Ist das alles authentisch oder doch inszeniert? Nur manchmal sei der Rahmen inszeniert gewesen, erzählt Hope Hall, die mit ihrem Team Ideen entwickelte, Obama ins rechte Filmlicht zu rücken. In Räumen sorgte sie für passende Beleuchtung oder gestaltete den Hintergrund. Obamas Verhalten aber, so sehr er auch die Rolle des Präsidenten einnahm, war echt, begeistert sich die Filmemacherin noch immer. Und zeigt noch einen der Filme, die auch auf ihrer Website zu finden sind: Den Besuch der 106 Jahre alten, sehr kleinen Afro-Amerikanerin Virginia McLaurin im Weißen Haus.
"Es war der beste Job, den ich jemals hatte."
Michelle und Barack Obama laden sie zum Tanz ein – und sie macht mit, im blauen Kostüm mit passend blau lackierten Fingernägeln. Der schönste Tag in ihrem Leben.
"Dieses 96 Sekunden kurze Video ist über beide Kampagnen hinaus ein außergewöhnlich erfolgreicher Film! Sprache, Foto, Video, die Infografik – alles stimmte. Wir haben damit nicht nur Menschen erreicht und begeistert, wir haben auch viele damit bewegen können, sich für Obama zu engagieren."
Ganz in Schwarz steht Hope Hall auf dem Podium in einem Saal der Volksbühne. Schwarz trägt sie nicht erst seit jenem – nicht nur für sie – schrecklichen Tag, an dem Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Sie bedauert das Ende der Arbeit mit Barack Obama auch jetzt noch. Obwohl diese eine große Herausforderung war:
"Es war der beste Job, den ich jemals hatte. Es war eigentlich wie ein Traum und wie hab ich es geschafft, nicht auszubrennen?"
Das ist auch eine Frage, die aus dem Publikum kommt: Hope Hall wollte eigentlich nach sechs Monaten aufhören, doch sie hielt stand. Hope: Ihr Vorname ist für sie Programm. Sie schöpft Kraft aus dem Kosmischen, hat eine Leidenschaft für Yoga und Buddhismus. Im vollen Saal des Festivals verteilt sie DIN A 4 Blätter mit Mantras. "be kind and be usefull" – "sei freundlich und sei nützlich" steht ganz oben. Nützlich war Hope Hall Barack Obama allemal. Das New Media Team gibt es mit dem neuen Präsidenten nicht mehr und sie hätte auch nicht für ihn arbeiten wollen. In ihrer Auszeit trifft sie jetzt auf Menschen, die sie alle einlädt, sich mit ihr zu verbünden. Für Hoffnung und Wandel: Seit dem 9. November 2016, dem Tag der Wahl des neuen Präsidenten, lautet ihr Motto:
"Wir haben einander und ich gehöre in euren Kreis. Wir werden aufeinander aufpassen."