"Eine ausgesprochen dramatische Situation"
In Berlin spitzt sich die Lage der Obdachlosen-Hilfe zu: Trotz großer Hilfsbereitschaft, trotz vieler Spenden fehlen den Einrichtungen rund 20 Millionen Euro pro Jahr. Unsere Autorin hat sich bei der Bahnhofs- und bei der Stadtmission umgesehen. Dort arbeiten die Mitarbeiter am Limit.
Der Mann hat eine knallrot gefärbte Haarsträhne mitten im stoppeligen Gesicht und grinst über beide Backen. In der einen Hand hält er eine Bierflasche, in der anderen eine Plastiktüte. Mittags um kurz nach Eins steht er in der Jebensstraße hinter dem Bahnhof Zoo vor dem Eingang der Bahnhofsmission – seinem Wohnzimmer, wie er sagt. Dieter Puhl, der Leiter der Bahnhofsmission hört so etwas nicht so gerne:
"Eigentlich geben wir uns sehr große Mühe, dass Grinsi hier gar nicht rumstehen sollte und eigentlich hatte er auch in den letzten paar Jahren ab und zu irgendwie mal ganz gute Möglichkeiten woanders unterzukommen, aber leider zieht es ihn doch immer wieder hierher: ‚Das ist mein Wohnzimmer, ich bin zuhause hier‘."
"Eigentlich geben wir uns sehr große Mühe, dass Grinsi hier gar nicht rumstehen sollte und eigentlich hatte er auch in den letzten paar Jahren ab und zu irgendwie mal ganz gute Möglichkeiten woanders unterzukommen, aber leider zieht es ihn doch immer wieder hierher: ‚Das ist mein Wohnzimmer, ich bin zuhause hier‘."
Viel Hilfe wird angeboten
Leider schon seit vielen Jahren. Grinsi ist 31, schwer alkohol- und drogenabhängig und einer von rund 700 Gästen, wie sie hier genannt werden, die täglich in die Bahnhofsmission kommen. Hier gibt es kostenlos warmes Essen, Kleidung und Schlafsäcke. Es werden Hilfsangebote vermittelt, es gibt ein neues Hygienecenter mit sauberen Toiletten, Duschen und der Möglichkeit, Wäsche zu waschen. Um kurz vor Eins ist die Schlange am Einlass zum Speisesaal immer am längsten. Aber essen will Grinsi heute nicht:
"Nee, zurzeit tu ich gar nicht mehr essen, weil ich nebenbei nur gucke was da ist. Ich gehe arbeiten, Flaschen sammeln oder dann irgendwo mich hinsetzen zum Schnorren. Ein, zwei Bierchen trinken und dann gehe ich arbeiten."
"Nee, zurzeit tu ich gar nicht mehr essen, weil ich nebenbei nur gucke was da ist. Ich gehe arbeiten, Flaschen sammeln oder dann irgendwo mich hinsetzen zum Schnorren. Ein, zwei Bierchen trinken und dann gehe ich arbeiten."
Und abends hoffentlich zurück in das Wohnheim, in dem Grinsi auch dank der Bemühungen von Dieter Puhl zurzeit einen Platz hat. Das Hilfsangebot ist groß in Berlin, aber die Zahl der Wohnungslosen ist größer – und sie wächst und wächst. Es gibt 20.000, die dauerhaft in Wohnheimen untergebracht sind, aber auch schätzungsweise acht- bis zehntausend, die in Notunterkünften oder im Freien, im Tiergarten oder unter Brücken übernachten. Vor sieben Jahren waren es erst 2000. Ungefähr zu dieser Zeit kam Grinsi nach Berlin:
"Ich komme ursprünglich aus Sachsen. Dann ´ne Ausbildung gemacht und nach der Ausbildung das ganze Geld in Alkohol und Drogen ausgegeben. Dadurch bin ich dann auf der Straße geblieben. Ich hatte meinen Schlafsack gehabt, ich habe mich überall hingelegt, da wo es trocken war, da hingelegt."
155 Betten gibt es in ganzjährigen Notunterkünften in Berlin, 1000 sollen es jetzt im kommenden Winter werden. Die meisten Notunterkünfte betreibt die Stadtmission, zu der auch die Bahnhofsmission am Zoo gehört.
"Wir haben in Berlin, von der Vielfalt her, das beste Hilfenetz Europas. Es haut nicht mehr hin von der Anzahl der Menschen",
sagt Dieter Puhl. 250.000 Euro bekommt die Bahnhofsmission jährlich vom Senat, benötigt werde aber das Doppelte. Dabei geht es Puhl nicht nur darum, Menschen lediglich vor dem Verhungern oder erfrieren zu retten:
"Und was wir nicht möchten am Zoo, wir möchten nicht die Hilfen im Bereich der Niedrigschwelligkeit erweitern, wir möchten nicht mehr Brote herausgeben, nicht mehr Butter Lindner Törtchen, nicht mehr Schlafsäcke. Sondern wir möchten tatsächlich ‑ wir wissen, es geht ‑ ein bisschen Nachhaltigkeit in die Sache bringen."
sagt Dieter Puhl. 250.000 Euro bekommt die Bahnhofsmission jährlich vom Senat, benötigt werde aber das Doppelte. Dabei geht es Puhl nicht nur darum, Menschen lediglich vor dem Verhungern oder erfrieren zu retten:
"Und was wir nicht möchten am Zoo, wir möchten nicht die Hilfen im Bereich der Niedrigschwelligkeit erweitern, wir möchten nicht mehr Brote herausgeben, nicht mehr Butter Lindner Törtchen, nicht mehr Schlafsäcke. Sondern wir möchten tatsächlich ‑ wir wissen, es geht ‑ ein bisschen Nachhaltigkeit in die Sache bringen."
Mehr Nachhaltigkeit in die Betreuung bringen
Was prinzipiell eine wunderbare Idee ist, findet Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach von der Linken. Eines der größten Probleme sei dabei allerdings die steigende Zahl der Menschen aus Osteuropa, die in Berlin stranden. 60 Prozent der Gäste in der Bahnhofsmission stammen zum Beispiel inzwischen aus Rumänien, Polen, Litauen oder Weißrussland und haben hier in der Regel überhaupt keinen Anspruch auf Leistungen:
"Es ist eine ausgesprochene dramatische Situation, weil, diese Menschen nehmen ihr Recht, ihr Menschenrecht auf Freizügigkeit wahr, kommen in diese Stadt, wollen sich hier eine Zukunft aufbauen, suchen Arbeit und scheitern aus den unterschiedlichsten Gründen. Wir hätten gerne eine umfassende Beratung für diese Menschen. Die Kunst ist, jetzt zu gucken, wie können wir diese Menschen vorübergehend unterbringen. Und dann gucken wir, wie wir ihnen weiterhelfen können."
Bisher ist das eine Idee, noch kein Konzept. Für Joe ist es ohnehin zu spät. Vor ein paar Wochen ist er auf der Straße gestorben, obwohl es noch nicht mal kalt war. Er lebte auf einer Isomatte unter der Brücke hinter der Bahnhofsmission. Obwohl Dieter Puhl Dutzende Bilder von verstorbenen Obdachlosen vor seinem Büro hängen hat, ging ihm Joes Tod besonders nah:
"Jeden Morgen blieb ich stehen und wir rauchten eine zusammen, ich mochte ihn ganz gerne, er war 58 und ist in der Jebensstraße verfault. Und ich bin sprachlich sehr präzise, der hatte ein tellergroßes Loch im Po. Von zehn Krankenwagen nahmen ihn neun nicht mehr mit. Wenn er dann ins Krankenhaus tatsächlich eingeliefert wurde war er nach 1-2 Tagen schon wieder entlassen als vermeintlich gesund oder ich weiß das nicht."
"Es ist eine ausgesprochene dramatische Situation, weil, diese Menschen nehmen ihr Recht, ihr Menschenrecht auf Freizügigkeit wahr, kommen in diese Stadt, wollen sich hier eine Zukunft aufbauen, suchen Arbeit und scheitern aus den unterschiedlichsten Gründen. Wir hätten gerne eine umfassende Beratung für diese Menschen. Die Kunst ist, jetzt zu gucken, wie können wir diese Menschen vorübergehend unterbringen. Und dann gucken wir, wie wir ihnen weiterhelfen können."
Bisher ist das eine Idee, noch kein Konzept. Für Joe ist es ohnehin zu spät. Vor ein paar Wochen ist er auf der Straße gestorben, obwohl es noch nicht mal kalt war. Er lebte auf einer Isomatte unter der Brücke hinter der Bahnhofsmission. Obwohl Dieter Puhl Dutzende Bilder von verstorbenen Obdachlosen vor seinem Büro hängen hat, ging ihm Joes Tod besonders nah:
"Jeden Morgen blieb ich stehen und wir rauchten eine zusammen, ich mochte ihn ganz gerne, er war 58 und ist in der Jebensstraße verfault. Und ich bin sprachlich sehr präzise, der hatte ein tellergroßes Loch im Po. Von zehn Krankenwagen nahmen ihn neun nicht mehr mit. Wenn er dann ins Krankenhaus tatsächlich eingeliefert wurde war er nach 1-2 Tagen schon wieder entlassen als vermeintlich gesund oder ich weiß das nicht."
Ein anderer hat Joes Platz eingenommen
Nun liegt auf Joes Platz unter der Brücke eine andere Isomatte. Hinter einem mit Plastiktüten vollgepackten Einkaufswagen, schläft unter einer braunen Acryldecke mit Pferdemotiv ein anderer Mensch. Zu sehen sind nur ein paar dunkle Haare und ein Stück Fuß in einer dreckigen Socke. Im Winter wird er vielleicht hier erfrieren, wenn er in eine Notübernachtung nicht will, es nicht mehr bis dorthin schafft oder womöglich keinen Platz mehr bekommt.
In der Notübernachtung der Stadtmission hinter dem Hauptbahnhof in Mitte bereitet man sich bereits auf den Winter vor – mit Matratzen im Souterrain mitten im Berliner Zentrum zwischen Knast und Kanzleramt. Niemand wird abgewiesen, verspricht Ortrud Wohlwend und weiß selber nicht so ganz genau, wie sie das schaffen will.
Es sind 125 vom Bezirksamt bezahlte Plätze, aber wir haben eben in Spitzen schon über 200 Menschen hier gehabt. Viele schlafen dann auch im Aufenthaltsraum, manche wollen das auch, weil im Schlafhaus eben das Licht ausgeschaltet wird und viele Wohnungslose im öffentlichen Straßenraum schlafen und immer eine Restaktivität und ein Restlicht da ist, und deswegen schlafen.
50.000 Übernachtungen pro Jahr
50.000 Übernachtungen haben sie und ihre Helfer im vergangenen Jahr abgewickelt. Es gibt Brote und Tee, eine medizinische Versorgung, Friseur und Fußpflege, frische Unterhosen, Tampons und den Kältebus, der im Winter Obdachlose in der ganzen Stadt aufsammelt und hierher bringt:
"Und es muss aber auch mit diesen Menschen abgestimmt sein, der darf jetzt nicht einfach irgend woanders hin transportiert werden, wo er sich am nächsten Tag nicht mehr zurecht findet. Und die Alternative in kalten Nächten ist, was macht man, wenn man abweist, wo gehen die Menschen hin? Sie finden ja nichts mehr. Deswegen haben wir bisher immer gesagt, o.k., wir kriegen das schon irgendwie hin, aber es wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo man das eben nicht mehr schafft."
Unterstützung gibt es von der linken Sozialsenatorin. Aber wie viel Geld sie ausgeben, das entscheiden auch die Koalitionspartner von der SPD und den Grünen. Elke Breitenbach will im Winter Traglufthallen aufstellen lassen:
"Wo sie schlafen können, wo sie auch hygienische Grundlagen haben, die sie ansonsten nicht immer haben. Wo sie warm duschen können, auf Toilette gehen können, neue Kleidung kriegen, und vielleicht kriegt man dann auch nochmal eine Beratung hin, dann könnte man nochmal neue Aufenthaltsorte schaffen, aber es wird immer in der Innenstadt sein, da muss man sich nichts vormachen und man kann auch Obdachlose nicht woanders hinstecken."
Und in der Innenstadt gibt es kaum geeignete Grundstücke, schon gar nicht zu erschwinglichen Preisen.
In der Notübernachtung der Stadtmission waren im vergangenen Winter Wohnungslose aus 91 Ländern. Dieter war auch da, aber nach einer Woche ist er zurück in sein Zelt. Dieter ist 63 Jahre alt, vernarbt und unrasiert, seinen letzten Job hatte er 1973. Auf einem kaputten Tischchen vor dem Kuppelzelt pflegt er eine krüppelige Zimmerpalme. Im Müll gefunden. Seine feuchten dreckigen Sachen hängen an einer Leine vor einer graffitiverschmierten Mauer zum Bahndamm. Im Zelt sammelt er eimerweise Kippen für den Eigenbedarf oder zum Weiterverkaufen. Mehrere Wochen wohnt Dieter am Rande des Tiergartens, zusammen mit rund 20 Menschen in gut einem Dutzend Zelten:
"Hier sind weitgehend Polen und auch Russen. Aber da ist Dennis und ick, wir sind Deutsche, ja, ja. Ab und zu kommt die Polizei. Mich haben sie gefragt, ob ich zur Fahndung ausgeschrieben bin. Natürlich nicht. Da ist ja klar, dann wird man mitgenommen, aber hier sind keine Straftäter. Das sind ganz arme Menschen, das Obdach nimmt sie nicht auf, das ist ja total überfüllt, überall pennen sie, schlafen unter der Brücke und ach, Franklinstraße und Notübernachtung. Nee, im Moment werden wir nicht vertrieben, in keiner Weise."
"Und es muss aber auch mit diesen Menschen abgestimmt sein, der darf jetzt nicht einfach irgend woanders hin transportiert werden, wo er sich am nächsten Tag nicht mehr zurecht findet. Und die Alternative in kalten Nächten ist, was macht man, wenn man abweist, wo gehen die Menschen hin? Sie finden ja nichts mehr. Deswegen haben wir bisher immer gesagt, o.k., wir kriegen das schon irgendwie hin, aber es wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo man das eben nicht mehr schafft."
Unterstützung gibt es von der linken Sozialsenatorin. Aber wie viel Geld sie ausgeben, das entscheiden auch die Koalitionspartner von der SPD und den Grünen. Elke Breitenbach will im Winter Traglufthallen aufstellen lassen:
"Wo sie schlafen können, wo sie auch hygienische Grundlagen haben, die sie ansonsten nicht immer haben. Wo sie warm duschen können, auf Toilette gehen können, neue Kleidung kriegen, und vielleicht kriegt man dann auch nochmal eine Beratung hin, dann könnte man nochmal neue Aufenthaltsorte schaffen, aber es wird immer in der Innenstadt sein, da muss man sich nichts vormachen und man kann auch Obdachlose nicht woanders hinstecken."
Und in der Innenstadt gibt es kaum geeignete Grundstücke, schon gar nicht zu erschwinglichen Preisen.
In der Notübernachtung der Stadtmission waren im vergangenen Winter Wohnungslose aus 91 Ländern. Dieter war auch da, aber nach einer Woche ist er zurück in sein Zelt. Dieter ist 63 Jahre alt, vernarbt und unrasiert, seinen letzten Job hatte er 1973. Auf einem kaputten Tischchen vor dem Kuppelzelt pflegt er eine krüppelige Zimmerpalme. Im Müll gefunden. Seine feuchten dreckigen Sachen hängen an einer Leine vor einer graffitiverschmierten Mauer zum Bahndamm. Im Zelt sammelt er eimerweise Kippen für den Eigenbedarf oder zum Weiterverkaufen. Mehrere Wochen wohnt Dieter am Rande des Tiergartens, zusammen mit rund 20 Menschen in gut einem Dutzend Zelten:
"Hier sind weitgehend Polen und auch Russen. Aber da ist Dennis und ick, wir sind Deutsche, ja, ja. Ab und zu kommt die Polizei. Mich haben sie gefragt, ob ich zur Fahndung ausgeschrieben bin. Natürlich nicht. Da ist ja klar, dann wird man mitgenommen, aber hier sind keine Straftäter. Das sind ganz arme Menschen, das Obdach nimmt sie nicht auf, das ist ja total überfüllt, überall pennen sie, schlafen unter der Brücke und ach, Franklinstraße und Notübernachtung. Nee, im Moment werden wir nicht vertrieben, in keiner Weise."
Balance zwischen Duldung und Vertreibung
Eigentlich ist das Zelten hier verboten – das Übernachten im öffentlichen Straßenraum nicht, in Grünanlagen aber schon, sagt Stephan von Dassel, Bezirksbürgermeister von Mitte.
"Da hätte man eine rechtliche Handhabe dagegen vorzugehen. Man tut es nicht, weil man auch nicht weiß, welche Alternativen man den Menschen anbieten kann. Und wenn Sie natürlich sagen, Sie tolerieren die Übernachtung und nehmen jemandem dann den Regenschutz weg ‑ also in welche Bredouille kommt man da."
"Da hätte man eine rechtliche Handhabe dagegen vorzugehen. Man tut es nicht, weil man auch nicht weiß, welche Alternativen man den Menschen anbieten kann. Und wenn Sie natürlich sagen, Sie tolerieren die Übernachtung und nehmen jemandem dann den Regenschutz weg ‑ also in welche Bredouille kommt man da."
Etwas später sind Dieter und die Zelte dann doch weg. Irgendwo woanders. Der Bezirk Mitte ist zuständig für die meisten Obdachlosen, nicht nur weil viele in Mitte campieren, sondern auch weil jeder, der sein Geburtsdatum nicht weiß, für das Amt im Januar geboren ist – und damit dem Bezirk Mitte zugeordnet wird, der sie eigentlich unterbringen muss. Schwierig, denn die meisten haben keinen Anspruch auf staatliche Hilfen – und der Winter steht vor der Tür:
"Winter ist scheiße – kalt – Winter ist kalt – scheiße – schlafen Schlafsack – scheiße."
Also kommen auch die Polen und Russen aus dem Tiergarten zur Bahnhofsmission für eine Dusche oder eine warme Suppe. Sie seien nicht besser oder schlechter als andere, sagen die Mitarbeiter dort, aber bei Grinsi sind sie nicht besonders willkommen:
"Das ist das Schlimmste: die Osteuropäer. Nach meine Meinung sind das die Schlimmsten, weil die teilweise auch provozieren, dass sie zuhauen können. Die fragen noch nicht mal, die hauen erstmal zu und dann fragen sie. Hier am Zoologischen Garten gibt es öfter mal Streit. Einige können ein bisschen Deutsch, andere nicht."
Deshalb sucht Ortud Wohlwend immer wieder Mitarbeiter, die auch Polnisch und Russisch sprechen. Ein Vorteil, wenn es zwischen den Gästen zu Spannungen kommt:
"Also, Verstehen hat viel damit zu tun, dass man Gewalt nicht mehr braucht um sich durchzusetzen. Wenn ich nicht verstehe, dann hau‘ ich schon mal zu. Was macht es aus, in meiner Sprache angesprochen zu werden, was macht es mit mir? Und auch das ist im Grunde schon die erste Deeskalation. Wenn da jemand sich streitet und da kommt dann jemand und sagt. Was ist hier los? Und die verstehen das sofort. Auseinander! Auch wenn das eine Anordnung ist, ist es aber eine, die ich verstehe."
Aggressiver seien die Obdachlosen nicht geworden, egal wo sie herkämen, meint Dieter Puhl. Der Anteil mit schweren psychischen, Alkohol- oder Drogen-Problemen, steige aber ganz automatisch mit der Menge der Menschen. Als eine obdachlose Frau keine Jacke aus der Kleiderkammer bekam, weil sie bereits eine hatte, holte sie Verstärkung, dann flogen Fäuste und Flaschen, auch Messer wurden gezückt. Die Polizei rückte mit 25 Beamten an. Es war der dritte Polizeieinsatz in dieser Größenordnung innerhalb von zwei Monaten. Der Speisesaal wurde geschlossen, einige Gäste bekamen vorübergehend Hausverbot.
"Aber ganz ehrlich, nach 25 Jahren weiß ich, dass dieses Hausverbot wichtig ist und die Struktur bringt. Aber inhaltlich bringt uns das nicht einen Millimeter weiter, weil der Mensch 14 Tage später genauso wiederkommt, wie er vorher war. Die Frage, ob wir hier am Zoo Security einsetzen, stellen wir uns seit fünf Jahren. Wir entscheiden immer wieder neu und sagen, dass wir es nicht machen."
Die Hilfsbereitschaft ist groß
Auch aus Kostengründen. Zwar will der Senat mehr Geld für die Obdachlosen ausgeben und die Bahn stellt kostenlos noch mehr Räumlichkeiten zur Verfügung und hat das Hygienecenter finanziert. Die Spendenbereitschaft ist groß, die Hilfsbereitschaft freiwilliger Helfer einzigartig, freut sich Puhl. Aber das alles reicht nicht.
Nach Puhls Berechnung müsste das Land Berlin für eine Versorgung der Obdachlosen wenigstens auf dem Niveau von 2010 etwa 20 Millionen Euro pro Jahr mehr ausgeben. Aber auch das würde das Grundproblem nicht lösen, entgegnet die Sozialsenatorin Elke Breitenbach.
"Das Armutsrisiko vieler Menschen in Berlin und auch anderswo ist gestiegen. Es gibt einfach viele Menschen, die Transferleistungen beziehen und ihre Miete nicht mehr bezahlen können, die Mieten steigen exorbitant".
Und solange das so ist, wird der Andrang bei der Bahnhofsmission am Zoo nicht abnehmen. Grinsi hat sich jetzt doch entschlossen, erstmal eine warme Suppe zu essen, bevor er Flaschen sammeln geht, in seinem Wohnzimmer, bei seiner Familie.
"Die Mitarbeiter, die hier arbeiten sind die besten die es gibt hier am Zoologischen Garten, hier bei der Bahnhofsmission."
Und solange das so ist, wird der Andrang bei der Bahnhofsmission am Zoo nicht abnehmen. Grinsi hat sich jetzt doch entschlossen, erstmal eine warme Suppe zu essen, bevor er Flaschen sammeln geht, in seinem Wohnzimmer, bei seiner Familie.
"Die Mitarbeiter, die hier arbeiten sind die besten die es gibt hier am Zoologischen Garten, hier bei der Bahnhofsmission."