Bedrohtes Weltkulturerbe
Die Potemkinsche Treppe wurde Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet und gilt mit ihren 192 Stufen als eines der Wahrzeichen Odessa. © picture alliance / imagebroker / Angelika Jakob
"Odessa ist ebenso russisch wie ukrainisch"
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Die Unesco hat Odessa zum gefährdeten Weltkulturerbe erklärt. Eine richtige Entscheidung, findet Ricarda Vulpius. Die Slawistin ist angesichts des Ukraine-Krieges um die Stadt mit ihrem internationalen Flair besorgt.
Die ukrainische Stadt Odessa gilt mit ihrer historischen Architektur und ihrer exponierten Lage am Schwarzen Meer seit Langem als Sehnsuchtsort für Kunst- und Kulturschaffende. Von politischen Auseinandersetzungen blieb sie lange verschont, im aktuell stattfindenden Krieg in dem Land ist sie bereits mehrfach beschossen worden. Die Unesco hat sie deshalb zum gefährdeten Weltkulturerbe erklärt.
"Die Kombination von Umwelt und historischem Ensemble ist schon etwas ganz Besonderes", sagt Ricarda Vulpius, Professorin für ost- und mitteleuropäische Geschichte an der Universität in Münster. Sie hält die Auszeichnung für verdient und weniger politisch motiviert. "Es war Katharina die Große, Zarin des russischländischen Imperiums, die Ende des 18. Jahrhunderts diese Stadt gegründet hat", sagt sie und erklärt, dass Odessa daher ebenso russisch wie ukrainisch sei.
"Beschießen ihr eigenes Erbe"
Sie verstehe die Bombardierungen der Stadt deshalb nicht. "Sie beschießen hier ihr eigenes Erbe", sagt Vulpius. Odessa sei bereits durch die Lage fantastisch und die Potemkinsche Treppe etwas ganz Besonderes, erklärt die Slavistin. Daneben gebe es viele weitere architektonische Prachtbauten sowie ein "internationales Flair", die die Stadt ausmachten.
Sollte es zu einem Beschuss vom Wasser aus kommen, fürchtet Vulpius eine unmittelbare Zerstörung der Altstadt. "Hier könnte so viel kaputtgehen, wie etwa die Oper, die als Meisterwerk gilt." Sie berichtet von den Zerstörungen in Charkiw, Tschernihiw, Mariupol und Kiew: "Dort sieht es ganz schlimm aus". Einzigartige historische Dokumente seien zerstört worden, beklagt die Historikerin.
(lsc)